280 ccm). Die durch die Explosion entwickelte Wärme, ein für die Kraftleistung sehr wichtiger Faktor, wurde von Bunsen auf 3340°, von Nobel und Abel nur auf 2200°C. geschätzt. Durch besondere Apparate, sogenannte Gasdruckmesser, hat Nobel versucht, die bei der Verbrennung von Schießpulver stattfindende Gasspannung zu be- stimmen. Diese Maschinen bestehen im wesentlichen aus Metallcylindern, welche durch die Explosionswirkung deformiert oder gestaucht werden, so daß man aus der Größe der Stauchung auf den Gasdruck unge- fähre Schlüsse ziehen kann. Nobel fand den Druck auf diesem aller- dings anfechtbarem Wege zu 6400 Atmosphären, während derselbe nach Bunsen 4373 Atmosphären betragen soll. Wie aus diesen Beträgen ersichtlich, sind die Kraftmessungen für Pulver noch außerordentlich unzuverlässig, und es fehlt bisher an einer wirklich brauchbaren Methode für dieselben.
Gehen wir nun zu den Anwendungen des Pulvers über, so müssen wir vorweg bemerken, daß unser "altes" Schießpulver gerade heutezutage, nachdem es Jahrhunderte hindurch die Sprengtechnik im Frieden und im Kriege unumschränkt beherrscht hat, an dem Ende seiner Regierung angekommen zu sein scheint. Nachdem ihm durch Dynamit und Schießwolle schon seit Jahrzehnten eine siegreiche und immer stärker anwachsende Konkurrenz auf dem Gebiete der friedlichen Sprengarbeit bereitet worden war, beginnt es jetzt auch als Kriegspulver vor einem kräftigeren Gegner den Platz zu räumen. Während die erstere Thatsache uns eigentlich nicht in Erstaunen setzen kann, da beim Sprengen die größte Kraftentwicklung das einzige Ziel des Technikers ist und das Pulver gerade in dieser Hinsicht längst durch andere Sprengstoffe überholt worden ist, so läßt sich die letztere nur begreifen, wenn wir die innige und subtile Beziehung, welche zwischen der Leistung der Schußwaffe und den verschiedenen Eigentümlichkeiten des zum Forttreiben des Geschosses angewendeten Sprengstoffes besteht, genauer kennen lernen.
Es ist bekannt, daß die Wirkung eines Geschosses, seine "lebendige Kraft", einmal von seinem Gewicht, dann aber, und zwar hauptsächlich, von der Geschwindigkeit abhängt, mit welcher es das Rohr verläßt, der "Anfangsgeschwindigkeit". Die Physik lehrt, daß die Leistung mit dem Geschoßgewicht in einfachem, mit der Anfangsgeschwindigkeit im quadratischen Verhältnis steigt, daß also ein doppelt so schweres Geschoß auch doppelt so stark, ein doppelt so schnelles aber viermal so stark wirkt. Diese Verhältnisse berücksichtigte man früher nicht; daher finden wir die mittelalterlichen Schußwaffen, wenn auch häufig künst- lerisch sehr vollendet gebaut, in physikalischer Hinsicht höchst unvollkommen konstruiert. Es ist hier nicht der Ort, der Entwickelung der Schuß- waffen im einzelnen zu folgen, nur die wichtigsten Fortschritte können erwähnt werden, und zwar immer nur hinsichtlich ihrer Beziehung zu der Fortentwickelung der Sprengstoffe.
Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung.
280 ccm). Die durch die Exploſion entwickelte Wärme, ein für die Kraftleiſtung ſehr wichtiger Faktor, wurde von Bunſen auf 3340°, von Nobel und Abel nur auf 2200°C. geſchätzt. Durch beſondere Apparate, ſogenannte Gasdruckmeſſer, hat Nobel verſucht, die bei der Verbrennung von Schießpulver ſtattfindende Gasſpannung zu be- ſtimmen. Dieſe Maſchinen beſtehen im weſentlichen aus Metallcylindern, welche durch die Exploſionswirkung deformiert oder geſtaucht werden, ſo daß man aus der Größe der Stauchung auf den Gasdruck unge- fähre Schlüſſe ziehen kann. Nobel fand den Druck auf dieſem aller- dings anfechtbarem Wege zu 6400 Atmoſphären, während derſelbe nach Bunſen 4373 Atmoſphären betragen ſoll. Wie aus dieſen Beträgen erſichtlich, ſind die Kraftmeſſungen für Pulver noch außerordentlich unzuverläſſig, und es fehlt bisher an einer wirklich brauchbaren Methode für dieſelben.
Gehen wir nun zu den Anwendungen des Pulvers über, ſo müſſen wir vorweg bemerken, daß unſer „altes“ Schießpulver gerade heutezutage, nachdem es Jahrhunderte hindurch die Sprengtechnik im Frieden und im Kriege unumſchränkt beherrſcht hat, an dem Ende ſeiner Regierung angekommen zu ſein ſcheint. Nachdem ihm durch Dynamit und Schießwolle ſchon ſeit Jahrzehnten eine ſiegreiche und immer ſtärker anwachſende Konkurrenz auf dem Gebiete der friedlichen Sprengarbeit bereitet worden war, beginnt es jetzt auch als Kriegspulver vor einem kräftigeren Gegner den Platz zu räumen. Während die erſtere Thatſache uns eigentlich nicht in Erſtaunen ſetzen kann, da beim Sprengen die größte Kraftentwicklung das einzige Ziel des Technikers iſt und das Pulver gerade in dieſer Hinſicht längſt durch andere Sprengſtoffe überholt worden iſt, ſo läßt ſich die letztere nur begreifen, wenn wir die innige und ſubtile Beziehung, welche zwiſchen der Leiſtung der Schußwaffe und den verſchiedenen Eigentümlichkeiten des zum Forttreiben des Geſchoſſes angewendeten Sprengſtoffes beſteht, genauer kennen lernen.
