Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Trennungsarbeiten.
Arbeitsbewegung erheblich lang, so spricht man von eigentlichen Hobel-
oder Planhobelmaschinen, hebt der Stichel dünnere Spähne auf einer
kurzen Bahn ab, bei senkrechter Bewegung desselben, so heißen die
Maschinen Stoßmaschinen, Feilmaschinen endlich, wenn die Verschiebung
des Stichels in derselben Weise wagerecht vor sich geht. Die Hobel-
maschinen sind aus England herübergekommen, Murray zu Leeds hatte
schon 1814 eine solche in Gebrauch, ebenso Fox in Derby, eine dritte kon-
struierte 1817 Roberts in Manchester. Die Stoßmaschinen scheinen 1830
in England aufgekommen zu sein, die ersten Feilmaschinen führte Reichen-
bach um 1810 ein, doch werden erst seit 1840 größere Maschinen gebaut.

Einen Gegensatz zu allen Werkzeugmaschinen, bei denen die Be-
wegung des Werkstückes oder Werkzeuges eine geradlinige war, bildet
die Drehbank. Schon das Wort drehen deutet an, daß hier eine um-
laufende Bewegung stattfindet, und zwar macht diese stets das Werk-
stück. Die Drehbank ist wohl die älteste, aber auch heute noch wichtigste
Maschine, die in keiner Metallfabrik fehlen darf. In ihrer einfachsten
Form, wie sie beispielsweise in Uhrmacherwerk-
stätten gebraucht wird, zeigt sie Fig. 388. Auf
einem prismatischen Eisenstäbchen C sitzen zwei
"Docken" A und B, A verschiebbar auf C,
B mit C fest verbunden und einen Ansatz h
tragend, vermittels dessen dieser "Drehstuhl" in
den Schraubstock geklemmt werden kann. Jede
Docke trägt ein bewegliches und feststellbares

[Abbildung] Fig. 388.

Drehstuhl.

Stäbchen. Die Stäbchen haben konische, einander zugekehrte Spitzen a b,
die in genau gleicher Höhe liegen. Zwischen die Spitzen wird das
Arbeitsstück, das man vorher an den entsprechenden Stellen mit zwei
feinen Grübchen versehen hat, festgeklemmt. Versieht man das Werk-
stück mit einem Schnurröllchen und wickelt um letzteres eine Schnur,
deren beide Enden an einem Bogen befestigt sind, so muß beim
Hin- und Herziehen des Bogens das Werkstück um die Spitzen
als Drehpunkte sich vorwärts und rückwärts abwechselnd drehen.
Drückt man mit der anderen Hand einen Stichel -- Schneidestahl --
gegen das Werkstück, so muß dieser Spähne ablösen. Zur sicheren
Führung und Unterstützung des Schneidestahls ist zwischen den beiden
Docken die Auflage D verschiebbar angebracht, auf deren in ver-
tikaler Richtung beweglicher Krücke d der Stahl ruhen kann. Bei
den durch Elementarkraft bewegten, überhaupt bei allen größeren Dreh-
bänken ist die eine Spitze direkt mit dem Schwungrad in Verbindung
und dreht sich mit diesem, seine Bewegung dem Werkstück mitteilend;
es findet hier also kein Vor- und Rückwärtsdrehen statt, sondern eine
ständige drehende Bewegung. Großartig in ihren Dimensionen sind
die Maschinendrehbänke, man hat deren bis zu 10 Meter Länge, um
sehr lange Walzen abzudrehen, oder Gewinde in lange Schrauben-
spindeln zu schneiden.

43*

Die Trennungsarbeiten.
Arbeitsbewegung erheblich lang, ſo ſpricht man von eigentlichen Hobel-
oder Planhobelmaſchinen, hebt der Stichel dünnere Spähne auf einer
kurzen Bahn ab, bei ſenkrechter Bewegung desſelben, ſo heißen die
Maſchinen Stoßmaſchinen, Feilmaſchinen endlich, wenn die Verſchiebung
des Stichels in derſelben Weiſe wagerecht vor ſich geht. Die Hobel-
maſchinen ſind aus England herübergekommen, Murray zu Leeds hatte
ſchon 1814 eine ſolche in Gebrauch, ebenſo Fox in Derby, eine dritte kon-
ſtruierte 1817 Roberts in Mancheſter. Die Stoßmaſchinen ſcheinen 1830
in England aufgekommen zu ſein, die erſten Feilmaſchinen führte Reichen-
bach um 1810 ein, doch werden erſt ſeit 1840 größere Maſchinen gebaut.

