von Pappeln, Haselsträuchern, Faulbäumen) in Meilern (s. S. 323), sondern durch "Destillieren" in eisernen Cylindern, durch welches Ver- fahren ein sicherer Brand verbürgt ist. Das Produkt, die sogenannte Notkohle, ist bräunlich-schwarz und leitet die Wärme gut; es ist rein von Sandkörnern und anderen harten Verunreinigungen, welche bei der späteren Verarbeitung des Pulversatzes die Gefahr einer Explosion hervorrufen würden.
Der Schwefel, welcher meist Sicilien entstammt, erfährt an Ort und Stelle eine Reinigung von den anhängenden erdigen Verunreini- gungen. Zu diesem Zwecke destilliert man ihn aus irdenen Gefäßen und kondensiert die Dämpfe in Vorlagen. Das Produkt, der Roh- schwefel, welcher noch einige Prozente erdiger Teile enthält, kommt in den Handel und muß einer nachträglichen Reinigung unterzogen werden. Dieselbe erfolgt durch eine zweite, vorsichtigere Destillation, bei welcher die Dämpfe in große gemauerte Kammern geleitet werden. So lange deren Wände kälter sind, als 110°, die Temperatur des Schmelzpunktes des Schwefels, kondensieren sich die Dämpfe zu festem Schwefelpulver, den Schwefelblumen; nachher sammelt sich geschmolzener Schwefel, welchen man in cylindrische Formen gießt und unter dem Namen Stangenschwefel in den Handel bringt. Man sondert die beiden Formen des gereinigten Schwefels rechtzeitig von einander, da man zur Pulverfabrikation die Schwefelblumen, wegen eines geringen Gehaltes an Schwefelsäure, nicht verwendet. Der erhaltene Stangen- schwefel wird häufig einer nochmaligen Destillation unterworfen.
Der Salpeter, von welchem schon erwähnt wurde, daß er sich als Mineral in geringer Menge in einigen Gegenden Asiens findet, wird stets künstlich erzeugt. Früher geschah dies in den "Salpeter- plantagen", deren Wirksamkeit auf der chemischen Umwandlung ammoniakhaltiger, organischer Körper in Salpetersäure beruht; diese Umwandlung ist jedoch nur in Gegenwart alkalischer Substanzen mög- lich. Man sammelte mit faulenden, stickstoffhaltigen Substanzen durch- setztes Erdreich oder schichtete Erde mit allerlei tierischen und pflanz- lichen Abfällen in Haufen; in beiden Fällen sorgte man durch Aufgießen von Jauche und anderen faulenden Flüssigkeiten für stete Feuchthaltung der Erde. Endlich mengte man Schutt, Mergel, Kalkreste darunter, und überließ das Ganze unter stetem Begießen längere Zeit der Ein- wirkung der Luft. Die Wirkung zeigte sich durch einen weißlichen Überzug von auswitternden salpetersauren Salzen. Dann hörte man auf zu begießen und laugte die "reife" Erde mit Wasser aus. Die gewonnene Lauge, welche alle möglichen salpetersauren Salze enthielt, wurde durch das "Brechen" in Kalisalpeter verwandelt; man setzte einfach Pottasche oder Chlorkalium hinzu, worauf die Umsetzung leicht vor sich ging. Endlich erhielt man durch "Versieden" und "Raffinieren" den Salpeter als Krystallmehl. Die beschriebene Methode ist fast ganz verdrängt durch ein anderes Verfahren, welches von dem in Chile in
Das Schteßpulver.
von Pappeln, Haſelſträuchern, Faulbäumen) in Meilern (ſ. S. 323), ſondern durch „Deſtillieren“ in eiſernen Cylindern, durch welches Ver- fahren ein ſicherer Brand verbürgt iſt. Das Produkt, die ſogenannte Notkohle, iſt bräunlich-ſchwarz und leitet die Wärme gut; es iſt rein von Sandkörnern und anderen harten Verunreinigungen, welche bei der ſpäteren Verarbeitung des Pulverſatzes die Gefahr einer Exploſion hervorrufen würden.
Der Schwefel, welcher meiſt Sicilien entſtammt, erfährt an Ort und Stelle eine Reinigung von den anhängenden erdigen Verunreini- gungen. Zu dieſem Zwecke deſtilliert man ihn aus irdenen Gefäßen und kondenſiert die Dämpfe in Vorlagen. Das Produkt, der Roh- ſchwefel, welcher noch einige Prozente erdiger Teile enthält, kommt in den Handel und muß einer nachträglichen Reinigung unterzogen werden. Dieſelbe erfolgt durch eine zweite, vorſichtigere Deſtillation, bei welcher die Dämpfe in große gemauerte Kammern geleitet werden. So lange deren Wände kälter ſind, als 110°, die Temperatur des Schmelzpunktes des Schwefels, kondenſieren ſich die Dämpfe zu feſtem Schwefelpulver, den Schwefelblumen; nachher ſammelt ſich geſchmolzener Schwefel, welchen man in cylindriſche Formen gießt und unter dem Namen Stangenſchwefel in den Handel bringt. Man ſondert die beiden Formen des gereinigten Schwefels rechtzeitig von einander, da man zur Pulverfabrikation die Schwefelblumen, wegen eines geringen Gehaltes an Schwefelſäure, nicht verwendet. Der erhaltene Stangen- ſchwefel wird häufig einer nochmaligen Deſtillation unterworfen.
