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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Nahrungs- und Genußmittel.

Wie schon im Anfang gesagt, kennt man bisher nur sehr wenige
Ersatzmittel für die Kakaobohne und selbst über diese fehlen genauere
Angaben. So wird eine Erdeichel Südkarolinas (Arachis hypogaea),
deren Samen unter der Erde reift, geröstet und wie der Kakao zu-
bereitet; in Spanien dient die geröstete, sehr ölige Wurzelknolle von

[Abbildung] Fig. 318.

Zweig der Doboa.

Cyperus esculentus, einer Grasart,
als besagtes Surrogat. Endlich be-
richten Afrikareisende, daß im westlichen
Sudan die Frucht der Dodoa (Parkia
africana
) -- in Fig. 318 mit Zweig und
Blättern abgebildet -- als Ersatz für
Schokolade allgemein im Gebrauche ist.

Vergleichen wir die drei Aufguß-
getränke, Kaffee, Thee und Schokolade
mit einander, so finden wir, daß sie
alle drei durch ihren Gehalt an Kaffein
bezw. Theobromin anregend wirken,
wobei quantitativ der Gehalt an Theo-
bromin beim Kakao die Mitte zwischen
Thee und Kaffee hält. Das nahrhaf-
teste Getränk von allen dreien ist die
Schokolade infolge ihres hohen Gehaltes
an Fett und Eiweißkörpern, während der Thee mitunter störend auf
die Verdauung wirken kann, da er die meiste Gerbsäure enthält, und
diese unter gewissen Umständen die für die Verdauung notwendige
Verwandlung der Eiweißkörper in Peptone hindert.

Dr. Max Weitz.

c) Die narkotischen Genußmittel: Tabak, Opium,
Hanf, Koka, Hopfen.

Den vorher beschriebenen Genußmitteln stehen noch diejenigen einer
anderen Klasse, nämlich die narkotischen Genußmittel sehr nahe, denn
auch sie haben die Eigenschaft, in kleinen Mengen genossen, uns an-
zuregen, unser Kraftgefühl zu steigern, wohlthätig auf unser ganzes
Nervensystem zu wirken und uns über manche Beschwerlichkeit des
Lebens hinwegzuhelfen. Anderseits wirken aber auch sie im Übermaß
genossen sehr schädlich und erzeugen schließlich Rausch und Betäubung.
Aber streng genommen kann man sie nicht für unentbehrlich halten,
und werden sie, wie z. B. das wichtigste und verbreitetste unter ihnen,
der Tabak, erst durch die Angewöhnung in gewissem Sinne unentbehr-
lich, oder es hält doch wenigstens dann sehr schwer diese Gewohnheit
aufzugeben. Anderseits kann man gewiß nicht behaupten, daß zahl-
reiche Menschen, die sich niemals den Tabakgenuß in irgend welcher

Nahrungs- und Genußmittel.

Wie ſchon im Anfang geſagt, kennt man bisher nur ſehr wenige
Erſatzmittel für die Kakaobohne und ſelbſt über dieſe fehlen genauere
Angaben. So wird eine Erdeichel Südkarolinas (Arachis hypogaea),
deren Samen unter der Erde reift, geröſtet und wie der Kakao zu-
bereitet; in Spanien dient die geröſtete, ſehr ölige Wurzelknolle von

[Abbildung] Fig. 318.

Zweig der Doboa.

Cyperus esculentus, einer Grasart,
als beſagtes Surrogat. Endlich be-
richten Afrikareiſende, daß im weſtlichen
Sudan die Frucht der Dodoa (Parkia
africana
) — in Fig. 318 mit Zweig und
Blättern abgebildet — als Erſatz für
Schokolade allgemein im Gebrauche iſt.

Vergleichen wir die drei Aufguß-
getränke, Kaffee, Thee und Schokolade
mit einander, ſo finden wir, daß ſie
alle drei durch ihren Gehalt an Kaffeïn
bezw. Theobromin anregend wirken,
wobei quantitativ der Gehalt an Theo-
bromin beim Kakao die Mitte zwiſchen
Thee und Kaffee hält. Das nahrhaf-
teſte Getränk von allen dreien iſt die
Schokolade infolge ihres hohen Gehaltes
an Fett und Eiweißkörpern, während der Thee mitunter ſtörend auf
die Verdauung wirken kann, da er die meiſte Gerbſäure enthält, und
dieſe unter gewiſſen Umſtänden die für die Verdauung notwendige
Verwandlung der Eiweißkörper in Peptone hindert.

