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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Der Verkehr zu Wasser.
der Schiffstypen gehabt haben, sondern er wollte hiermit wahrscheinlich
nur der hierarchischen Stellung der Geleitschiffe zum Admiralschiff
Ausdruck geben.

Daß die drei Schiffe in der Mitte niedrigen Freibord, vorn und
hinten aber hohe Aufbaue hatten, erhellt nicht nur aus Zeichnungen
(Fig. 436) Juan de la Cosa's, des Piloten des Kolumbus, sondern
auch aus dem mehrfach schon citierten Tagebuche.

Dort findet sich nämlich am 11. Oktober die Notiz: "Als sich der
Admiral um 10 Uhr nachts am Hüttendecke befand, nahm er ein Licht
wahr" und späterhin: "Der Admiral schärfte ihnen ein, guten Auslug
am Vorkastelle zu halten". Die Hütte befand sich damals, wie noch
heutzutage auf den meisten Fahrzeugen, hart am Heck; sie war auf
einem Deck aufgebaut, daß sich von Achter bis zum Großmaste er-
streckte, diente Schiffsoffizieren und distinguierten Personen zur Unter-
kunft und wurde in Spanien Alcazar genannt. Das Vorkastell stand
auf einem zum Schutze des Mannschaftsraums aufgebauten Wetterdeck.

Wir erwähnen noch, daß man zu jener Zeit auf die Segel ge-
wisse Bilder zu malen pflegte, eine von den Phöniziern und Ägyptern
übernommene Sitte, die bei den Fischerbooten der Adria bis auf den
heutigen Tag sich erhalten hat und den Zweck hat, die Schiffe zu
schmücken und auf weite Entfernungen hin kenntlich zu machen. Bei
den Spaniern und Portugiesen wählte man hierzu mit Vorliebe das
Zeichen des Kreuzes, um sich dadurch von den Ungläubigen zu unter-
scheiden.

Leider sind die Aufzeichnungen über die Bestückung der Schiffe
des Kolumbus sehr mangelhafte; dieselbe bestand aus mittelschweren
und leichten Geschützen, sogenannten Spingarden und Lombarden.

So hatte das Schiff sich zu einer Vollkommenheit entwickelt, welche
dasselbe befähigte, die größten Entfernungen zurückzulegen. Noch heute
wird ein erheblicher Teil des Verkehrs auf dem Meere wie auf den
Binnengewässern von Segelschiffen besorgt.

Je nach der Anzahl der Masten unterscheidet man die Dreimaster (Voll-
schiffe); nur ausnahmsweise kommen auch wohl mehr als drei Masten zur
Anwendung. Eine besondere Art des Dreimasters bildet die Bark; bei
dieser ist der eine der drei Masten nicht mit Volltakelage ausgestattet.
Schiffe mit zwei mit Volltakelage ausgestatteten Masten nennt man
Briggs; eine besondere Art derselben bilden die Schoner, welche durch eine
geringere Besegelung gekennzeichnet sind. Unter Kuff versteht man ein
zweimastiges Küstenfahrzeug, und mit Kutter und Jacht bezeichnet man
die einmastigen Segler.

Die Größe eines Schiffes kennzeichnet sich durch seine Tragfähig-
keit. Man drückt diese in Tonnen aus. Nach den Lehren der Physik
ist das Gewicht der von einem auf dem Wasser schwimmenden Körper
verdrängten Wassermenge gleich dem Gewichte dieses Körpers. Das
von einem Schiffe verdrängte Wasserquantum nennt man das Depla-

Der Verkehr zu Waſſer.
der Schiffstypen gehabt haben, ſondern er wollte hiermit wahrſcheinlich
nur der hierarchiſchen Stellung der Geleitſchiffe zum Admiralſchiff
Ausdruck geben.

Daß die drei Schiffe in der Mitte niedrigen Freibord, vorn und
hinten aber hohe Aufbaue hatten, erhellt nicht nur aus Zeichnungen
(Fig. 436) Juan de la Coſa’s, des Piloten des Kolumbus, ſondern
auch aus dem mehrfach ſchon citierten Tagebuche.

Dort findet ſich nämlich am 11. Oktober die Notiz: „Als ſich der
Admiral um 10 Uhr nachts am Hüttendecke befand, nahm er ein Licht
wahr“ und ſpäterhin: „Der Admiral ſchärfte ihnen ein, guten Auslug
am Vorkaſtelle zu halten“. Die Hütte befand ſich damals, wie noch
heutzutage auf den meiſten Fahrzeugen, hart am Heck; ſie war auf
einem Deck aufgebaut, daß ſich von Achter bis zum Großmaſte er-
ſtreckte, diente Schiffsoffizieren und diſtinguierten Perſonen zur Unter-
kunft und wurde in Spanien Alcazar genannt. Das Vorkaſtell ſtand
auf einem zum Schutze des Mannſchaftsraums aufgebauten Wetterdeck.

Wir erwähnen noch, daß man zu jener Zeit auf die Segel ge-
wiſſe Bilder zu malen pflegte, eine von den Phöniziern und Ägyptern
übernommene Sitte, die bei den Fiſcherbooten der Adria bis auf den
heutigen Tag ſich erhalten hat und den Zweck hat, die Schiffe zu
ſchmücken und auf weite Entfernungen hin kenntlich zu machen. Bei
den Spaniern und Portugieſen wählte man hierzu mit Vorliebe das
Zeichen des Kreuzes, um ſich dadurch von den Ungläubigen zu unter-
ſcheiden.

