seiner Schwere von oben her einen mächtigen Antrieb zu verleihen. Endlich aber vermag man den Schwung des Hammers beliebig zu regulieren. Als Kaiser Wilhelm II die Kruppschen Eisenwerke besich- tigte, ließ er sich auch den Riesenhammer vorführen, und siehe da, nachdem dieser soeben eine große Eisenmenge fast zu Brei zermalmt, be- rührte er im Momente darauf des Kaisers goldene Uhr so leise und zart, daß sie unversehrt unter dem Hammer hervorgeholt wurde. Alle diese Vorzüge haben den Dampfhämmern unter allen Konkurrenten den Vorrang gesichert.
James Watt, der Erfinder der Dampfmaschine, war es, der 1784 das Projekt zu einem Dampfhammer aufstellte, das aber nicht zur Ausführung kam. Erst 1842 wurde zu Creusot in Frankreich von dem Mechaniker Bourdon ein Dampfhammer ausgeführt und dem Besitzer der dortigen Eisenwerke, Schneider, patentiert. Die Idee rührte allerdings nicht von Bourdon her, sondern von James Nasmyth zu Patricroft bei Manchester, der schon 1832 die Zeichnungen dazu hergestellt hatte. Bei diesem Hammer bewirkte der Dampf nur das Heben, das Fallen geschah durch die eigene Schwere. Im selben Jahre 1842 trat Nasmyth schon mit einer neuen Idee hervor, indem er auch beim Fallen noch den Dampf fördernd mitwirken ließ. Später haben dann besonders W. Nagler zu Storwich 1854, Condie in Glasgow 1846 und neuerdings eine große Reihe anderer Männer neue und ver- besserte Methoden teils vorgeschlagen, teils auch in Ausführung gebracht.
Die Dampfhämmer sind Rahmen- oder Parallelhämmer. Der Hammer geht nicht in einer Kreislinie, sondern bewegt sich zwischen zwei senkrecht stehenden Gleitschienen auf und nieder. Der Amboß ist entweder mit dem Gerüst, das die Schienen, und oben auf einem Quergerüst den Dampfcylinder trägt, fest verbunden, oder aber, wenn man vermeiden will, daß Hammer, Gerüst und Dampfmaschine durch die Schläge mit erschüttert werden, so ist der Amboß auf einem besonderen Fundament aufgebaut, das in einer Grube liegt, die mit Sand voll- gestampft ist, der jede Übertragung der Erschütterungen verhindert. Die größten Dampfhämmer hat wohl die Kruppsche Werkstatt in Essen, das bedeutendste industrielle Etablissement im Deutschen Reiche. Hier findet man Giganten bis zu einer Schwere von 1000 Centnern. Ist es nicht ein erhebendes Bewußtsein, wenn solche Kolosse dem leisesten Winke des Menschen Folge leisten?
Nicht überall sind übrigens diese großen Hämmer anwendbar. Die Metalle lassen sich ausschmieden, so lange sie glühen, wie es ja auch im Sprichwort heißt: man muß das Eisen schmieden, so lange es noch warm ist, -- also werden überall da, wo es sich nicht um große Massen handelt, die lange ihre Hitze behalten, große Hämmer, die natürlich nur verhältnismäßig langsam sich auf und nieder bewegen können, vorteilhaft durch kleine Hämmer ersetzt, die dafür aber um so schneller arbeiten. Diese Schnellhämmer bieten einen Ersatz für Hand-
Das Schmieden.
ſeiner Schwere von oben her einen mächtigen Antrieb zu verleihen. Endlich aber vermag man den Schwung des Hammers beliebig zu regulieren. Als Kaiſer Wilhelm II die Kruppſchen Eiſenwerke beſich- tigte, ließ er ſich auch den Rieſenhammer vorführen, und ſiehe da, nachdem dieſer ſoeben eine große Eiſenmenge faſt zu Brei zermalmt, be- rührte er im Momente darauf des Kaiſers goldene Uhr ſo leiſe und zart, daß ſie unverſehrt unter dem Hammer hervorgeholt wurde. Alle dieſe Vorzüge haben den Dampfhämmern unter allen Konkurrenten den Vorrang geſichert.
James Watt, der Erfinder der Dampfmaſchine, war es, der 1784 das Projekt zu einem Dampfhammer aufſtellte, das aber nicht zur Ausführung kam. Erſt 1842 wurde zu Creuſot in Frankreich von dem Mechaniker Bourdon ein Dampfhammer ausgeführt und dem Beſitzer der dortigen Eiſenwerke, Schneider, patentiert. Die Idee rührte allerdings nicht von Bourdon her, ſondern von James Nasmyth zu Patricroft bei Mancheſter, der ſchon 1832 die Zeichnungen dazu hergeſtellt hatte. Bei dieſem Hammer bewirkte der Dampf nur das Heben, das Fallen geſchah durch die eigene Schwere. Im ſelben Jahre 1842 trat Nasmyth ſchon mit einer neuen Idee hervor, indem er auch beim Fallen noch den Dampf fördernd mitwirken ließ. Später haben dann beſonders W. Nagler zu Storwich 1854, Condie in Glasgow 1846 und neuerdings eine große Reihe anderer Männer neue und ver- beſſerte Methoden teils vorgeſchlagen, teils auch in Ausführung gebracht.
