sich die Römer es schon von den ersten Zeiten ihrer Herrschaft ab angelegen sein, überall da, wo sie festen Fuß gefaßt hatten, ein plan- mäßig projektirtes und durchgearbeitetes Netz wohl befestigter Straßen zu erbauen. In erster Linie hatten sie hierbei den Zweck im Auge, daß ihre Legionen in möglichster Schnelle von ihren Standorten in die entferntesten Gegenden des Reiches gelangen konnten.
Es entstand so im Laufe der Jahre die einen eigenartigen Typus bildende Römerstraße; noch heute gilt dieselbe als das Vorbild einer mustergiltigen Ausführung von Wegebauten. Eine solche Römer- straße erforderte ein erhebliches Maß von Arbeit und Sorgfalt; ihre Ausführung beschäftigte lange Zeit hindurch die Kräfte der die Besatzung der eroberten Länder bildenden Legionen. Noch heute erregen die zahl- reichen Überbleibsel dieser alten Kunststraßen die Bewunderung der Fachleute wegen der Dauerhaftigkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung. Das bei dem Bau der Römerstraße befolgte Verfahren war folgendes: Nachdem das Erdreich in der Breite der zu erbauenden Straße so tief ausgehoben war, bis man einen hinreichend festen und widerstands- fähigen Untergrund gefunden hatte, wurden auf dem Boden des so gebildeten flachen Grabens zunächst ein bis drei Schichten kleiner Steine verlegt und diese dann mit feuchtem Sande überschüttet. Erforderlichen Falles wurde die Zahl der auf dem Boden verlegten Steinschichten noch vermehrt. Die eben erwähnte Sandschicht wurde auf das sorgfältigste festgestampft und in diese nun das eigentliche Pflaster eingelegt. Letzteres bestand aus rohen oder aus bearbeiteten Steinen, welche in gehörigem Verbande neben einander verlegt wurden, oft sogar noch unter Hinzufügung eines besonderen Bindemittels. Die Römerstraße unterschied sich also von der heiligen Straße der Griechen wesentlich dadurch, daß sie keine Gleise oder Rinnen für die Wagen- räder besaß, sondern nur eine einzige, stark gepflasterte Oberfläche hatte, auf welcher die Wagen frei und ohne Umstände einander aus- weichen konnten. Zu den beiden Seiten dieses Fahrweges zogen sich dann erhöhte Wege für die Fußgänger hin; in gewissen Abständen waren aufrecht stehende prismatische Steine angebracht, welche den Reitern das Aufsteigen auf das Pferd bei dem damaligen Mangel der Steigbügel erleichtern sollten. Im weiteren Verlaufe der Jahr- hunderte, als der Glanz Roms sich immer mehr steigerte, da bildeten diese Straßen in der Nähe der großen Städte eine hohe Zierde für die Landschaft, denn es hatte sich die schöne Sitte herausgebildet, an den wichtigeren Wegen den Göttern Heiligtümer zu erbauen und Denkmäler zu Ehren hervorragender Bürger zu errichten. Als das glänzendste Beispiel einer solchen Römerstraße bringen wir in Fig. 399 eine Abbildung der "Königin der Straßen", der von Rom nach Brun- dusium führenden via Appia. Noch heute bilden die Trümmer dieser hochwichtigen Heerstraße des Altertums einen der größten Reize der Umgebung der ewigen Stadt.
Der Bau von Straßen und Wegen.
ſich die Römer es ſchon von den erſten Zeiten ihrer Herrſchaft ab angelegen ſein, überall da, wo ſie feſten Fuß gefaßt hatten, ein plan- mäßig projektirtes und durchgearbeitetes Netz wohl befeſtigter Straßen zu erbauen. In erſter Linie hatten ſie hierbei den Zweck im Auge, daß ihre Legionen in möglichſter Schnelle von ihren Standorten in die entfernteſten Gegenden des Reiches gelangen konnten.