Leider ſind die Aufzeichnungen über die Beſtückung der Schiffe
des Kolumbus ſehr mangelhafte; dieſelbe beſtand aus mittelſchweren
und leichten Geſchützen, ſogenannten Spingarden und Lombarden.

So hatte das Schiff ſich zu einer Vollkommenheit entwickelt, welche
dasſelbe befähigte, die größten Entfernungen zurückzulegen. Noch heute
wird ein erheblicher Teil des Verkehrs auf dem Meere wie auf den
Binnengewäſſern von Segelſchiffen beſorgt.

Je nach der Anzahl der Maſten unterſcheidet man die Dreimaſter (Voll-
ſchiffe); nur ausnahmsweiſe kommen auch wohl mehr als drei Maſten zur
Anwendung. Eine beſondere Art des Dreimaſters bildet die Bark; bei
dieſer iſt der eine der drei Maſten nicht mit Volltakelage ausgeſtattet.
Schiffe mit zwei mit Volltakelage ausgeſtatteten Maſten nennt man
Briggs; eine beſondere Art derſelben bilden die Schoner, welche durch eine
geringere Beſegelung gekennzeichnet ſind. Unter Kuff verſteht man ein
zweimaſtiges Küſtenfahrzeug, und mit Kutter und Jacht bezeichnet man
die einmaſtigen Segler.

Die Größe eines Schiffes kennzeichnet ſich durch ſeine Tragfähig-
keit. Man drückt dieſe in Tonnen aus. Nach den Lehren der Phyſik
iſt das Gewicht der von einem auf dem Waſſer ſchwimmenden Körper
verdrängten Waſſermenge gleich dem Gewichte dieſes Körpers. Das
von einem Schiffe verdrängte Waſſerquantum nennt man das Depla-

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[786/0804] Der Verkehr zu Waſſer. der Schiffstypen gehabt haben, ſondern er wollte hiermit wahrſcheinlich nur der hierarchiſchen Stellung der Geleitſchiffe zum Admiralſchiff Ausdruck geben. Daß die drei Schiffe in der Mitte niedrigen Freibord, vorn und hinten aber hohe Aufbaue hatten, erhellt nicht nur aus Zeichnungen (Fig. 436) Juan de la Coſa’s, des Piloten des Kolumbus, ſondern auch aus dem mehrfach ſchon citierten Tagebuche. Dort findet ſich nämlich am 11. Oktober die Notiz: „Als ſich der Admiral um 10 Uhr nachts am Hüttendecke befand, nahm er ein Licht wahr“ und ſpäterhin: „Der Admiral ſchärfte ihnen ein, guten Auslug am Vorkaſtelle zu halten“. Die Hütte befand ſich damals, wie noch heutzutage auf den meiſten Fahrzeugen, hart am Heck; ſie war auf einem Deck aufgebaut, daß ſich von Achter bis zum Großmaſte er- ſtreckte, diente Schiffsoffizieren und diſtinguierten Perſonen zur Unter- kunft und wurde in Spanien Alcazar genannt. Das Vorkaſtell ſtand auf einem zum Schutze des Mannſchaftsraums aufgebauten Wetterdeck. Wir erwähnen noch, daß man zu jener Zeit auf die Segel ge- wiſſe Bilder zu malen pflegte, eine von den Phöniziern und Ägyptern übernommene Sitte, die bei den Fiſcherbooten der Adria bis auf den heutigen Tag ſich erhalten hat und den Zweck hat, die Schiffe zu ſchmücken und auf weite Entfernungen hin kenntlich zu machen. Bei den Spaniern und Portugieſen wählte man hierzu mit Vorliebe das Zeichen des Kreuzes, um ſich dadurch von den Ungläubigen zu unter- ſcheiden. Leider ſind die Aufzeichnungen über die Beſtückung der Schiffe des Kolumbus ſehr mangelhafte; dieſelbe beſtand aus mittelſchweren und leichten Geſchützen, ſogenannten Spingarden und Lombarden. So hatte das Schiff ſich zu einer Vollkommenheit entwickelt, welche dasſelbe befähigte, die größten Entfernungen zurückzulegen. Noch heute wird ein erheblicher Teil des Verkehrs auf dem Meere wie auf den Binnengewäſſern von Segelſchiffen beſorgt. Je nach der Anzahl der Maſten unterſcheidet man die Dreimaſter (Voll- ſchiffe); nur ausnahmsweiſe kommen auch wohl mehr als drei Maſten zur Anwendung. Eine beſondere Art des Dreimaſters bildet die Bark; bei dieſer iſt der eine der drei Maſten nicht mit Volltakelage ausgeſtattet. Schiffe mit zwei mit Volltakelage ausgeſtatteten Maſten nennt man Briggs; eine beſondere Art derſelben bilden die Schoner, welche durch eine geringere Beſegelung gekennzeichnet ſind. Unter Kuff verſteht man ein zweimaſtiges Küſtenfahrzeug, und mit Kutter und Jacht bezeichnet man die einmaſtigen Segler. Die Größe eines Schiffes kennzeichnet ſich durch ſeine Tragfähig- keit. Man drückt dieſe in Tonnen aus. Nach den Lehren der Phyſik iſt das Gewicht der von einem auf dem Waſſer ſchwimmenden Körper verdrängten Waſſermenge gleich dem Gewichte dieſes Körpers. Das von einem Schiffe verdrängte Waſſerquantum nennt man das Depla-

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 786. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/804>, abgerufen am 23.11.2024.