und die Niederlande hatten im Jahre 1878 2240 km Kanäle mit 220 Kammerschleusen; in Deutschland sind zu nennen der 45 km lange Finowkanal zwischen Oder und Havel mit 15 Schleusen, der 141 km lange Main-Donaukanal (Ludwigskanal) mit 87 Schleusen. Von hervor- ragendem Interesse sind die großartigen Schleusenanlagen des Trolhätta- und des Götakanals in Schweden.
Durch die Schleusen sind die Schiffahrtskanäle überhaupt erst lebensfähig geworden; über die Person des Erfinders liegen die ver- schiedensten Angaben vor. Meist wird als solcher der holländische Ingenieur Simon Stevin und als Zeitpunkt ihrer ersten Ausführung das Jahr 1618 genannt.
Jedoch mit der Zunahme des Verkehrs traten die großen Mängel, welche dem Schleusenbetriebe anhaften, immer klarer zu Tage. Neben den großen Anlagekosten ist es vor allen Dingen der erhebliche Auf- wand an Zeit, sowie die geringe erreichbare Hubhöhe.
Man verwendet daher in der neuesten Zeit mehrfach:
3. Mechanische Schiffshebewerke.
Diese der neuesten Zeit angehörigen Vorrichtungen kennzeichnen sich besonders dadurch, daß bei ihnen das Schiff in ein Bassin ein- gefahren wird, das auf einem Kolben gelagert ist, welcher durch Wasserdruck auf die gewünschte Höhe emporgehoben wird. Zu besserer Ausnutzung des Betriebswassers werden zwei solcher Schiffshebewerke nebeneinander angeordnet, so zwar, daß das eine sich senkt, während das andere sich aufwärts bewegt. Bekanntlich ermöglicht die An- wendung des Prinzips der hydraulischen Presse die Hervorbringung eines außerordentlich hohen Druckes, so daß man imstande ist, mit Hilfe dieser Vorrichtung auch bei großen Lasten eine bedeutende Hub- höhe mit einem Male zu überwinden, was eine bedeutende Verminderung des Zeitaufwandes und der Anzahl der einzelnen zur Überwindung einer Steigung erforderlichen Kanalstrecken zur Folge hat.
Es war zuerst Edwin Clark, ein bekannter englischer Konstrukteur, welcher im Jahre 1872 eine solche Schiffshebevorrichtung zu Cheshire bei Anderton ausführte, mit deren Hilfe Schiffe von 100 Tonnen aus dem Weaverflusse in Bassins von 23,4 m Länge und 4,6 m Breite und 1,5 m Tiefe auf das Niveau eines um 15,3 m höher liegenden Kanals gehoben werden; die Zeit, welche für jede Hebung erforderlich ist, beträgt nur 3 Minuten; die Gesamtdauer einer Schleusung beträgt 8 Minuten.
Inzwischen haben die mechanischen Schiffshebewerke immer weiter- gehende Verbesserungen erfahren und gelangen mehr und mehr in Aufnahme. Zunächst ist das ebenfalls von Clark erbaute, in Fig. 431 schematisch dargestellte Hebewerk von Les Fontinettes bei St. Omer zu nennen; dasselbe dient dazu, im Kanal von Neufosse einen Niveau- unterschied von 13,13 m in einer einzigen Hebung zu überwinden.
In der Fig. 431 ist das Hebewerk gerade in einer solchen Stellung abgebildet, daß das eine Bassin F sich in seiner tiefsten Lage befindet,
Die Waſſerwege.
und die Niederlande hatten im Jahre 1878 2240 km Kanäle mit 220 Kammerſchleuſen; in Deutſchland ſind zu nennen der 45 km lange Finowkanal zwiſchen Oder und Havel mit 15 Schleuſen, der 141 km lange Main-Donaukanal (Ludwigskanal) mit 87 Schleuſen. Von hervor- ragendem Intereſſe ſind die großartigen Schleuſenanlagen des Trolhätta- und des Götakanals in Schweden.
Durch die Schleuſen ſind die Schiffahrtskanäle überhaupt erſt lebensfähig geworden; über die Perſon des Erfinders liegen die ver- ſchiedenſten Angaben vor. Meiſt wird als ſolcher der holländiſche Ingenieur Simon Stevin und als Zeitpunkt ihrer erſten Ausführung das Jahr 1618 genannt.
Jedoch mit der Zunahme des Verkehrs traten die großen Mängel, welche dem Schleuſenbetriebe anhaften, immer klarer zu Tage. Neben den großen Anlagekoſten iſt es vor allen Dingen der erhebliche Auf- wand an Zeit, ſowie die geringe erreichbare Hubhöhe.
Man verwendet daher in der neueſten Zeit mehrfach:
3. Mechaniſche Schiffshebewerke.
Dieſe der neueſten Zeit angehörigen Vorrichtungen kennzeichnen ſich beſonders dadurch, daß bei ihnen das Schiff in ein Baſſin ein- gefahren wird, das auf einem Kolben gelagert iſt, welcher durch Waſſerdruck auf die gewünſchte Höhe emporgehoben wird. Zu beſſerer Ausnutzung des Betriebswaſſers werden zwei ſolcher Schiffshebewerke nebeneinander angeordnet, ſo zwar, daß das eine ſich ſenkt, während das andere ſich aufwärts bewegt. Bekanntlich ermöglicht die An- wendung des Prinzips der hydrauliſchen Preſſe die Hervorbringung eines außerordentlich hohen Druckes, ſo daß man imſtande iſt, mit Hilfe dieſer Vorrichtung auch bei großen Laſten eine bedeutende Hub- höhe mit einem Male zu überwinden, was eine bedeutende Verminderung des Zeitaufwandes und der Anzahl der einzelnen zur Überwindung einer Steigung erforderlichen Kanalſtrecken zur Folge hat.
