durch die entweichenden Kohlensäurebläschen entstehende Geräusch ist gleichzeitig ein Anzeichen für den mehr oder weniger heftigen Verlauf der Gährung. Die Gährung des Weißweines wird, von vornherein von den Trestern getrennt, größtenteils in Fässern vorgenommen, und hierbei kann der eben beschriebene Gährspund gleichfalls verwendet werden.
In demselben Maße als die Spaltung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure fortgeschritten ist und schließlich nachläßt, sinkt auch die Temperatur des gährenden Mostes wieder, und ist zuletzt nicht mehr höher als die Temperatur des Gährlokales selbst. Aber nur während der stürmischen, sogen. Hauptgährung wird genügend Kohlensäure erzeugt, um den Zutritt der atmosphärischen Luft und da- mit die Essigsäurebildung zu verhindern. Zum Schutze gegen diese, wird nun der Wein auf Fässer umgefüllt, wo er die Nachgährung vollendet. Der von den Trestern getrennte und auf Fässer gefüllte Wein wird täglich aufgefüllt, so daß die Fässer stets voll sind und die sich etwa dennoch bildenden Essigsäurepilze, der auf der Oberfläche des Weines schwimmende sogen. "Kahn", beim Auffüllen mit überlaufen und so aus den Fässern entfernt werden. Während dieser zweiten Gährung nun setzt sich die Hefe schwammartig und der Weinstein krystallisiert an den Wänden der gewöhnlich sehr großen Fässer ab, worauf der Wein, sobald diese Nachgährung beendet ist, durch Ab- stechen oder Abziehen von diesem Faßgelager getrennt und in die Lagerfässer gebracht wird, wo die dritte, die sogen. Lagergährung statt- findet. Durch diese wird nicht nur der Alkoholgehalt noch etwas ver- mehrt und durch vollkommenes Absetzen der Hefe und des Weinsteins der Wein klar, sondern es bilden sich auch während dieser Gährungs- periode lieblich duftende Stoffe, welche dem Wein sein Aroma, das sogen. "Bouquet" oder die "Blume" verleihen. Von hier aus werden die weniger feinen Sorten in kleinere, vorher geschwefelte Fässer gezogen, die besseren hingegen auf Flaschen gefüllt, welche horizontal liegend aufbewahrt werden.
Der Wein enthält fast alle Bestandteile des Mostes und außer diesen noch Alkohol, aromatische Bestandteile, Glycerin und Bernstein- säure, welche sich während der Gährung gebildet haben. Ist aller Zucker, der in dem Weine enthalten war, vergohren, so hat sich ein sog. trockener oder saurer Wein gebildet, zu welchen Weinarten die Franken- und Rheinweine zählen; ist hingegen durch irgend welchen äußeren Umstand, wie zu niedrige Temperatur, Mangel an Hefe- substanz oder Wasser, die Gährung nicht ganz zu Ende geführt, so daß ein Teil des Zuckers erhalten blieb, so resultieren aus einer solchen Gährung die süßen Weine. Aber auch künstlich werden süße Weine erzeugt durch teilweises Eindampfen des Mostes, durch Vermischen des Mostes mit ca. 20 % Alkohol oder auch durch direkten Zusatz von Zucker.
Die Weinbereitung.
durch die entweichenden Kohlenſäurebläschen entſtehende Geräuſch iſt gleichzeitig ein Anzeichen für den mehr oder weniger heftigen Verlauf der Gährung. Die Gährung des Weißweines wird, von vornherein von den Treſtern getrennt, größtenteils in Fäſſern vorgenommen, und hierbei kann der eben beſchriebene Gährſpund gleichfalls verwendet werden.
In demſelben Maße als die Spaltung des Zuckers in Alkohol und Kohlenſäure fortgeſchritten iſt und ſchließlich nachläßt, ſinkt auch die Temperatur des gährenden Moſtes wieder, und iſt zuletzt nicht mehr höher als die Temperatur des Gährlokales ſelbſt. Aber nur während der ſtürmiſchen, ſogen. Hauptgährung wird genügend Kohlenſäure erzeugt, um den Zutritt der atmoſphäriſchen Luft und da- mit die Eſſigſäurebildung zu verhindern. Zum Schutze gegen dieſe, wird nun der Wein auf Fäſſer umgefüllt, wo er die Nachgährung vollendet. Der von den Treſtern getrennte und auf Fäſſer gefüllte Wein wird täglich aufgefüllt, ſo daß die Fäſſer ſtets voll ſind und die ſich etwa dennoch bildenden Eſſigſäurepilze, der auf der Oberfläche des Weines ſchwimmende ſogen. „Kahn“, beim Auffüllen mit überlaufen und ſo aus den Fäſſern entfernt werden. Während dieſer zweiten Gährung nun ſetzt ſich die Hefe ſchwammartig und der Weinſtein kryſtalliſiert an den Wänden der gewöhnlich ſehr großen Fäſſer ab, worauf der Wein, ſobald dieſe Nachgährung beendet iſt, durch Ab- ſtechen oder Abziehen von dieſem Faßgelager getrennt und in die Lagerfäſſer gebracht wird, wo die dritte, die ſogen. Lagergährung ſtatt- findet. Durch dieſe wird nicht nur der Alkoholgehalt noch etwas ver- mehrt und durch vollkommenes Abſetzen der Hefe und des Weinſteins der Wein klar, ſondern es bilden ſich auch während dieſer Gährungs- periode lieblich duftende Stoffe, welche dem Wein ſein Aroma, das ſogen. „Bouquet“ oder die „Blume“ verleihen. Von hier aus werden die weniger feinen Sorten in kleinere, vorher geſchwefelte Fäſſer gezogen, die beſſeren hingegen auf Flaſchen gefüllt, welche horizontal liegend aufbewahrt werden.
