auch Thon statt des kostspieligen Wachses an. Bei kleinen Statuen, bei Büsten, Vasen und allen Gegenständen, die fabrikmäßig in großer Zahl hergestellt werden sollen, greift man zum Sandguß. Diese Stücke werden aus Wachs in einer mehrteiligen Gipsform hohl gegossen, indem man die Form stürzt, d. h. nach teilweisem Erstarren des Wachses umkehrt und das noch Flüssige auslaufen läßt. Die Form wird dann mit einem warmen Messer zerschnitten, über einem Kern von Lehm oder festem Sande wieder zusammengesetzt und nun mit einem Lehm- mantel umgeben oder in einem zweiteiligen Formkasten in festem Sande eingeformt. Endlich wird das Wachs ausgeschmolzen. Wunderlich sieht eine Form bei sehr gegliederten und verwickelten Güssen aus, indem sie aus einer Unzahl von Keilstücken zusammengesetzt wird, die hinten von Lehm umgeben sind. Bei einer Adlerschwinge z. B. muß für jede Feder ein besonderer Keil eingesetzt werden. Das Gußstück erhält dadurch eine große Zahl von Gußnähten, die nachher erst wieder wegciseliert werden müssen.
Der Geschützguß hat ebenfalls eine Reihe von Wandlungen durch- machen müssen. Die ersten deutschen Bronzegeschütze sollen 1372 von Aarau in Augsburg hergestellt sein. Man goß sie bis Mitte des 17. Jahrhunderts hohl über einen Kern, seit 1740 und 1748 aber werden sie nach dem Vorgehen des französischen Marine-Inspektors Maritz massiv ausgeführt und nachher ausgebohrt. Der Modellkörper wird aus Lehm über einem viereckigen Eisengerüst hergestellt und Inschrift und Verzierungen aus Wachs aufgeklebt. Um dies Hemde wird, wie beim Glockenguß der Mantel geformt. Seit Anfang dieses Jahr- hunderts wendet man Bronzemodelle an, die in Stücke geteilt und einzeln in Formkästen in der oben beschriebenen Weise mit Masse um- stampft werden. Die Kästen werden dann zusammengesetzt. Beim Gießen ist das dicke Ende unten, und oben noch ein verlorener Kopf aufgesetzt.
Der Zinkguß wurde in früheren Zeiten sehr wenig betrieben, kommt aber immer mehr in Aufnahme, namentlich als Ersatz für die teure Bronze. Statuen, Kronleuchter, Kunstgegenstände aller Art werden aus Zink gearbeitet und dann bronziert. Diese sogenannte unechte Bronze sieht gut aus und ist gegenüber der echten sehr billig. Zink gießt sich mit sehr glatter Oberfläche und giebt alle feinen Züge des Modells wieder, es bedarf daher nur geringer Nacharbeit. Sehr beliebt sind in neuerer Zeit für Massenartikel die Stürzformen. Über ein Gipsmodell wird ein Bronzemantel gegossen, der dann inwendig von einem Ciseleur sehr sorgfältig nachgearbeitet wird, eine besonders schwierige Arbeit, da alle Erhöhungen des Gusses als Vertiefungen in der Form und umgekehrt erscheinen. Beim Guß wird die Form gedreht, so daß nur eine dünne Metallschicht an der Wandung der Form sitzen bleibt. Das überschüssige Metall wird durch Umkehren der Form entfernt. Sehr beliebt sind die elastischen Leimmodelle,
Die Metallverarbeitung.
auch Thon ſtatt des koſtſpieligen Wachſes an. Bei kleinen Statuen, bei Büſten, Vaſen und allen Gegenſtänden, die fabrikmäßig in großer Zahl hergeſtellt werden ſollen, greift man zum Sandguß. Dieſe Stücke werden aus Wachs in einer mehrteiligen Gipsform hohl gegoſſen, indem man die Form ſtürzt, d. h. nach teilweiſem Erſtarren des Wachſes umkehrt und das noch Flüſſige auslaufen läßt. Die Form wird dann mit einem warmen Meſſer zerſchnitten, über einem Kern von Lehm oder feſtem Sande wieder zuſammengeſetzt und nun mit einem Lehm- mantel umgeben oder in einem zweiteiligen Formkaſten in feſtem Sande eingeformt. Endlich wird das Wachs ausgeſchmolzen. Wunderlich ſieht eine Form bei ſehr gegliederten und verwickelten Güſſen aus, indem ſie aus einer Unzahl von Keilſtücken zuſammengeſetzt wird, die hinten von Lehm umgeben ſind. Bei einer Adlerſchwinge z. B. muß für jede Feder ein beſonderer Keil eingeſetzt werden. Das Gußſtück erhält dadurch eine große Zahl von Gußnähten, die nachher erſt wieder wegciſeliert werden müſſen.
Der Geſchützguß hat ebenfalls eine Reihe von Wandlungen durch- machen müſſen. Die erſten deutſchen Bronzegeſchütze ſollen 1372 von Aarau in Augsburg hergeſtellt ſein. Man goß ſie bis Mitte des 17. Jahrhunderts hohl über einen Kern, ſeit 1740 und 1748 aber werden ſie nach dem Vorgehen des franzöſiſchen Marine-Inſpektors Maritz maſſiv ausgeführt und nachher ausgebohrt. Der Modellkörper wird aus Lehm über einem viereckigen Eiſengerüſt hergeſtellt und Inſchrift und Verzierungen aus Wachs aufgeklebt. Um dies Hemde wird, wie beim Glockenguß der Mantel geformt. Seit Anfang dieſes Jahr- hunderts wendet man Bronzemodelle an, die in Stücke geteilt und einzeln in Formkäſten in der oben beſchriebenen Weiſe mit Maſſe um- ſtampft werden. Die Käſten werden dann zuſammengeſetzt. Beim Gießen iſt das dicke Ende unten, und oben noch ein verlorener Kopf aufgeſetzt.
