größte Verbreitung haben aber die Räderformmaschinen für Zahnräder gefunden, für welche eine große Anzahl von Patenten genommen sind.
Das Gießen selbst ist eine verhältnismäßig einfache Sache. Die Formen erhalten ein Gießloch, und bei kleinen Gegenständen wird mit Schöpfkelle oder Eimer das flüssige Metall durch dasselbe hinein- gegossen. Größere Gußstücke werden durch viele Öffnungen gleichzeitig gefüllt, meist direkt aus Hochöfen, und das Metall durch in den Hütten- boden gegrabene Kanäle zugeführt. Da das Metall beim Erkalten sich zusammenzieht, -- schwindet, -- so wird die Form etwas größer gebaut, wie das Gußstück; vielfach wird sie auch noch mit einem Aufsatz versehen, dem verlorenen Kopf, der nach dem Guß beseitigt wird, und aus welchem das Metall nachfließen kann. Immer ist darauf zu achten, daß die sich entwickelnden Dämpfe und die aus dem Metall hervorbrechenden Gase, so schnell wie möglich abziehen können; die Zahl der Windpfeifen muß also genügend groß sein.
Die Eisengießerei war im Altertum unbekannt, denn man war damals nicht imstande, so hohe Hitzegrade zu erzielen, daß man ver- mocht hätte, Eisen zu schmelzen. Erst aus dem Jahre 1490 kommt die Nachricht, daß im Elsaß eiserne Öfen gegossen wurden. 1547 fertigte man in England eiserne Kanonen, 1780 goß man auf der Hütte Lauch- hammer die ersten eisernen Statuen. Den Feinguß betrieb zuerst die Anfang des 19. Jahrhunderts angelegte königliche Eisengießerei zu Berlin. Die erste Eisenbrücke wurde in England 1773--1777 über den Severnfluß geschlagen. Früher goß man Eisen ausschließlich in Lehmformen, jetzt kommen alle oben genannten Methoden in Anwendung. Heutigen Tages kann man sich kaum eine Vorstellung davon machen, wie unsere Vorfahren ohne Eisen haben durchkommen können, denn seit der Erfindung des Gusses hat dieses Metall sich im Fluge die Welt erobert. Zum Segen der Menschheit hat es namentlich das Holz erfolgreich aus dem Felde geschlagen; denn was sollte aus den Wäldern werden, würden nicht Streben und Träger, ja selbst ganze Gebäude und Schiffe, landwirtschaftliche und andere Maschinen, Brunnen- röhren u. s. w. aus Eisen verfertigt, lauter Gegenstände, zu deren Her- stellung früher ausschließlich Holz benutzt wurde. Auch mit anderen Metallen, namentlich mit der Bronze, ist das Gußeisen erfolgreich in Konkurrenz getreten und die zierlichsten Kunstwerke von außerordent- licher Feinheit der Ausführung werden in den Eisengießereien an- gefertigt. In allerjüngster Zeit hat eine Abart des Eisens, der Stahl, einen erfolgreichen Wettbewerb mit demselben angefangen.
Der Stahlguß geht in gleicher Weise vor sich, wie der Eisenguß, nur daß man sich hier ausschließlich der Formen aus fettem Sande oder aus Lehm bedient, die ganz besonders feuerbeständig sein müssen. Stahl ist bedcutend widerstandsfähiger wie Eisen, bei gleichen An- forderungen an die Leistungsfähigkeit können daher Gußstahlstücke von sehr viel geringeren Dimensionen gewählt werden. Man benutzt also
Das Gießen.
größte Verbreitung haben aber die Räderformmaſchinen für Zahnräder gefunden, für welche eine große Anzahl von Patenten genommen ſind.
