einen ganz geringen Feuchtigkeitsgehalt besitzen muß, kommt in die Rollfässer, welche sich mit mäßiger, erst später gesteigerter Geschwindig- keit um vertikale Achsen drehen. Hierdurch erhalten die Körner, indem sie gegen einander gerieben werden, eine dichtere und glänzende Ober- fläche, welche für Feuchtigkeit weniger empfänglich ist, als diejenige der unpolierten Körner; diesem wichtigen Vorteil steht nur der Nach- teil etwas geringerer Entzündbarkeit gegenüber, welcher aber durch einen Gewinn an Dichtigkeit, welchen das Polieren mit sich bringt, ausgeglichen wird. Da sich das Pulver durch die Reibung nicht un- beträchtlich erhitzt, so läßt man häufig die Fässer zuletzt eine Zeit lang langsamer laufen.
Das frisch gekörnte und polierte Pulver enthält mehr Wasser, als für seinen Gebrauch nützlich ist. Daher wird es zunächst an der Luft getrocknet und hierauf einem künstlichen Trockenverfahren unterworfen, welches den Wassergehalt auf höchstens 2 % reduzieren muß. Man benutzt große Kästen, in welchen das Pulver auf ausgespannten Trocken- tüchern liegt, und welche von einem mäßig warmen Luftstrom durch- zogen werden. Es kommt wesentlich darauf an, daß die Temperatur nur sehr allmählich gesteigert wird; im entgegengesetzten Falle leidet die Güte des Pulvers erheblich. Erst gegen Ende des Trocknens, welches 4 bis 6 Stunden währt, erhöht man die Wärme bis auf 50°C. Das fertige Pulver wird dann in Fässer, Säcke oder Blechbüchsen verpackt.
Wenn auch die Güte des Pulvers von einer Menge Faktoren abhängt, welche sich größtenteils der oberflächlichen Beobachtung ent- ziehen, so kann doch schon aus seinem Ansehen und seiner äußerlichen Beschaffenheit auf seine Qualität ein ungefähr zutreffender Schluß gezogen werden. Die Farbe soll dunkelgrau bis dunkelbraun, vollkommen gleichförmig sein; die Körner dürfen nicht durch weiße Flecke ein Ausblühen des Salpeters verraten, dürfen nicht abfärben, sollen sich schwierig und unter Knirschen zerdrücken lassen und leicht abbrennen.
Die Anlage der Pulverfabriken muß stets so erfolgen, daß die einzelnen, durchweg aus leichten Materialien aufzuführenden Gebäude durch hohe Erdwälle von einander getrennt sind, damit bei einer zu- fällig in einer Abteilung eintretenden Explosion eine Fortwirkung auf Nebenräume möglichst ausgeschlossen sei. Von hervorragender Be- deutung ist ferner, daß alle Umstände, durch die das Pulver bei seiner Herstellung unversehens entzündet werden könnte, sorgfältig vermieden werden. Hierher gehört besonders die Auswahl des Materials der Stampfen, bei welcher gewisse Metalle, z. B. Eisen, Messing, Blei gänzlich ausgeschlossen sind, weil sie Selbstentzündung bewirken können, während Kupfer oder Bronze, sowohl gegen einander, als auch auf Holz, noch nie Explosionen hervorgerufen haben. Daß die Annähe- rung von glimmenden oder gar brennenden Körpern, wie Laternen
Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung.
einen ganz geringen Feuchtigkeitsgehalt beſitzen muß, kommt in die Rollfäſſer, welche ſich mit mäßiger, erſt ſpäter geſteigerter Geſchwindig- keit um vertikale Achſen drehen. Hierdurch erhalten die Körner, indem ſie gegen einander gerieben werden, eine dichtere und glänzende Ober- fläche, welche für Feuchtigkeit weniger empfänglich iſt, als diejenige der unpolierten Körner; dieſem wichtigen Vorteil ſteht nur der Nach- teil etwas geringerer Entzündbarkeit gegenüber, welcher aber durch einen Gewinn an Dichtigkeit, welchen das Polieren mit ſich bringt, ausgeglichen wird. Da ſich das Pulver durch die Reibung nicht un- beträchtlich erhitzt, ſo läßt man häufig die Fäſſer zuletzt eine Zeit lang langſamer laufen.
Das friſch gekörnte und polierte Pulver enthält mehr Waſſer, als für ſeinen Gebrauch nützlich iſt. Daher wird es zunächſt an der Luft getrocknet und hierauf einem künſtlichen Trockenverfahren unterworfen, welches den Waſſergehalt auf höchſtens 2 % reduzieren muß. Man benutzt große Käſten, in welchen das Pulver auf ausgeſpannten Trocken- tüchern liegt, und welche von einem mäßig warmen Luftſtrom durch- zogen werden. Es kommt weſentlich darauf an, daß die Temperatur nur ſehr allmählich geſteigert wird; im entgegengeſetzten Falle leidet die Güte des Pulvers erheblich. Erſt gegen Ende des Trocknens, welches 4 bis 6 Stunden währt, erhöht man die Wärme bis auf 50°C. Das fertige Pulver wird dann in Fäſſer, Säcke oder Blechbüchſen verpackt.