Einen Gegenſatz zu allen Werkzeugmaſchinen, bei denen die Be-
wegung des Werkſtückes oder Werkzeuges eine geradlinige war, bildet
die Drehbank. Schon das Wort drehen deutet an, daß hier eine um-
laufende Bewegung ſtattfindet, und zwar macht dieſe ſtets das Werk-
ſtück. Die Drehbank iſt wohl die älteſte, aber auch heute noch wichtigſte
Maſchine, die in keiner Metallfabrik fehlen darf. In ihrer einfachſten
Form, wie ſie beiſpielsweiſe in Uhrmacherwerk-
ſtätten gebraucht wird, zeigt ſie Fig. 388. Auf
einem prismatiſchen Eiſenſtäbchen C ſitzen zwei
„Docken“ A und B, A verſchiebbar auf C,
B mit C feſt verbunden und einen Anſatz h
tragend, vermittels deſſen dieſer „Drehſtuhl“ in
den Schraubſtock geklemmt werden kann. Jede
Docke trägt ein bewegliches und feſtſtellbares

[Abbildung] Fig. 388.

Drehſtuhl.

Stäbchen. Die Stäbchen haben koniſche, einander zugekehrte Spitzen a b,
die in genau gleicher Höhe liegen. Zwiſchen die Spitzen wird das
Arbeitsſtück, das man vorher an den entſprechenden Stellen mit zwei
feinen Grübchen verſehen hat, feſtgeklemmt. Verſieht man das Werk-
ſtück mit einem Schnurröllchen und wickelt um letzteres eine Schnur,
deren beide Enden an einem Bogen befeſtigt ſind, ſo muß beim
Hin- und Herziehen des Bogens das Werkſtück um die Spitzen
als Drehpunkte ſich vorwärts und rückwärts abwechſelnd drehen.
Drückt man mit der anderen Hand einen Stichel — Schneideſtahl —
gegen das Werkſtück, ſo muß dieſer Spähne ablöſen. Zur ſicheren
Führung und Unterſtützung des Schneideſtahls iſt zwiſchen den beiden
Docken die Auflage D verſchiebbar angebracht, auf deren in ver-
tikaler Richtung beweglicher Krücke d der Stahl ruhen kann. Bei
den durch Elementarkraft bewegten, überhaupt bei allen größeren Dreh-
bänken iſt die eine Spitze direkt mit dem Schwungrad in Verbindung
und dreht ſich mit dieſem, ſeine Bewegung dem Werkſtück mitteilend;
es findet hier alſo kein Vor- und Rückwärtsdrehen ſtatt, ſondern eine
ſtändige drehende Bewegung. Großartig in ihren Dimenſionen ſind
die Maſchinendrehbänke, man hat deren bis zu 10 Meter Länge, um
ſehr lange Walzen abzudrehen, oder Gewinde in lange Schrauben-
ſpindeln zu ſchneiden.