Dr. Max Weitz.

c) Die narkotiſchen Genußmittel: Tabak, Opium,
Hanf, Koka, Hopfen.

Den vorher beſchriebenen Genußmitteln ſtehen noch diejenigen einer
anderen Klaſſe, nämlich die narkotiſchen Genußmittel ſehr nahe, denn
auch ſie haben die Eigenſchaft, in kleinen Mengen genoſſen, uns an-
zuregen, unſer Kraftgefühl zu ſteigern, wohlthätig auf unſer ganzes
Nervenſyſtem zu wirken und uns über manche Beſchwerlichkeit des
Lebens hinwegzuhelfen. Anderſeits wirken aber auch ſie im Übermaß
genoſſen ſehr ſchädlich und erzeugen ſchließlich Rauſch und Betäubung.
Aber ſtreng genommen kann man ſie nicht für unentbehrlich halten,
und werden ſie, wie z. B. das wichtigſte und verbreitetſte unter ihnen,
der Tabak, erſt durch die Angewöhnung in gewiſſem Sinne unentbehr-
lich, oder es hält doch wenigſtens dann ſehr ſchwer dieſe Gewohnheit
aufzugeben. Anderſeits kann man gewiß nicht behaupten, daß zahl-
reiche Menſchen, die ſich niemals den Tabakgenuß in irgend welcher

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[540/0558] Nahrungs- und Genußmittel. Wie ſchon im Anfang geſagt, kennt man bisher nur ſehr wenige Erſatzmittel für die Kakaobohne und ſelbſt über dieſe fehlen genauere Angaben. So wird eine Erdeichel Südkarolinas (Arachis hypogaea), deren Samen unter der Erde reift, geröſtet und wie der Kakao zu- bereitet; in Spanien dient die geröſtete, ſehr ölige Wurzelknolle von [Abbildung Fig. 318. Zweig der Doboa.] Cyperus esculentus, einer Grasart, als beſagtes Surrogat. Endlich be- richten Afrikareiſende, daß im weſtlichen Sudan die Frucht der Dodoa (Parkia africana) — in Fig. 318 mit Zweig und Blättern abgebildet — als Erſatz für Schokolade allgemein im Gebrauche iſt. Vergleichen wir die drei Aufguß- getränke, Kaffee, Thee und Schokolade mit einander, ſo finden wir, daß ſie alle drei durch ihren Gehalt an Kaffeïn bezw. Theobromin anregend wirken, wobei quantitativ der Gehalt an Theo- bromin beim Kakao die Mitte zwiſchen Thee und Kaffee hält. Das nahrhaf- teſte Getränk von allen dreien iſt die Schokolade infolge ihres hohen Gehaltes an Fett und Eiweißkörpern, während der Thee mitunter ſtörend auf die Verdauung wirken kann, da er die meiſte Gerbſäure enthält, und dieſe unter gewiſſen Umſtänden die für die Verdauung notwendige Verwandlung der Eiweißkörper in Peptone hindert. Dr. Max Weitz. c) Die narkotiſchen Genußmittel: Tabak, Opium, Hanf, Koka, Hopfen. Den vorher beſchriebenen Genußmitteln ſtehen noch diejenigen einer anderen Klaſſe, nämlich die narkotiſchen Genußmittel ſehr nahe, denn auch ſie haben die Eigenſchaft, in kleinen Mengen genoſſen, uns an- zuregen, unſer Kraftgefühl zu ſteigern, wohlthätig auf unſer ganzes Nervenſyſtem zu wirken und uns über manche Beſchwerlichkeit des Lebens hinwegzuhelfen. Anderſeits wirken aber auch ſie im Übermaß genoſſen ſehr ſchädlich und erzeugen ſchließlich Rauſch und Betäubung. Aber ſtreng genommen kann man ſie nicht für unentbehrlich halten, und werden ſie, wie z. B. das wichtigſte und verbreitetſte unter ihnen, der Tabak, erſt durch die Angewöhnung in gewiſſem Sinne unentbehr- lich, oder es hält doch wenigſtens dann ſehr ſchwer dieſe Gewohnheit aufzugeben. Anderſeits kann man gewiß nicht behaupten, daß zahl- reiche Menſchen, die ſich niemals den Tabakgenuß in irgend welcher

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/558>, abgerufen am 23.11.2024.