Es entſtand ſo im Laufe der Jahre die einen eigenartigen Typus bildende Römerſtraße; noch heute gilt dieſelbe als das Vorbild einer muſtergiltigen Ausführung von Wegebauten. Eine ſolche Römer- ſtraße erforderte ein erhebliches Maß von Arbeit und Sorgfalt; ihre Ausführung beſchäftigte lange Zeit hindurch die Kräfte der die Beſatzung der eroberten Länder bildenden Legionen. Noch heute erregen die zahl- reichen Überbleibſel dieſer alten Kunſtſtraßen die Bewunderung der Fachleute wegen der Dauerhaftigkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung. Das bei dem Bau der Römerſtraße befolgte Verfahren war folgendes: Nachdem das Erdreich in der Breite der zu erbauenden Straße ſo tief ausgehoben war, bis man einen hinreichend feſten und widerſtands- fähigen Untergrund gefunden hatte, wurden auf dem Boden des ſo gebildeten flachen Grabens zunächſt ein bis drei Schichten kleiner Steine verlegt und dieſe dann mit feuchtem Sande überſchüttet. Erforderlichen Falles wurde die Zahl der auf dem Boden verlegten Steinſchichten noch vermehrt. Die eben erwähnte Sandſchicht wurde auf das ſorgfältigſte feſtgeſtampft und in dieſe nun das eigentliche Pflaſter eingelegt. Letzteres beſtand aus rohen oder aus bearbeiteten Steinen, welche in gehörigem Verbande neben einander verlegt wurden, oft ſogar noch unter Hinzufügung eines beſonderen Bindemittels. Die Römerſtraße unterſchied ſich alſo von der heiligen Straße der Griechen weſentlich dadurch, daß ſie keine Gleiſe oder Rinnen für die Wagen- räder beſaß, ſondern nur eine einzige, ſtark gepflaſterte Oberfläche hatte, auf welcher die Wagen frei und ohne Umſtände einander aus- weichen konnten. Zu den beiden Seiten dieſes Fahrweges zogen ſich dann erhöhte Wege für die Fußgänger hin; in gewiſſen Abſtänden waren aufrecht ſtehende prismatiſche Steine angebracht, welche den Reitern das Aufſteigen auf das Pferd bei dem damaligen Mangel der Steigbügel erleichtern ſollten. Im weiteren Verlaufe der Jahr- hunderte, als der Glanz Roms ſich immer mehr ſteigerte, da bildeten dieſe Straßen in der Nähe der großen Städte eine hohe Zierde für die Landſchaft, denn es hatte ſich die ſchöne Sitte herausgebildet, an den wichtigeren Wegen den Göttern Heiligtümer zu erbauen und Denkmäler zu Ehren hervorragender Bürger zu errichten. Als das glänzendſte Beiſpiel einer ſolchen Römerſtraße bringen wir in Fig. 399 eine Abbildung der „Königin der Straßen“, der von Rom nach Brun- duſium führenden via Appia. Noch heute bilden die Trümmer dieſer hochwichtigen Heerſtraße des Altertums einen der größten Reize der Umgebung der ewigen Stadt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0737"n="719"/><fwplace="top"type="header">Der Bau von Straßen und Wegen.</fw><lb/>ſich die Römer es ſchon von den erſten Zeiten ihrer Herrſchaft ab<lb/>
angelegen ſein, überall da, wo ſie feſten Fuß gefaßt hatten, ein plan-<lb/>
mäßig projektirtes und durchgearbeitetes Netz wohl befeſtigter Straßen<lb/>
zu erbauen. In erſter Linie hatten ſie hierbei den Zweck im Auge,<lb/>
daß ihre Legionen in möglichſter Schnelle von ihren Standorten in<lb/>
die entfernteſten Gegenden des Reiches gelangen konnten.</p><lb/><p>Es entſtand ſo im Laufe der Jahre die einen eigenartigen Typus<lb/>
bildende <hirendition="#g">Römerſtraße</hi>; noch heute gilt dieſelbe als das Vorbild<lb/>
einer muſtergiltigen Ausführung von Wegebauten. Eine ſolche Römer-<lb/>ſtraße erforderte ein erhebliches Maß von Arbeit und Sorgfalt; ihre<lb/>
Ausführung beſchäftigte lange Zeit hindurch die Kräfte der die Beſatzung<lb/>
der eroberten Länder bildenden Legionen. Noch heute erregen die zahl-<lb/>
reichen Überbleibſel dieſer alten Kunſtſtraßen die Bewunderung der<lb/>
Fachleute wegen der Dauerhaftigkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung.<lb/>
Das bei dem Bau der Römerſtraße befolgte Verfahren war folgendes:<lb/>
Nachdem das Erdreich in der Breite der zu erbauenden Straße ſo<lb/>
tief ausgehoben war, bis man einen hinreichend feſten und widerſtands-<lb/>
fähigen Untergrund gefunden hatte, wurden auf dem Boden des ſo<lb/>
gebildeten flachen Grabens zunächſt ein bis drei Schichten kleiner<lb/>
Steine verlegt und dieſe dann mit feuchtem Sande überſchüttet.<lb/>
Erforderlichen Falles wurde die Zahl der auf dem Boden verlegten<lb/>
Steinſchichten noch vermehrt. Die eben erwähnte Sandſchicht wurde<lb/>
auf das ſorgfältigſte feſtgeſtampft und in dieſe nun das eigentliche<lb/>
Pflaſter eingelegt. Letzteres beſtand aus rohen oder aus bearbeiteten<lb/>
Steinen, welche in gehörigem Verbande neben einander verlegt wurden,<lb/>
oft ſogar noch unter Hinzufügung eines beſonderen Bindemittels. Die<lb/>
Römerſtraße unterſchied ſich alſo von der heiligen Straße der Griechen<lb/>
weſentlich dadurch, daß ſie keine Gleiſe oder Rinnen für die Wagen-<lb/>
räder beſaß, ſondern nur eine einzige, ſtark gepflaſterte Oberfläche hatte,<lb/>
auf welcher die Wagen frei und ohne Umſtände einander aus-<lb/>
weichen konnten. Zu den beiden Seiten dieſes Fahrweges zogen ſich<lb/>
dann erhöhte Wege für die Fußgänger hin; in gewiſſen Abſtänden<lb/>
waren aufrecht ſtehende prismatiſche Steine angebracht, welche den<lb/>
Reitern das Aufſteigen auf das Pferd bei dem damaligen Mangel<lb/>
der Steigbügel erleichtern ſollten. Im weiteren Verlaufe der Jahr-<lb/>
hunderte, als der Glanz Roms ſich immer mehr ſteigerte, da bildeten<lb/>
dieſe Straßen in der Nähe der großen Städte eine hohe Zierde für<lb/>
die Landſchaft, denn es hatte ſich die ſchöne Sitte herausgebildet, an<lb/>
den wichtigeren Wegen den Göttern Heiligtümer zu erbauen und<lb/>
Denkmäler zu Ehren hervorragender Bürger zu errichten. Als das<lb/>
glänzendſte Beiſpiel einer ſolchen Römerſtraße bringen wir in Fig. 399<lb/>
eine Abbildung der „Königin der Straßen“, der von Rom nach Brun-<lb/>
duſium führenden <hirendition="#aq">via Appia.</hi> Noch heute bilden die Trümmer dieſer<lb/>
hochwichtigen Heerſtraße des Altertums einen der größten Reize der<lb/>
Umgebung der ewigen Stadt.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[719/0737]
Der Bau von Straßen und Wegen.