Es iſt bekannt, daß die Wirkung eines Geſchoſſes, ſeine „lebendige Kraft“, einmal von ſeinem Gewicht, dann aber, und zwar hauptſächlich, von der Geſchwindigkeit abhängt, mit welcher es das Rohr verläßt, der „Anfangsgeſchwindigkeit“. Die Phyſik lehrt, daß die Leiſtung mit dem Geſchoßgewicht in einfachem, mit der Anfangsgeſchwindigkeit im quadratiſchen Verhältnis ſteigt, daß alſo ein doppelt ſo ſchweres Geſchoß auch doppelt ſo ſtark, ein doppelt ſo ſchnelles aber viermal ſo ſtark wirkt. Dieſe Verhältniſſe berückſichtigte man früher nicht; daher finden wir die mittelalterlichen Schußwaffen, wenn auch häufig künſt- leriſch ſehr vollendet gebaut, in phyſikaliſcher Hinſicht höchſt unvollkommen konſtruiert. Es iſt hier nicht der Ort, der Entwickelung der Schuß- waffen im einzelnen zu folgen, nur die wichtigſten Fortſchritte können erwähnt werden, und zwar immer nur hinſichtlich ihrer Beziehung zu der Fortentwickelung der Sprengſtoffe.
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Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung.
280 ccm). Die durch die Exploſion entwickelte Wärme, ein für die
Kraftleiſtung ſehr wichtiger Faktor, wurde von Bunſen auf 3340°,
von Nobel und Abel nur auf 2200°C. geſchätzt. Durch beſondere
Apparate, ſogenannte Gasdruckmeſſer, hat Nobel verſucht, die bei der
Verbrennung von Schießpulver ſtattfindende Gasſpannung zu be-
ſtimmen. Dieſe Maſchinen beſtehen im weſentlichen aus Metallcylindern,
welche durch die Exploſionswirkung deformiert oder geſtaucht werden,
ſo daß man aus der Größe der Stauchung auf den Gasdruck unge-
fähre Schlüſſe ziehen kann. Nobel fand den Druck auf dieſem aller-
dings anfechtbarem Wege zu 6400 Atmoſphären, während derſelbe nach
Bunſen 4373 Atmoſphären betragen ſoll. Wie aus dieſen Beträgen
erſichtlich, ſind die Kraftmeſſungen für Pulver noch außerordentlich
unzuverläſſig, und es fehlt bisher an einer wirklich brauchbaren Methode
für dieſelben.
Gehen wir nun zu den Anwendungen des Pulvers über, ſo
müſſen wir vorweg bemerken, daß unſer „altes“ Schießpulver gerade
heutezutage, nachdem es Jahrhunderte hindurch die Sprengtechnik
im Frieden und im Kriege unumſchränkt beherrſcht hat, an dem Ende
ſeiner Regierung angekommen zu ſein ſcheint. Nachdem ihm durch
Dynamit und Schießwolle ſchon ſeit Jahrzehnten eine ſiegreiche und
immer ſtärker anwachſende Konkurrenz auf dem Gebiete der friedlichen
Sprengarbeit bereitet worden war, beginnt es jetzt auch als Kriegspulver
vor einem kräftigeren Gegner den Platz zu räumen. Während die
erſtere Thatſache uns eigentlich nicht in Erſtaunen ſetzen kann, da beim
Sprengen die größte Kraftentwicklung das einzige Ziel des Technikers
iſt und das Pulver gerade in dieſer Hinſicht längſt durch andere
Sprengſtoffe überholt worden iſt, ſo läßt ſich die letztere nur begreifen,
wenn wir die innige und ſubtile Beziehung, welche zwiſchen der Leiſtung
der Schußwaffe und den verſchiedenen Eigentümlichkeiten des zum
Forttreiben des Geſchoſſes angewendeten Sprengſtoffes beſteht, genauer
kennen lernen.
Es iſt bekannt, daß die Wirkung eines Geſchoſſes, ſeine „lebendige
Kraft“, einmal von ſeinem Gewicht, dann aber, und zwar hauptſächlich,
von der Geſchwindigkeit abhängt, mit welcher es das Rohr verläßt,
der „Anfangsgeſchwindigkeit“. Die Phyſik lehrt, daß die Leiſtung
mit dem Geſchoßgewicht in einfachem, mit der Anfangsgeſchwindigkeit
im quadratiſchen Verhältnis ſteigt, daß alſo ein doppelt ſo ſchweres
Geſchoß auch doppelt ſo ſtark, ein doppelt ſo ſchnelles aber viermal ſo
ſtark wirkt. Dieſe Verhältniſſe berückſichtigte man früher nicht; daher
finden wir die mittelalterlichen Schußwaffen, wenn auch häufig künſt-
leriſch ſehr vollendet gebaut, in phyſikaliſcher Hinſicht höchſt unvollkommen
konſtruiert. Es iſt hier nicht der Ort, der Entwickelung der Schuß-
waffen im einzelnen zu folgen, nur die wichtigſten Fortſchritte können
erwähnt werden, und zwar immer nur hinſichtlich ihrer Beziehung zu
der Fortentwickelung der Sprengſtoffe.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/718>, abgerufen am 22.11.2024.
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