43*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0693" n="675"/><fw place="top" type="header">Die Trennungsarbeiten.</fw><lb/>
Arbeitsbewegung erheblich lang, &#x017F;o &#x017F;pricht man von eigentlichen Hobel-<lb/>
oder Planhobelma&#x017F;chinen, hebt der Stichel dünnere Spähne auf einer<lb/>
kurzen Bahn ab, bei &#x017F;enkrechter Bewegung des&#x017F;elben, &#x017F;o heißen die<lb/>
Ma&#x017F;chinen Stoßma&#x017F;chinen, Feilma&#x017F;chinen endlich, wenn die Ver&#x017F;chiebung<lb/>
des Stichels in der&#x017F;elben Wei&#x017F;e wagerecht vor &#x017F;ich geht. Die Hobel-<lb/>
ma&#x017F;chinen &#x017F;ind aus England herübergekommen, Murray zu Leeds hatte<lb/>
&#x017F;chon 1814 eine &#x017F;olche in Gebrauch, eben&#x017F;o Fox in Derby, eine dritte kon-<lb/>
&#x017F;truierte 1817 Roberts in Manche&#x017F;ter. Die Stoßma&#x017F;chinen &#x017F;cheinen 1830<lb/>
in England aufgekommen zu &#x017F;ein, die er&#x017F;ten Feilma&#x017F;chinen führte Reichen-<lb/>
bach um 1810 ein, doch werden er&#x017F;t &#x017F;eit 1840 größere Ma&#x017F;chinen gebaut.</p><lb/>
              <p>Einen Gegen&#x017F;atz zu allen Werkzeugma&#x017F;chinen, bei denen die Be-<lb/>
wegung des Werk&#x017F;tückes oder Werkzeuges eine geradlinige war, bildet<lb/>
die Drehbank. Schon das Wort drehen deutet an, daß hier eine um-<lb/>
laufende Bewegung &#x017F;tattfindet, und zwar macht die&#x017F;e &#x017F;tets das Werk-<lb/>
&#x017F;tück. Die Drehbank i&#x017F;t wohl die älte&#x017F;te, aber auch heute noch wichtig&#x017F;te<lb/>
Ma&#x017F;chine, die in keiner Metallfabrik fehlen darf. In ihrer einfach&#x017F;ten<lb/>
Form, wie &#x017F;ie bei&#x017F;pielswei&#x017F;e in Uhrmacherwerk-<lb/>
&#x017F;tätten gebraucht wird, zeigt &#x017F;ie Fig. 388. Auf<lb/>
einem prismati&#x017F;chen Ei&#x017F;en&#x017F;täbchen <hi rendition="#aq">C</hi> &#x017F;itzen zwei<lb/>
&#x201E;Docken&#x201C; <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi>, <hi rendition="#aq">A</hi> ver&#x017F;chiebbar auf <hi rendition="#aq">C</hi>,<lb/><hi rendition="#aq">B</hi> mit <hi rendition="#aq">C</hi> fe&#x017F;t verbunden und einen An&#x017F;atz <hi rendition="#aq">h</hi><lb/>
tragend, vermittels de&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;er &#x201E;Dreh&#x017F;tuhl&#x201C; in<lb/>
den Schraub&#x017F;tock geklemmt werden kann. Jede<lb/>
Docke trägt ein bewegliches und fe&#x017F;t&#x017F;tellbares<lb/><figure><head>Fig. 388. </head><p>Dreh&#x017F;tuhl.</p></figure><lb/>
Stäbchen. Die Stäbchen haben koni&#x017F;che, einander zugekehrte Spitzen <hi rendition="#aq">a b</hi>,<lb/>
die in genau gleicher Höhe liegen. Zwi&#x017F;chen die Spitzen wird das<lb/>
Arbeits&#x017F;tück, das man vorher an den ent&#x017F;prechenden Stellen mit zwei<lb/>
feinen Grübchen ver&#x017F;ehen hat, fe&#x017F;tgeklemmt. Ver&#x017F;ieht man das Werk-<lb/>
&#x017F;tück mit einem Schnurröllchen und wickelt um letzteres eine Schnur,<lb/>
deren beide Enden an einem Bogen befe&#x017F;tigt &#x017F;ind, &#x017F;o muß beim<lb/>
Hin- und Herziehen des Bogens das Werk&#x017F;tück um die Spitzen<lb/>
als Drehpunkte &#x017F;ich vorwärts und rückwärts abwech&#x017F;elnd drehen.<lb/>
Drückt man mit der anderen Hand einen Stichel &#x2014; Schneide&#x017F;tahl &#x2014;<lb/>
gegen das Werk&#x017F;tück, &#x017F;o muß die&#x017F;er Spähne ablö&#x017F;en. Zur &#x017F;icheren<lb/>
Führung und Unter&#x017F;tützung des Schneide&#x017F;tahls i&#x017F;t zwi&#x017F;chen den beiden<lb/>
Docken die Auflage <hi rendition="#aq">D</hi> ver&#x017F;chiebbar angebracht, auf deren in ver-<lb/>
tikaler Richtung beweglicher Krücke <hi rendition="#aq">d</hi> der Stahl ruhen kann. Bei<lb/>
den durch Elementarkraft bewegten, überhaupt bei allen größeren Dreh-<lb/>