Das Gießen ſelbſt iſt eine verhältnismäßig einfache Sache. Die Formen erhalten ein Gießloch, und bei kleinen Gegenſtänden wird mit Schöpfkelle oder Eimer das flüſſige Metall durch dasſelbe hinein- gegoſſen. Größere Gußſtücke werden durch viele Öffnungen gleichzeitig gefüllt, meiſt direkt aus Hochöfen, und das Metall durch in den Hütten- boden gegrabene Kanäle zugeführt. Da das Metall beim Erkalten ſich zuſammenzieht, — ſchwindet, — ſo wird die Form etwas größer gebaut, wie das Gußſtück; vielfach wird ſie auch noch mit einem Aufſatz verſehen, dem verlorenen Kopf, der nach dem Guß beſeitigt wird, und aus welchem das Metall nachfließen kann. Immer iſt darauf zu achten, daß die ſich entwickelnden Dämpfe und die aus dem Metall hervorbrechenden Gaſe, ſo ſchnell wie möglich abziehen können; die Zahl der Windpfeifen muß alſo genügend groß ſein.
Die Eiſengießerei war im Altertum unbekannt, denn man war damals nicht imſtande, ſo hohe Hitzegrade zu erzielen, daß man ver- mocht hätte, Eiſen zu ſchmelzen. Erſt aus dem Jahre 1490 kommt die Nachricht, daß im Elſaß eiſerne Öfen gegoſſen wurden. 1547 fertigte man in England eiſerne Kanonen, 1780 goß man auf der Hütte Lauch- hammer die erſten eiſernen Statuen. Den Feinguß betrieb zuerſt die Anfang des 19. Jahrhunderts angelegte königliche Eiſengießerei zu Berlin. Die erſte Eiſenbrücke wurde in England 1773—1777 über den Severnfluß geſchlagen. Früher goß man Eiſen ausſchließlich in Lehmformen, jetzt kommen alle oben genannten Methoden in Anwendung. Heutigen Tages kann man ſich kaum eine Vorſtellung davon machen, wie unſere Vorfahren ohne Eiſen haben durchkommen können, denn ſeit der Erfindung des Guſſes hat dieſes Metall ſich im Fluge die Welt erobert. Zum Segen der Menſchheit hat es namentlich das Holz erfolgreich aus dem Felde geſchlagen; denn was ſollte aus den Wäldern werden, würden nicht Streben und Träger, ja ſelbſt ganze Gebäude und Schiffe, landwirtſchaftliche und andere Maſchinen, Brunnen- röhren u. ſ. w. aus Eiſen verfertigt, lauter Gegenſtände, zu deren Her- ſtellung früher ausſchließlich Holz benutzt wurde. Auch mit anderen Metallen, namentlich mit der Bronze, iſt das Gußeiſen erfolgreich in Konkurrenz getreten und die zierlichſten Kunſtwerke von außerordent- licher Feinheit der Ausführung werden in den Eiſengießereien an- gefertigt. In allerjüngſter Zeit hat eine Abart des Eiſens, der Stahl, einen erfolgreichen Wettbewerb mit demſelben angefangen.