Wenn auch die Güte des Pulvers von einer Menge Faktoren abhängt, welche ſich größtenteils der oberflächlichen Beobachtung ent- ziehen, ſo kann doch ſchon aus ſeinem Anſehen und ſeiner äußerlichen Beſchaffenheit auf ſeine Qualität ein ungefähr zutreffender Schluß gezogen werden. Die Farbe ſoll dunkelgrau bis dunkelbraun, vollkommen gleichförmig ſein; die Körner dürfen nicht durch weiße Flecke ein Ausblühen des Salpeters verraten, dürfen nicht abfärben, ſollen ſich ſchwierig und unter Knirſchen zerdrücken laſſen und leicht abbrennen.
Die Anlage der Pulverfabriken muß ſtets ſo erfolgen, daß die einzelnen, durchweg aus leichten Materialien aufzuführenden Gebäude durch hohe Erdwälle von einander getrennt ſind, damit bei einer zu- fällig in einer Abteilung eintretenden Exploſion eine Fortwirkung auf Nebenräume möglichſt ausgeſchloſſen ſei. Von hervorragender Be- deutung iſt ferner, daß alle Umſtände, durch die das Pulver bei ſeiner Herſtellung unverſehens entzündet werden könnte, ſorgfältig vermieden werden. Hierher gehört beſonders die Auswahl des Materials der Stampfen, bei welcher gewiſſe Metalle, z. B. Eiſen, Meſſing, Blei gänzlich ausgeſchloſſen ſind, weil ſie Selbſtentzündung bewirken können, während Kupfer oder Bronze, ſowohl gegen einander, als auch auf Holz, noch nie Exploſionen hervorgerufen haben. Daß die Annähe- rung von glimmenden oder gar brennenden Körpern, wie Laternen
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[698/0716]
Die Sprengſtoffe und ihre Verwendung.
einen ganz geringen Feuchtigkeitsgehalt beſitzen muß, kommt in die
Rollfäſſer, welche ſich mit mäßiger, erſt ſpäter geſteigerter Geſchwindig-
keit um vertikale Achſen drehen. Hierdurch erhalten die Körner, indem
ſie gegen einander gerieben werden, eine dichtere und glänzende Ober-
fläche, welche für Feuchtigkeit weniger empfänglich iſt, als diejenige
der unpolierten Körner; dieſem wichtigen Vorteil ſteht nur der Nach-
teil etwas geringerer Entzündbarkeit gegenüber, welcher aber durch
einen Gewinn an Dichtigkeit, welchen das Polieren mit ſich bringt,
ausgeglichen wird. Da ſich das Pulver durch die Reibung nicht un-
beträchtlich erhitzt, ſo läßt man häufig die Fäſſer zuletzt eine Zeit lang
langſamer laufen.
Das friſch gekörnte und polierte Pulver enthält mehr Waſſer, als
für ſeinen Gebrauch nützlich iſt. Daher wird es zunächſt an der Luft
getrocknet und hierauf einem künſtlichen Trockenverfahren unterworfen,
welches den Waſſergehalt auf höchſtens 2 % reduzieren muß. Man
benutzt große Käſten, in welchen das Pulver auf ausgeſpannten Trocken-
tüchern liegt, und welche von einem mäßig warmen Luftſtrom durch-
zogen werden. Es kommt weſentlich darauf an, daß die Temperatur
nur ſehr allmählich geſteigert wird; im entgegengeſetzten Falle leidet
die Güte des Pulvers erheblich. Erſt gegen Ende des Trocknens,
welches 4 bis 6 Stunden währt, erhöht man die Wärme bis auf 50°C.
Das fertige Pulver wird dann in Fäſſer, Säcke oder Blechbüchſen
verpackt.
Wenn auch die Güte des Pulvers von einer Menge Faktoren
abhängt, welche ſich größtenteils der oberflächlichen Beobachtung ent-
ziehen, ſo kann doch ſchon aus ſeinem Anſehen und ſeiner äußerlichen
Beſchaffenheit auf ſeine Qualität ein ungefähr zutreffender Schluß
gezogen werden. Die Farbe ſoll dunkelgrau bis dunkelbraun,
vollkommen gleichförmig ſein; die Körner dürfen nicht durch weiße
Flecke ein Ausblühen des Salpeters verraten, dürfen nicht abfärben,
ſollen ſich ſchwierig und unter Knirſchen zerdrücken laſſen und leicht
abbrennen.
Die Anlage der Pulverfabriken muß ſtets ſo erfolgen, daß die
einzelnen, durchweg aus leichten Materialien aufzuführenden Gebäude
durch hohe Erdwälle von einander getrennt ſind, damit bei einer zu-
fällig in einer Abteilung eintretenden Exploſion eine Fortwirkung auf
Nebenräume möglichſt ausgeſchloſſen ſei. Von hervorragender Be-
deutung iſt ferner, daß alle Umſtände, durch die das Pulver bei ſeiner
Herſtellung unverſehens entzündet werden könnte, ſorgfältig vermieden
werden. Hierher gehört beſonders die Auswahl des Materials der
Stampfen, bei welcher gewiſſe Metalle, z. B. Eiſen, Meſſing, Blei
gänzlich ausgeſchloſſen ſind, weil ſie Selbſtentzündung bewirken können,
während Kupfer oder Bronze, ſowohl gegen einander, als auch auf
Holz, noch nie Exploſionen hervorgerufen haben. Daß die Annähe-
rung von glimmenden oder gar brennenden Körpern, wie Laternen
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/716>, abgerufen am 22.11.2024.
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