Die Dampfhämmer ſind Rahmen- oder Parallelhämmer. Der Hammer geht nicht in einer Kreislinie, ſondern bewegt ſich zwiſchen zwei ſenkrecht ſtehenden Gleitſchienen auf und nieder. Der Amboß iſt entweder mit dem Gerüſt, das die Schienen, und oben auf einem Quergerüſt den Dampfcylinder trägt, feſt verbunden, oder aber, wenn man vermeiden will, daß Hammer, Gerüſt und Dampfmaſchine durch die Schläge mit erſchüttert werden, ſo iſt der Amboß auf einem beſonderen Fundament aufgebaut, das in einer Grube liegt, die mit Sand voll- geſtampft iſt, der jede Übertragung der Erſchütterungen verhindert. Die größten Dampfhämmer hat wohl die Kruppſche Werkſtatt in Eſſen, das bedeutendſte induſtrielle Etabliſſement im Deutſchen Reiche. Hier findet man Giganten bis zu einer Schwere von 1000 Centnern. Iſt es nicht ein erhebendes Bewußtſein, wenn ſolche Koloſſe dem leiſeſten Winke des Menſchen Folge leiſten?
Nicht überall ſind übrigens dieſe großen Hämmer anwendbar. Die Metalle laſſen ſich ausſchmieden, ſo lange ſie glühen, wie es ja auch im Sprichwort heißt: man muß das Eiſen ſchmieden, ſo lange es noch warm iſt, — alſo werden überall da, wo es ſich nicht um große Maſſen handelt, die lange ihre Hitze behalten, große Hämmer, die natürlich nur verhältnismäßig langſam ſich auf und nieder bewegen können, vorteilhaft durch kleine Hämmer erſetzt, die dafür aber um ſo ſchneller arbeiten. Dieſe Schnellhämmer bieten einen Erſatz für Hand-
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Das Schmieden.
ſeiner Schwere von oben her einen mächtigen Antrieb zu verleihen.
Endlich aber vermag man den Schwung des Hammers beliebig zu
regulieren. Als Kaiſer Wilhelm II die Kruppſchen Eiſenwerke beſich-
tigte, ließ er ſich auch den Rieſenhammer vorführen, und ſiehe da,
nachdem dieſer ſoeben eine große Eiſenmenge faſt zu Brei zermalmt, be-
rührte er im Momente darauf des Kaiſers goldene Uhr ſo leiſe und
zart, daß ſie unverſehrt unter dem Hammer hervorgeholt wurde. Alle
dieſe Vorzüge haben den Dampfhämmern unter allen Konkurrenten
den Vorrang geſichert.
James Watt, der Erfinder der Dampfmaſchine, war es, der 1784
das Projekt zu einem Dampfhammer aufſtellte, das aber nicht zur
Ausführung kam. Erſt 1842 wurde zu Creuſot in Frankreich von dem
Mechaniker Bourdon ein Dampfhammer ausgeführt und dem Beſitzer
der dortigen Eiſenwerke, Schneider, patentiert. Die Idee rührte
allerdings nicht von Bourdon her, ſondern von James Nasmyth
zu Patricroft bei Mancheſter, der ſchon 1832 die Zeichnungen dazu
hergeſtellt hatte. Bei dieſem Hammer bewirkte der Dampf nur das
Heben, das Fallen geſchah durch die eigene Schwere. Im ſelben Jahre
1842 trat Nasmyth ſchon mit einer neuen Idee hervor, indem er auch
beim Fallen noch den Dampf fördernd mitwirken ließ. Später haben
dann beſonders W. Nagler zu Storwich 1854, Condie in Glasgow
1846 und neuerdings eine große Reihe anderer Männer neue und ver-
beſſerte Methoden teils vorgeſchlagen, teils auch in Ausführung gebracht.
Die Dampfhämmer ſind Rahmen- oder Parallelhämmer. Der
Hammer geht nicht in einer Kreislinie, ſondern bewegt ſich zwiſchen
zwei ſenkrecht ſtehenden Gleitſchienen auf und nieder. Der Amboß iſt
entweder mit dem Gerüſt, das die Schienen, und oben auf einem
Quergerüſt den Dampfcylinder trägt, feſt verbunden, oder aber, wenn
man vermeiden will, daß Hammer, Gerüſt und Dampfmaſchine durch
die Schläge mit erſchüttert werden, ſo iſt der Amboß auf einem beſonderen
Fundament aufgebaut, das in einer Grube liegt, die mit Sand voll-
geſtampft iſt, der jede Übertragung der Erſchütterungen verhindert. Die
größten Dampfhämmer hat wohl die Kruppſche Werkſtatt in Eſſen, das
bedeutendſte induſtrielle Etabliſſement im Deutſchen Reiche. Hier findet
man Giganten bis zu einer Schwere von 1000 Centnern. Iſt es nicht
ein erhebendes Bewußtſein, wenn ſolche Koloſſe dem leiſeſten Winke
des Menſchen Folge leiſten?
Nicht überall ſind übrigens dieſe großen Hämmer anwendbar.
Die Metalle laſſen ſich ausſchmieden, ſo lange ſie glühen, wie es ja
auch im Sprichwort heißt: man muß das Eiſen ſchmieden, ſo lange
es noch warm iſt, — alſo werden überall da, wo es ſich nicht um
große Maſſen handelt, die lange ihre Hitze behalten, große Hämmer,
die natürlich nur verhältnismäßig langſam ſich auf und nieder bewegen
können, vorteilhaft durch kleine Hämmer erſetzt, die dafür aber um ſo
ſchneller arbeiten. Dieſe Schnellhämmer bieten einen Erſatz für Hand-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/667>, abgerufen am 22.11.2024.
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