Der Stahlguß geht in gleicher Weiſe vor ſich, wie der Eiſenguß, nur daß man ſich hier ausſchließlich der Formen aus fettem Sande oder aus Lehm bedient, die ganz beſonders feuerbeſtändig ſein müſſen. Stahl iſt bedcutend widerſtandsfähiger wie Eiſen, bei gleichen An- forderungen an die Leiſtungsfähigkeit können daher Gußſtahlſtücke von ſehr viel geringeren Dimenſionen gewählt werden. Man benutzt alſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0653"n="635"/><fwplace="top"type="header">Das Gießen.</fw><lb/>
größte Verbreitung haben aber die Räderformmaſchinen für Zahnräder<lb/>
gefunden, für welche eine große Anzahl von Patenten genommen ſind.</p><lb/><p>Das Gießen ſelbſt iſt eine verhältnismäßig einfache Sache. Die<lb/>
Formen erhalten ein Gießloch, und bei kleinen Gegenſtänden wird mit<lb/>
Schöpfkelle oder Eimer das flüſſige Metall durch dasſelbe hinein-<lb/>
gegoſſen. Größere Gußſtücke werden durch viele Öffnungen gleichzeitig<lb/>
gefüllt, meiſt direkt aus Hochöfen, und das Metall durch in den Hütten-<lb/>
boden gegrabene Kanäle zugeführt. Da das Metall beim Erkalten<lb/>ſich zuſammenzieht, —ſchwindet, —ſo wird die Form etwas größer<lb/>
gebaut, wie das Gußſtück; vielfach wird ſie auch noch mit einem<lb/>
Aufſatz verſehen, dem verlorenen Kopf, der nach dem Guß beſeitigt<lb/>
wird, und aus welchem das Metall nachfließen kann. Immer iſt darauf<lb/>
zu achten, daß die ſich entwickelnden Dämpfe und die aus dem Metall<lb/>
hervorbrechenden Gaſe, ſo ſchnell wie möglich abziehen können; die<lb/>
Zahl der Windpfeifen muß alſo genügend groß ſein.</p><lb/><p>Die Eiſengießerei war im Altertum unbekannt, denn man war<lb/>
damals nicht imſtande, ſo hohe Hitzegrade zu erzielen, daß man ver-<lb/>
mocht hätte, Eiſen zu ſchmelzen. Erſt aus dem Jahre 1490 kommt<lb/>
die Nachricht, daß im Elſaß eiſerne Öfen gegoſſen wurden. 1547 fertigte<lb/>
man in England eiſerne Kanonen, 1780 goß man auf der Hütte Lauch-<lb/>
hammer die erſten eiſernen Statuen. Den Feinguß betrieb zuerſt die<lb/>
Anfang des 19. Jahrhunderts angelegte königliche Eiſengießerei zu<lb/>
Berlin. Die erſte Eiſenbrücke wurde in England 1773—1777 über<lb/>
den Severnfluß geſchlagen. Früher goß man Eiſen ausſchließlich in<lb/>
Lehmformen, jetzt kommen alle oben genannten Methoden in Anwendung.<lb/>
Heutigen Tages kann man ſich kaum eine Vorſtellung davon machen,<lb/>
wie unſere Vorfahren ohne Eiſen haben durchkommen können, denn<lb/>ſeit der Erfindung des Guſſes hat dieſes Metall ſich im Fluge die<lb/>
Welt erobert. Zum Segen der Menſchheit hat es namentlich das<lb/>
Holz erfolgreich aus dem Felde geſchlagen; denn was ſollte aus den<lb/>
Wäldern werden, würden nicht Streben und Träger, ja ſelbſt ganze<lb/>
Gebäude und Schiffe, landwirtſchaftliche und andere Maſchinen, Brunnen-<lb/>
röhren u. ſ. w. aus Eiſen verfertigt, lauter Gegenſtände, zu deren Her-<lb/>ſtellung früher ausſchließlich Holz benutzt wurde. Auch mit anderen<lb/>
Metallen, namentlich mit der Bronze, iſt das Gußeiſen erfolgreich in<lb/>
Konkurrenz getreten und die zierlichſten Kunſtwerke von außerordent-<lb/>
licher Feinheit der Ausführung werden in den Eiſengießereien an-<lb/>
gefertigt. In allerjüngſter Zeit hat eine Abart des Eiſens, der Stahl,<lb/>
einen erfolgreichen Wettbewerb mit demſelben angefangen.</p><lb/><p>Der Stahlguß geht in gleicher Weiſe vor ſich, wie der Eiſenguß,<lb/>
nur daß man ſich hier ausſchließlich der Formen aus fettem Sande<lb/>
oder aus Lehm bedient, die ganz beſonders feuerbeſtändig ſein müſſen.<lb/>
Stahl iſt bedcutend widerſtandsfähiger wie Eiſen, bei gleichen An-<lb/>
forderungen an die Leiſtungsfähigkeit können daher Gußſtahlſtücke von<lb/>ſehr viel geringeren Dimenſionen gewählt werden. Man benutzt alſo<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[635/0653]
Das Gießen.
größte Verbreitung haben aber die Räderformmaſchinen für Zahnräder
gefunden, für welche eine große Anzahl von Patenten genommen ſind.