Der Zinkguß wurde in früheren Zeiten ſehr wenig betrieben, kommt aber immer mehr in Aufnahme, namentlich als Erſatz für die teure Bronze. Statuen, Kronleuchter, Kunſtgegenſtände aller Art werden aus Zink gearbeitet und dann bronziert. Dieſe ſogenannte unechte Bronze ſieht gut aus und iſt gegenüber der echten ſehr billig. Zink gießt ſich mit ſehr glatter Oberfläche und giebt alle feinen Züge des Modells wieder, es bedarf daher nur geringer Nacharbeit. Sehr beliebt ſind in neuerer Zeit für Maſſenartikel die Stürzformen. Über ein Gipsmodell wird ein Bronzemantel gegoſſen, der dann inwendig von einem Ciſeleur ſehr ſorgfältig nachgearbeitet wird, eine beſonders ſchwierige Arbeit, da alle Erhöhungen des Guſſes als Vertiefungen in der Form und umgekehrt erſcheinen. Beim Guß wird die Form gedreht, ſo daß nur eine dünne Metallſchicht an der Wandung der Form ſitzen bleibt. Das überſchüſſige Metall wird durch Umkehren der Form entfernt. Sehr beliebt ſind die elaſtiſchen Leimmodelle,
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[638/0656]
Die Metallverarbeitung.
auch Thon ſtatt des koſtſpieligen Wachſes an. Bei kleinen Statuen, bei
Büſten, Vaſen und allen Gegenſtänden, die fabrikmäßig in großer Zahl
hergeſtellt werden ſollen, greift man zum Sandguß. Dieſe Stücke
werden aus Wachs in einer mehrteiligen Gipsform hohl gegoſſen, indem
man die Form ſtürzt, d. h. nach teilweiſem Erſtarren des Wachſes
umkehrt und das noch Flüſſige auslaufen läßt. Die Form wird dann
mit einem warmen Meſſer zerſchnitten, über einem Kern von Lehm
oder feſtem Sande wieder zuſammengeſetzt und nun mit einem Lehm-
mantel umgeben oder in einem zweiteiligen Formkaſten in feſtem Sande
eingeformt. Endlich wird das Wachs ausgeſchmolzen. Wunderlich
ſieht eine Form bei ſehr gegliederten und verwickelten Güſſen aus,
indem ſie aus einer Unzahl von Keilſtücken zuſammengeſetzt wird, die
hinten von Lehm umgeben ſind. Bei einer Adlerſchwinge z. B. muß
für jede Feder ein beſonderer Keil eingeſetzt werden. Das Gußſtück
erhält dadurch eine große Zahl von Gußnähten, die nachher erſt wieder
wegciſeliert werden müſſen.
Der Geſchützguß hat ebenfalls eine Reihe von Wandlungen durch-
machen müſſen. Die erſten deutſchen Bronzegeſchütze ſollen 1372 von
Aarau in Augsburg hergeſtellt ſein. Man goß ſie bis Mitte des
17. Jahrhunderts hohl über einen Kern, ſeit 1740 und 1748 aber
werden ſie nach dem Vorgehen des franzöſiſchen Marine-Inſpektors
Maritz maſſiv ausgeführt und nachher ausgebohrt. Der Modellkörper
wird aus Lehm über einem viereckigen Eiſengerüſt hergeſtellt und Inſchrift
und Verzierungen aus Wachs aufgeklebt. Um dies Hemde wird, wie
beim Glockenguß der Mantel geformt. Seit Anfang dieſes Jahr-
hunderts wendet man Bronzemodelle an, die in Stücke geteilt und
einzeln in Formkäſten in der oben beſchriebenen Weiſe mit Maſſe um-
ſtampft werden. Die Käſten werden dann zuſammengeſetzt. Beim
Gießen iſt das dicke Ende unten, und oben noch ein verlorener Kopf
aufgeſetzt.
Der Zinkguß wurde in früheren Zeiten ſehr wenig betrieben,
kommt aber immer mehr in Aufnahme, namentlich als Erſatz für
die teure Bronze. Statuen, Kronleuchter, Kunſtgegenſtände aller
Art werden aus Zink gearbeitet und dann bronziert. Dieſe ſogenannte
unechte Bronze ſieht gut aus und iſt gegenüber der echten ſehr billig.
Zink gießt ſich mit ſehr glatter Oberfläche und giebt alle feinen Züge
des Modells wieder, es bedarf daher nur geringer Nacharbeit. Sehr
beliebt ſind in neuerer Zeit für Maſſenartikel die Stürzformen. Über
ein Gipsmodell wird ein Bronzemantel gegoſſen, der dann inwendig
von einem Ciſeleur ſehr ſorgfältig nachgearbeitet wird, eine beſonders
ſchwierige Arbeit, da alle Erhöhungen des Guſſes als Vertiefungen
in der Form und umgekehrt erſcheinen. Beim Guß wird die Form
gedreht, ſo daß nur eine dünne Metallſchicht an der Wandung der
Form ſitzen bleibt. Das überſchüſſige Metall wird durch Umkehren
der Form entfernt. Sehr beliebt ſind die elaſtiſchen Leimmodelle,
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/656>, abgerufen am 22.11.2024.
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