Der Salpeter, von welchem ſchon erwähnt wurde, daß er ſich als Mineral in geringer Menge in einigen Gegenden Aſiens findet, wird ſtets künſtlich erzeugt. Früher geſchah dies in den „Salpeter- plantagen“, deren Wirkſamkeit auf der chemiſchen Umwandlung ammoniakhaltiger, organiſcher Körper in Salpeterſäure beruht; dieſe Umwandlung iſt jedoch nur in Gegenwart alkaliſcher Subſtanzen mög- lich. Man ſammelte mit faulenden, ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen durch- ſetztes Erdreich oder ſchichtete Erde mit allerlei tieriſchen und pflanz- lichen Abfällen in Haufen; in beiden Fällen ſorgte man durch Aufgießen von Jauche und anderen faulenden Flüſſigkeiten für ſtete Feuchthaltung der Erde. Endlich mengte man Schutt, Mergel, Kalkreſte darunter, und überließ das Ganze unter ſtetem Begießen längere Zeit der Ein- wirkung der Luft. Die Wirkung zeigte ſich durch einen weißlichen Überzug von auswitternden ſalpeterſauren Salzen. Dann hörte man auf zu begießen und laugte die „reife“ Erde mit Waſſer aus. Die gewonnene Lauge, welche alle möglichen ſalpeterſauren Salze enthielt, wurde durch das „Brechen“ in Kaliſalpeter verwandelt; man ſetzte einfach Pottaſche oder Chlorkalium hinzu, worauf die Umſetzung leicht vor ſich ging. Endlich erhielt man durch „Verſieden“ und „Raffinieren“ den Salpeter als Kryſtallmehl. Die beſchriebene Methode iſt faſt ganz verdrängt durch ein anderes Verfahren, welches von dem in Chile in
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Das Schteßpulver.
von Pappeln, Haſelſträuchern, Faulbäumen) in Meilern (ſ. S. 323),
ſondern durch „Deſtillieren“ in eiſernen Cylindern, durch welches Ver-
fahren ein ſicherer Brand verbürgt iſt. Das Produkt, die ſogenannte
Notkohle, iſt bräunlich-ſchwarz und leitet die Wärme gut; es iſt rein
von Sandkörnern und anderen harten Verunreinigungen, welche bei der
ſpäteren Verarbeitung des Pulverſatzes die Gefahr einer Exploſion
hervorrufen würden.
Der Schwefel, welcher meiſt Sicilien entſtammt, erfährt an Ort
und Stelle eine Reinigung von den anhängenden erdigen Verunreini-
gungen. Zu dieſem Zwecke deſtilliert man ihn aus irdenen Gefäßen
und kondenſiert die Dämpfe in Vorlagen. Das Produkt, der Roh-
ſchwefel, welcher noch einige Prozente erdiger Teile enthält, kommt in
den Handel und muß einer nachträglichen Reinigung unterzogen werden.
Dieſelbe erfolgt durch eine zweite, vorſichtigere Deſtillation, bei welcher
die Dämpfe in große gemauerte Kammern geleitet werden. So lange
deren Wände kälter ſind, als 110°, die Temperatur des Schmelzpunktes
des Schwefels, kondenſieren ſich die Dämpfe zu feſtem Schwefelpulver,
den Schwefelblumen; nachher ſammelt ſich geſchmolzener Schwefel,
welchen man in cylindriſche Formen gießt und unter dem Namen
Stangenſchwefel in den Handel bringt. Man ſondert die beiden
Formen des gereinigten Schwefels rechtzeitig von einander, da man
zur Pulverfabrikation die Schwefelblumen, wegen eines geringen
Gehaltes an Schwefelſäure, nicht verwendet. Der erhaltene Stangen-
ſchwefel wird häufig einer nochmaligen Deſtillation unterworfen.
Der Salpeter, von welchem ſchon erwähnt wurde, daß er ſich
als Mineral in geringer Menge in einigen Gegenden Aſiens findet,
wird ſtets künſtlich erzeugt. Früher geſchah dies in den „Salpeter-
plantagen“, deren Wirkſamkeit auf der chemiſchen Umwandlung
ammoniakhaltiger, organiſcher Körper in Salpeterſäure beruht; dieſe
Umwandlung iſt jedoch nur in Gegenwart alkaliſcher Subſtanzen mög-
lich. Man ſammelte mit faulenden, ſtickſtoffhaltigen Subſtanzen durch-
ſetztes Erdreich oder ſchichtete Erde mit allerlei tieriſchen und pflanz-
lichen Abfällen in Haufen; in beiden Fällen ſorgte man durch Aufgießen
von Jauche und anderen faulenden Flüſſigkeiten für ſtete Feuchthaltung
der Erde. Endlich mengte man Schutt, Mergel, Kalkreſte darunter,
und überließ das Ganze unter ſtetem Begießen längere Zeit der Ein-
wirkung der Luft. Die Wirkung zeigte ſich durch einen weißlichen
Überzug von auswitternden ſalpeterſauren Salzen. Dann hörte man
auf zu begießen und laugte die „reife“ Erde mit Waſſer aus. Die
gewonnene Lauge, welche alle möglichen ſalpeterſauren Salze enthielt,
wurde durch das „Brechen“ in Kaliſalpeter verwandelt; man ſetzte
einfach Pottaſche oder Chlorkalium hinzu, worauf die Umſetzung leicht
vor ſich ging. Endlich erhielt man durch „Verſieden“ und „Raffinieren“
den Salpeter als Kryſtallmehl. Die beſchriebene Methode iſt faſt ganz
verdrängt durch ein anderes Verfahren, welches von dem in Chile in
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/711>, abgerufen am 22.11.2024.
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