Der Wein enthält faſt alle Beſtandteile des Moſtes und außer dieſen noch Alkohol, aromatiſche Beſtandteile, Glycerin und Bernſtein- ſäure, welche ſich während der Gährung gebildet haben. Iſt aller Zucker, der in dem Weine enthalten war, vergohren, ſo hat ſich ein ſog. trockener oder ſaurer Wein gebildet, zu welchen Weinarten die Franken- und Rheinweine zählen; iſt hingegen durch irgend welchen äußeren Umſtand, wie zu niedrige Temperatur, Mangel an Hefe- ſubſtanz oder Waſſer, die Gährung nicht ganz zu Ende geführt, ſo daß ein Teil des Zuckers erhalten blieb, ſo reſultieren aus einer ſolchen Gährung die ſüßen Weine. Aber auch künſtlich werden ſüße Weine erzeugt durch teilweiſes Eindampfen des Moſtes, durch Vermiſchen des Moſtes mit ca. 20 % Alkohol oder auch durch direkten Zuſatz von Zucker.
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Die Weinbereitung.
durch die entweichenden Kohlenſäurebläschen entſtehende Geräuſch iſt
gleichzeitig ein Anzeichen für den mehr oder weniger heftigen Verlauf
der Gährung. Die Gährung des Weißweines wird, von vornherein
von den Treſtern getrennt, größtenteils in Fäſſern vorgenommen, und
hierbei kann der eben beſchriebene Gährſpund gleichfalls verwendet
werden.
In demſelben Maße als die Spaltung des Zuckers in Alkohol
und Kohlenſäure fortgeſchritten iſt und ſchließlich nachläßt, ſinkt
auch die Temperatur des gährenden Moſtes wieder, und iſt zuletzt
nicht mehr höher als die Temperatur des Gährlokales ſelbſt. Aber
nur während der ſtürmiſchen, ſogen. Hauptgährung wird genügend
Kohlenſäure erzeugt, um den Zutritt der atmoſphäriſchen Luft und da-
mit die Eſſigſäurebildung zu verhindern. Zum Schutze gegen dieſe,
wird nun der Wein auf Fäſſer umgefüllt, wo er die Nachgährung
vollendet. Der von den Treſtern getrennte und auf Fäſſer gefüllte
Wein wird täglich aufgefüllt, ſo daß die Fäſſer ſtets voll ſind und die
ſich etwa dennoch bildenden Eſſigſäurepilze, der auf der Oberfläche des
Weines ſchwimmende ſogen. „Kahn“, beim Auffüllen mit überlaufen
und ſo aus den Fäſſern entfernt werden. Während dieſer zweiten
Gährung nun ſetzt ſich die Hefe ſchwammartig und der Weinſtein
kryſtalliſiert an den Wänden der gewöhnlich ſehr großen Fäſſer ab,
worauf der Wein, ſobald dieſe Nachgährung beendet iſt, durch Ab-
ſtechen oder Abziehen von dieſem Faßgelager getrennt und in die
Lagerfäſſer gebracht wird, wo die dritte, die ſogen. Lagergährung ſtatt-
findet. Durch dieſe wird nicht nur der Alkoholgehalt noch etwas ver-
mehrt und durch vollkommenes Abſetzen der Hefe und des Weinſteins
der Wein klar, ſondern es bilden ſich auch während dieſer Gährungs-
periode lieblich duftende Stoffe, welche dem Wein ſein Aroma, das
ſogen. „Bouquet“ oder die „Blume“ verleihen. Von hier aus werden
die weniger feinen Sorten in kleinere, vorher geſchwefelte Fäſſer gezogen,
die beſſeren hingegen auf Flaſchen gefüllt, welche horizontal liegend
aufbewahrt werden.
Der Wein enthält faſt alle Beſtandteile des Moſtes und außer
dieſen noch Alkohol, aromatiſche Beſtandteile, Glycerin und Bernſtein-
ſäure, welche ſich während der Gährung gebildet haben. Iſt aller
Zucker, der in dem Weine enthalten war, vergohren, ſo hat ſich ein
ſog. trockener oder ſaurer Wein gebildet, zu welchen Weinarten die
Franken- und Rheinweine zählen; iſt hingegen durch irgend welchen
äußeren Umſtand, wie zu niedrige Temperatur, Mangel an Hefe-
ſubſtanz oder Waſſer, die Gährung nicht ganz zu Ende geführt, ſo
daß ein Teil des Zuckers erhalten blieb, ſo reſultieren aus einer ſolchen
Gährung die ſüßen Weine. Aber auch künſtlich werden ſüße Weine
erzeugt durch teilweiſes Eindampfen des Moſtes, durch Vermiſchen
des Moſtes mit ca. 20 % Alkohol oder auch durch direkten Zuſatz
von Zucker.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/535>, abgerufen am 22.11.2024.
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