fanden wir z. B. im Genie industriel vom Jahre 1862 bereits eine kurze Erwähnung dieses neuen Eisenbahnsystems; eine Übersetzung des betreffenden Artikels brachte bald darauf Dinglers Polytechnisches Journal.
Auch damals erregte die Erfindung Girards großes Aufsehen. Napoleon III unterstützte das junge Unternehmen durch einen namhaften Zuschuß, so daß schon damals eine Versuchsstrecke gebaut werden konnte. Der Erfolg entsprach jedoch nicht den Erwartungen und es blieb Barre vorbehalten, nach Einführung mehrerer praktischer Neuerungen Girards gleitende Eisenbahn wieder an die Öffentlichkeit zu bringen. Mit welchem praktischen Erfolge, bleibt abzuwarten.
Das letzte der außergewöhnlichen Eisenbahnsysteme, mit welchem wir uns noch kurz beschäftigen wollen, ist das pneumatische.
Im Jahr 1810 machte der Engländer Medhurst den Vorschlag, die in einem geschlossenen Kanal enthaltene Luft zu verdünnen, und die hierdurch erzeugte Differenz zwischen dem Druck der äußeren Luft und der in dem Kanal enthaltenen Luft -- also den Überdruck der atmosphärischen Luft -- zum Transport von Gegenständen zu benutzen.
Später tauchte seitens des Amerikaners Pinkus im Jahre 1834 ein ähnlicher Vorschlag auf; jedoch befanden sich die zu transportierenden Gegenstände, nicht innerhalb sondern außerhalb des Kanales. Dieser hatte die Gestalt einer Röhre, welche oberhalb einen Schlitz hatte. Durch diesen ragte ein Arm hindurch, welcher einen im Innern der Röhre bewegten Kolben mit dem zu transportierenden, außerhalb der Röhre befindlichen Gegenstande, z. B. einem Wagen, verband.
Eine erhöhte praktische Bedeutung gewann das pneumatische System erst vom Jahre 1838 ab durch die Engländer Samuda und Clegg, welche thatsächlich mehrere Linien zur Ausführung brachten und in Betrieb setzten. Es stellte sich jedoch bald heraus, daß für Personenbeförderung die pneumatische Eisenbahn hinsichtlich der Zu- verlässigkeit und Ökonomie weit hinter dem Lokomotivenbetrieb zurück- stand, ein Ergebnis, welches Georg und Robert Stephenson bereits seit langem vorhergesagt hatten. Dahingegen hat das pneumatische System in Gestalt der modernen Rohrpost eine ausgedehnte Anwendung zur Beförderung von Briefschaften gefunden. Das Prinzip dieser Be- förderungsweise beruht darauf, daß die Briefe in kleine metallene Büchsen gelegt, und diese durch die in einem geschlossenen, unterirdisch verlegten Rohre mittels einer Luftpumpe erzeugte Luftdruckdifferenz von einer Station zur andern befördert werden.
In Fig. 430 ist eine derartige Rohrpostanlage dargestellt. K ist die sogenannte Empfangskammer, in welcher die die Schriftstücke ent- haltenden Metallhülsen angelangen. M ist das unter dem Straßen- pflaster liegende Verbindungsrohr. Mit Z ist eine Abzweigekammer bezeichnet, welche, zur Aus- oder Einströmung der Luft in den Rohr- strang dienend, mittels des Rohres N mit dem Hauptbeförderungs-
Der Verkehr zu Lande.
fanden wir z. B. im Génie industriel vom Jahre 1862 bereits eine kurze Erwähnung dieſes neuen Eiſenbahnſyſtems; eine Überſetzung des betreffenden Artikels brachte bald darauf Dinglers Polytechniſches Journal.
Auch damals erregte die Erfindung Girards großes Aufſehen. Napoleon III unterſtützte das junge Unternehmen durch einen namhaften Zuſchuß, ſo daß ſchon damals eine Verſuchsſtrecke gebaut werden konnte. Der Erfolg entſprach jedoch nicht den Erwartungen und es blieb Barre vorbehalten, nach Einführung mehrerer praktiſcher Neuerungen Girards gleitende Eiſenbahn wieder an die Öffentlichkeit zu bringen. Mit welchem praktiſchen Erfolge, bleibt abzuwarten.
Das letzte der außergewöhnlichen Eiſenbahnſyſteme, mit welchem wir uns noch kurz beſchäftigen wollen, iſt das pneumatiſche.
Im Jahr 1810 machte der Engländer Medhurſt den Vorſchlag, die in einem geſchloſſenen Kanal enthaltene Luft zu verdünnen, und die hierdurch erzeugte Differenz zwiſchen dem Druck der äußeren Luft und der in dem Kanal enthaltenen Luft — alſo den Überdruck der atmoſphäriſchen Luft — zum Transport von Gegenſtänden zu benutzen.
Später tauchte ſeitens des Amerikaners Pinkus im Jahre 1834 ein ähnlicher Vorſchlag auf; jedoch befanden ſich die zu transportierenden Gegenſtände, nicht innerhalb ſondern außerhalb des Kanales. Dieſer hatte die Geſtalt einer Röhre, welche oberhalb einen Schlitz hatte. Durch dieſen ragte ein Arm hindurch, welcher einen im Innern der Röhre bewegten Kolben mit dem zu transportierenden, außerhalb der Röhre befindlichen Gegenſtande, z. B. einem Wagen, verband.