Das Gießen ſelbſt iſt eine verhältnismäßig einfache Sache. Die
Formen erhalten ein Gießloch, und bei kleinen Gegenſtänden wird mit
Schöpfkelle oder Eimer das flüſſige Metall durch dasſelbe hinein-
gegoſſen. Größere Gußſtücke werden durch viele Öffnungen gleichzeitig
gefüllt, meiſt direkt aus Hochöfen, und das Metall durch in den Hütten-
boden gegrabene Kanäle zugeführt. Da das Metall beim Erkalten
ſich zuſammenzieht, — ſchwindet, — ſo wird die Form etwas größer
gebaut, wie das Gußſtück; vielfach wird ſie auch noch mit einem
Aufſatz verſehen, dem verlorenen Kopf, der nach dem Guß beſeitigt
wird, und aus welchem das Metall nachfließen kann. Immer iſt darauf
zu achten, daß die ſich entwickelnden Dämpfe und die aus dem Metall
hervorbrechenden Gaſe, ſo ſchnell wie möglich abziehen können; die
Zahl der Windpfeifen muß alſo genügend groß ſein.
Die Eiſengießerei war im Altertum unbekannt, denn man war
damals nicht imſtande, ſo hohe Hitzegrade zu erzielen, daß man ver-
mocht hätte, Eiſen zu ſchmelzen. Erſt aus dem Jahre 1490 kommt
die Nachricht, daß im Elſaß eiſerne Öfen gegoſſen wurden. 1547 fertigte
man in England eiſerne Kanonen, 1780 goß man auf der Hütte Lauch-
hammer die erſten eiſernen Statuen. Den Feinguß betrieb zuerſt die
Anfang des 19. Jahrhunderts angelegte königliche Eiſengießerei zu
Berlin. Die erſte Eiſenbrücke wurde in England 1773—1777 über
den Severnfluß geſchlagen. Früher goß man Eiſen ausſchließlich in
Lehmformen, jetzt kommen alle oben genannten Methoden in Anwendung.
Heutigen Tages kann man ſich kaum eine Vorſtellung davon machen,
wie unſere Vorfahren ohne Eiſen haben durchkommen können, denn
ſeit der Erfindung des Guſſes hat dieſes Metall ſich im Fluge die
Welt erobert. Zum Segen der Menſchheit hat es namentlich das
Holz erfolgreich aus dem Felde geſchlagen; denn was ſollte aus den
Wäldern werden, würden nicht Streben und Träger, ja ſelbſt ganze
Gebäude und Schiffe, landwirtſchaftliche und andere Maſchinen, Brunnen-
röhren u. ſ. w. aus Eiſen verfertigt, lauter Gegenſtände, zu deren Her-
ſtellung früher ausſchließlich Holz benutzt wurde. Auch mit anderen
Metallen, namentlich mit der Bronze, iſt das Gußeiſen erfolgreich in
Konkurrenz getreten und die zierlichſten Kunſtwerke von außerordent-
licher Feinheit der Ausführung werden in den Eiſengießereien an-
gefertigt. In allerjüngſter Zeit hat eine Abart des Eiſens, der Stahl,
einen erfolgreichen Wettbewerb mit demſelben angefangen.
Der Stahlguß geht in gleicher Weiſe vor ſich, wie der Eiſenguß,
nur daß man ſich hier ausſchließlich der Formen aus fettem Sande
oder aus Lehm bedient, die ganz beſonders feuerbeſtändig ſein müſſen.
Stahl iſt bedcutend widerſtandsfähiger wie Eiſen, bei gleichen An-
forderungen an die Leiſtungsfähigkeit können daher Gußſtahlſtücke von
ſehr viel geringeren Dimenſionen gewählt werden. Man benutzt alſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/653>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.