bänken i&#x017F;t die eine Spitze direkt mit dem Schwungrad in Verbindung<lb/>
und dreht &#x017F;ich mit die&#x017F;em, &#x017F;eine Bewegung dem Werk&#x017F;tück mitteilend;<lb/>
es findet hier al&#x017F;o kein Vor- und Rückwärtsdrehen &#x017F;tatt, &#x017F;ondern eine<lb/>
&#x017F;tändige drehende Bewegung. Großartig in ihren Dimen&#x017F;ionen &#x017F;ind<lb/>
die Ma&#x017F;chinendrehbänke, man hat deren bis zu 10 Meter Länge, um<lb/>
&#x017F;ehr lange Walzen abzudrehen, oder Gewinde in lange Schrauben-<lb/>
&#x017F;pindeln zu &#x017F;chneiden.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">43*</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[675/0693] Die Trennungsarbeiten. Arbeitsbewegung erheblich lang, ſo ſpricht man von eigentlichen Hobel- oder Planhobelmaſchinen, hebt der Stichel dünnere Spähne auf einer kurzen Bahn ab, bei ſenkrechter Bewegung desſelben, ſo heißen die Maſchinen Stoßmaſchinen, Feilmaſchinen endlich, wenn die Verſchiebung des Stichels in derſelben Weiſe wagerecht vor ſich geht. Die Hobel- maſchinen ſind aus England herübergekommen, Murray zu Leeds hatte ſchon 1814 eine ſolche in Gebrauch, ebenſo Fox in Derby, eine dritte kon- ſtruierte 1817 Roberts in Mancheſter. Die Stoßmaſchinen ſcheinen 1830 in England aufgekommen zu ſein, die erſten Feilmaſchinen führte Reichen- bach um 1810 ein, doch werden erſt ſeit 1840 größere Maſchinen gebaut. Einen Gegenſatz zu allen Werkzeugmaſchinen, bei denen die Be- wegung des Werkſtückes oder Werkzeuges eine geradlinige war, bildet die Drehbank. Schon das Wort drehen deutet an, daß hier eine um- laufende Bewegung ſtattfindet, und zwar macht dieſe ſtets das Werk- ſtück. Die Drehbank iſt wohl die älteſte, aber auch heute noch wichtigſte Maſchine, die in keiner Metallfabrik fehlen darf. In ihrer einfachſten Form, wie ſie beiſpielsweiſe in Uhrmacherwerk- ſtätten gebraucht wird, zeigt ſie Fig. 388. Auf einem prismatiſchen Eiſenſtäbchen C ſitzen zwei „Docken“ A und B, A verſchiebbar auf C, B mit C feſt verbunden und einen Anſatz h tragend, vermittels deſſen dieſer „Drehſtuhl“ in den Schraubſtock geklemmt werden kann. Jede Docke trägt ein bewegliches und feſtſtellbares [Abbildung Fig. 388. Drehſtuhl.] Stäbchen. Die Stäbchen haben koniſche, einander zugekehrte Spitzen a b, die in genau gleicher Höhe liegen. Zwiſchen die Spitzen wird das Arbeitsſtück, das man vorher an den entſprechenden Stellen mit zwei feinen Grübchen verſehen hat, feſtgeklemmt. Verſieht man das Werk- ſtück mit einem Schnurröllchen und wickelt um letzteres eine Schnur, deren beide Enden an einem Bogen befeſtigt ſind, ſo muß beim Hin- und Herziehen des Bogens das Werkſtück um die Spitzen als Drehpunkte ſich vorwärts und rückwärts abwechſelnd drehen. Drückt man mit der anderen Hand einen Stichel — Schneideſtahl — gegen das Werkſtück, ſo muß dieſer Spähne ablöſen. Zur ſicheren Führung und Unterſtützung des Schneideſtahls iſt zwiſchen den beiden Docken die Auflage D verſchiebbar angebracht, auf deren in ver- tikaler Richtung beweglicher Krücke d der Stahl ruhen kann. Bei den durch Elementarkraft bewegten, überhaupt bei allen größeren Dreh- bänken iſt die eine Spitze direkt mit dem Schwungrad in Verbindung und dreht ſich mit dieſem, ſeine Bewegung dem Werkſtück mitteilend; es findet hier alſo kein Vor- und Rückwärtsdrehen ſtatt, ſondern eine ſtändige drehende Bewegung. Großartig in ihren Dimenſionen ſind die Maſchinendrehbänke, man hat deren bis zu 10 Meter Länge, um ſehr lange Walzen abzudrehen, oder Gewinde in lange Schrauben- ſpindeln zu ſchneiden. 43*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/693
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/693>, abgerufen am 22.11.2024.