ſich die Römer es ſchon von den erſten Zeiten ihrer Herrſchaft ab
angelegen ſein, überall da, wo ſie feſten Fuß gefaßt hatten, ein plan-
mäßig projektirtes und durchgearbeitetes Netz wohl befeſtigter Straßen
zu erbauen. In erſter Linie hatten ſie hierbei den Zweck im Auge,
daß ihre Legionen in möglichſter Schnelle von ihren Standorten in
die entfernteſten Gegenden des Reiches gelangen konnten.
Es entſtand ſo im Laufe der Jahre die einen eigenartigen Typus
bildende Römerſtraße; noch heute gilt dieſelbe als das Vorbild
einer muſtergiltigen Ausführung von Wegebauten. Eine ſolche Römer-
ſtraße erforderte ein erhebliches Maß von Arbeit und Sorgfalt; ihre
Ausführung beſchäftigte lange Zeit hindurch die Kräfte der die Beſatzung
der eroberten Länder bildenden Legionen. Noch heute erregen die zahl-
reichen Überbleibſel dieſer alten Kunſtſtraßen die Bewunderung der
Fachleute wegen der Dauerhaftigkeit und Sorgfalt ihrer Ausführung.
Das bei dem Bau der Römerſtraße befolgte Verfahren war folgendes:
Nachdem das Erdreich in der Breite der zu erbauenden Straße ſo
tief ausgehoben war, bis man einen hinreichend feſten und widerſtands-
fähigen Untergrund gefunden hatte, wurden auf dem Boden des ſo
gebildeten flachen Grabens zunächſt ein bis drei Schichten kleiner
Steine verlegt und dieſe dann mit feuchtem Sande überſchüttet.
Erforderlichen Falles wurde die Zahl der auf dem Boden verlegten
Steinſchichten noch vermehrt. Die eben erwähnte Sandſchicht wurde
auf das ſorgfältigſte feſtgeſtampft und in dieſe nun das eigentliche
Pflaſter eingelegt. Letzteres beſtand aus rohen oder aus bearbeiteten
Steinen, welche in gehörigem Verbande neben einander verlegt wurden,
oft ſogar noch unter Hinzufügung eines beſonderen Bindemittels. Die
Römerſtraße unterſchied ſich alſo von der heiligen Straße der Griechen
weſentlich dadurch, daß ſie keine Gleiſe oder Rinnen für die Wagen-
räder beſaß, ſondern nur eine einzige, ſtark gepflaſterte Oberfläche hatte,
auf welcher die Wagen frei und ohne Umſtände einander aus-
weichen konnten. Zu den beiden Seiten dieſes Fahrweges zogen ſich
dann erhöhte Wege für die Fußgänger hin; in gewiſſen Abſtänden
waren aufrecht ſtehende prismatiſche Steine angebracht, welche den
Reitern das Aufſteigen auf das Pferd bei dem damaligen Mangel
der Steigbügel erleichtern ſollten. Im weiteren Verlaufe der Jahr-
hunderte, als der Glanz Roms ſich immer mehr ſteigerte, da bildeten
dieſe Straßen in der Nähe der großen Städte eine hohe Zierde für
die Landſchaft, denn es hatte ſich die ſchöne Sitte herausgebildet, an
den wichtigeren Wegen den Göttern Heiligtümer zu erbauen und
Denkmäler zu Ehren hervorragender Bürger zu errichten. Als das
glänzendſte Beiſpiel einer ſolchen Römerſtraße bringen wir in Fig. 399
eine Abbildung der „Königin der Straßen“, der von Rom nach Brun-
duſium führenden via Appia. Noch heute bilden die Trümmer dieſer
hochwichtigen Heerſtraße des Altertums einen der größten Reize der
Umgebung der ewigen Stadt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 719. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/737>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.