Es war zuerſt Edwin Clark, ein bekannter engliſcher Konſtrukteur, welcher im Jahre 1872 eine ſolche Schiffshebevorrichtung zu Cheſhire bei Anderton ausführte, mit deren Hilfe Schiffe von 100 Tonnen aus dem Weaverfluſſe in Baſſins von 23,4 m Länge und 4,6 m Breite und 1,5 m Tiefe auf das Niveau eines um 15,3 m höher liegenden Kanals gehoben werden; die Zeit, welche für jede Hebung erforderlich iſt, beträgt nur 3 Minuten; die Geſamtdauer einer Schleuſung beträgt 8 Minuten.
Inzwiſchen haben die mechaniſchen Schiffshebewerke immer weiter- gehende Verbeſſerungen erfahren und gelangen mehr und mehr in Aufnahme. Zunächſt iſt das ebenfalls von Clark erbaute, in Fig. 431 ſchematiſch dargeſtellte Hebewerk von Les Fontinettes bei St. Omer zu nennen; dasſelbe dient dazu, im Kanal von Neufoſſé einen Niveau- unterſchied von 13,13 m in einer einzigen Hebung zu überwinden.
In der Fig. 431 iſt das Hebewerk gerade in einer ſolchen Stellung abgebildet, daß das eine Baſſin F ſich in ſeiner tiefſten Lage befindet,
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und die Niederlande hatten im Jahre 1878 2240 km Kanäle mit
220 Kammerſchleuſen; in Deutſchland ſind zu nennen der 45 km lange
Finowkanal zwiſchen Oder und Havel mit 15 Schleuſen, der 141 km
lange Main-Donaukanal (Ludwigskanal) mit 87 Schleuſen. Von hervor-
ragendem Intereſſe ſind die großartigen Schleuſenanlagen des Trolhätta-
und des Götakanals in Schweden.
Durch die Schleuſen ſind die Schiffahrtskanäle überhaupt erſt
lebensfähig geworden; über die Perſon des Erfinders liegen die ver-
ſchiedenſten Angaben vor. Meiſt wird als ſolcher der holländiſche
Ingenieur Simon Stevin und als Zeitpunkt ihrer erſten Ausführung
das Jahr 1618 genannt.
Jedoch mit der Zunahme des Verkehrs traten die großen Mängel,
welche dem Schleuſenbetriebe anhaften, immer klarer zu Tage. Neben
den großen Anlagekoſten iſt es vor allen Dingen der erhebliche Auf-
wand an Zeit, ſowie die geringe erreichbare Hubhöhe.
Man verwendet daher in der neueſten Zeit mehrfach:
3. Mechaniſche Schiffshebewerke.
Dieſe der neueſten Zeit angehörigen Vorrichtungen kennzeichnen
ſich beſonders dadurch, daß bei ihnen das Schiff in ein Baſſin ein-
gefahren wird, das auf einem Kolben gelagert iſt, welcher durch
Waſſerdruck auf die gewünſchte Höhe emporgehoben wird. Zu beſſerer
Ausnutzung des Betriebswaſſers werden zwei ſolcher Schiffshebewerke
nebeneinander angeordnet, ſo zwar, daß das eine ſich ſenkt, während
das andere ſich aufwärts bewegt. Bekanntlich ermöglicht die An-
wendung des Prinzips der hydrauliſchen Preſſe die Hervorbringung
eines außerordentlich hohen Druckes, ſo daß man imſtande iſt, mit
Hilfe dieſer Vorrichtung auch bei großen Laſten eine bedeutende Hub-
höhe mit einem Male zu überwinden, was eine bedeutende Verminderung
des Zeitaufwandes und der Anzahl der einzelnen zur Überwindung einer
Steigung erforderlichen Kanalſtrecken zur Folge hat.
Es war zuerſt Edwin Clark, ein bekannter engliſcher Konſtrukteur,
welcher im Jahre 1872 eine ſolche Schiffshebevorrichtung zu Cheſhire
bei Anderton ausführte, mit deren Hilfe Schiffe von 100 Tonnen aus
dem Weaverfluſſe in Baſſins von 23,4 m Länge und 4,6 m Breite und
1,5 m Tiefe auf das Niveau eines um 15,3 m höher liegenden Kanals
gehoben werden; die Zeit, welche für jede Hebung erforderlich iſt, beträgt
nur 3 Minuten; die Geſamtdauer einer Schleuſung beträgt 8 Minuten.
Inzwiſchen haben die mechaniſchen Schiffshebewerke immer weiter-
gehende Verbeſſerungen erfahren und gelangen mehr und mehr in
Aufnahme. Zunächſt iſt das ebenfalls von Clark erbaute, in Fig. 431
ſchematiſch dargeſtellte Hebewerk von Les Fontinettes bei St. Omer zu
nennen; dasſelbe dient dazu, im Kanal von Neufoſſé einen Niveau-
unterſchied von 13,13 m in einer einzigen Hebung zu überwinden.
In der Fig. 431 iſt das Hebewerk gerade in einer ſolchen Stellung
abgebildet, daß das eine Baſſin F ſich in ſeiner tiefſten Lage befindet,
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/795>, abgerufen am 25.11.2024.
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