Eine erhöhte praktiſche Bedeutung gewann das pneumatiſche Syſtem erſt vom Jahre 1838 ab durch die Engländer Samuda und Clegg, welche thatſächlich mehrere Linien zur Ausführung brachten und in Betrieb ſetzten. Es ſtellte ſich jedoch bald heraus, daß für Perſonenbeförderung die pneumatiſche Eiſenbahn hinſichtlich der Zu- verläſſigkeit und Ökonomie weit hinter dem Lokomotivenbetrieb zurück- ſtand, ein Ergebnis, welches Georg und Robert Stephenſon bereits ſeit langem vorhergeſagt hatten. Dahingegen hat das pneumatiſche Syſtem in Geſtalt der modernen Rohrpoſt eine ausgedehnte Anwendung zur Beförderung von Briefſchaften gefunden. Das Prinzip dieſer Be- förderungsweiſe beruht darauf, daß die Briefe in kleine metallene Büchſen gelegt, und dieſe durch die in einem geſchloſſenen, unterirdiſch verlegten Rohre mittels einer Luftpumpe erzeugte Luftdruckdifferenz von einer Station zur andern befördert werden.
In Fig. 430 iſt eine derartige Rohrpoſtanlage dargeſtellt. K iſt die ſogenannte Empfangskammer, in welcher die die Schriftſtücke ent- haltenden Metallhülſen angelangen. M iſt das unter dem Straßen- pflaſter liegende Verbindungsrohr. Mit Z iſt eine Abzweigekammer bezeichnet, welche, zur Aus- oder Einſtrömung der Luft in den Rohr- ſtrang dienend, mittels des Rohres N mit dem Hauptbeförderungs-
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Der Verkehr zu Lande.
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betreffenden Artikels brachte bald darauf Dinglers Polytechniſches
Journal.
Auch damals erregte die Erfindung Girards großes Aufſehen.
Napoleon III unterſtützte das junge Unternehmen durch einen namhaften
Zuſchuß, ſo daß ſchon damals eine Verſuchsſtrecke gebaut werden
konnte. Der Erfolg entſprach jedoch nicht den Erwartungen und es blieb
Barre vorbehalten, nach Einführung mehrerer praktiſcher Neuerungen
Girards gleitende Eiſenbahn wieder an die Öffentlichkeit zu bringen.
Mit welchem praktiſchen Erfolge, bleibt abzuwarten.
Das letzte der außergewöhnlichen Eiſenbahnſyſteme, mit welchem
wir uns noch kurz beſchäftigen wollen, iſt das pneumatiſche.
Im Jahr 1810 machte der Engländer Medhurſt den Vorſchlag,
die in einem geſchloſſenen Kanal enthaltene Luft zu verdünnen, und
die hierdurch erzeugte Differenz zwiſchen dem Druck der äußeren Luft
und der in dem Kanal enthaltenen Luft — alſo den Überdruck der
atmoſphäriſchen Luft — zum Transport von Gegenſtänden zu benutzen.
Später tauchte ſeitens des Amerikaners Pinkus im Jahre 1834
ein ähnlicher Vorſchlag auf; jedoch befanden ſich die zu transportierenden
Gegenſtände, nicht innerhalb ſondern außerhalb des Kanales. Dieſer
hatte die Geſtalt einer Röhre, welche oberhalb einen Schlitz hatte.
Durch dieſen ragte ein Arm hindurch, welcher einen im Innern der
Röhre bewegten Kolben mit dem zu transportierenden, außerhalb der
Röhre befindlichen Gegenſtande, z. B. einem Wagen, verband.
Eine erhöhte praktiſche Bedeutung gewann das pneumatiſche
Syſtem erſt vom Jahre 1838 ab durch die Engländer Samuda und
Clegg, welche thatſächlich mehrere Linien zur Ausführung brachten
und in Betrieb ſetzten. Es ſtellte ſich jedoch bald heraus, daß für
Perſonenbeförderung die pneumatiſche Eiſenbahn hinſichtlich der Zu-
verläſſigkeit und Ökonomie weit hinter dem Lokomotivenbetrieb zurück-
ſtand, ein Ergebnis, welches Georg und Robert Stephenſon bereits
ſeit langem vorhergeſagt hatten. Dahingegen hat das pneumatiſche
Syſtem in Geſtalt der modernen Rohrpoſt eine ausgedehnte Anwendung
zur Beförderung von Briefſchaften gefunden. Das Prinzip dieſer Be-
förderungsweiſe beruht darauf, daß die Briefe in kleine metallene
Büchſen gelegt, und dieſe durch die in einem geſchloſſenen, unterirdiſch
verlegten Rohre mittels einer Luftpumpe erzeugte Luftdruckdifferenz
von einer Station zur andern befördert werden.
In Fig. 430 iſt eine derartige Rohrpoſtanlage dargeſtellt. K iſt
die ſogenannte Empfangskammer, in welcher die die Schriftſtücke ent-
haltenden Metallhülſen angelangen. M iſt das unter dem Straßen-
pflaſter liegende Verbindungsrohr. Mit Z iſt eine Abzweigekammer
bezeichnet, welche, zur Aus- oder Einſtrömung der Luft in den Rohr-
ſtrang dienend, mittels des Rohres N mit dem Hauptbeförderungs-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/790>, abgerufen am 22.11.2024.
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