Summen aus? Jene 4,64 Liter pro Kopf entsprechen bei 49 096 000 Einwohnern einen Gesamtkonsum von 2 279 828 Hektolitern reinen Alkohols, welcher mit der doppelten Menge Wasser verdünnt wird, be- vor er als Schnaps in den Handel kommt und somit zu 6 839 484 Hektolitern anwächst. Nehmen wir nun als Detailpreis, wie er beim Verkauf des einzelnen Schnapses in der Schänke berechnet wird, pro Liter eine Mark an, so werden also jährlich allein im deutschen Reichs- gebiete 683 948 400 Mark zum größten Teil vergeudet und der not- wendigen Ernährung armer Leute entzogen. Will man sich nun noch daran erinnern, welch großer Prozentsatz der Verbrechen im Rausche begangen werden -- in England z. B. nach amtlichen Berichten 3/4 bis 4/5 aller Vergehen -- so muß man mit einstimmen in den Ausspruch William Parkers: "Das gelbe Fieber ist gegenüber der Trunksucht ein sehr mildes Leiden für die Menschheit!"
Die Weinbereitung.
Es giebt hauptsächlich drei Arten Weine, die man nach dem Roh- material, aus welchem sie bereitet werden, als die Traubenweine, die Obstweine und die Palmen- oder ähnliche Weine bezeichnet. Alle drei Arten Weine unterscheiden sich vom Bier durch folgende drei wesent- lichen Merkmale. Sie enthalten nur sehr wenig festen Nahrungsstoff, der beim Bier neben der durststillenden und erregenden Eigenschaft desselben gleichzeitig ernährend wirkt. Ferner werden sie nicht künstlich durch Zusatz von Gährungserregern zur Gährung gebracht, sondern sie gähren von selbst bez. ihre Gährung wird durch die aus der Luft auf- genommenen Hefekeime veranlaßt, und endlich fehlt ihnen der bittere, narkotische Bestandteil, der dem Biere durch den Hopfen gegeben wird. Hingegen hat der Wein gegenüber dem Branntwein mit dem Biere das gemeinsam, daß er ohne Destillation gewonnen wird.
Als Rohmaterial der Traubenweine dient die vom Weinstock, einer Pflanze aus der Familie der Sarmentaceen, gelieferte Weintraube. Der Weinstock gedeiht weder in der kalten, noch in der tropischen Zone und erzeugt in der gemäßigten Zone nur unter bestimmten, sich auf Boden und Klima beziehende Bedingungen eine Traube, aus der sich ein trinkbarer Wein erzeugen läßt. Abgesehen von einer gewissen Fertigkeit bei der Darstellung des Weines selbst aus der Traube resultieren, je nachdem diese Bedingungen mehr oder weniger erfüllt sind, die so zahlreichen Arten der Weine, deren Güte bez. Wert so sehr ver- schieden ist.
Die Traubenlese geschieht erst bei sehr reifem Zustande der Beeren, denn in demselben Maße wie sie reifen, nimmt ihr Zuckergehalt zu und liefert dadurch bei der späteren Gährung nicht nur einen höheren Alkoholgehalt, sondern mit seinem Zunehmen geht auch gleichzeitig der Säuregehalt der Beeren zurück. Bei der Reife der Trauben werden
Nahrungs- und Genußmittel.
Summen aus? Jene 4,64 Liter pro Kopf entſprechen bei 49 096 000 Einwohnern einen Geſamtkonſum von 2 279 828 Hektolitern reinen Alkohols, welcher mit der doppelten Menge Waſſer verdünnt wird, be- vor er als Schnaps in den Handel kommt und ſomit zu 6 839 484 Hektolitern anwächſt. Nehmen wir nun als Detailpreis, wie er beim Verkauf des einzelnen Schnapſes in der Schänke berechnet wird, pro Liter eine Mark an, ſo werden alſo jährlich allein im deutſchen Reichs- gebiete 683 948 400 Mark zum größten Teil vergeudet und der not- wendigen Ernährung armer Leute entzogen. Will man ſich nun noch daran erinnern, welch großer Prozentſatz der Verbrechen im Rauſche begangen werden — in England z. B. nach amtlichen Berichten ¾ bis ⅘ aller Vergehen — ſo muß man mit einſtimmen in den Ausſpruch William Parkers: „Das gelbe Fieber iſt gegenüber der Trunkſucht ein ſehr mildes Leiden für die Menſchheit!“
Die Weinbereitung.
Es giebt hauptſächlich drei Arten Weine, die man nach dem Roh- material, aus welchem ſie bereitet werden, als die Traubenweine, die Obſtweine und die Palmen- oder ähnliche Weine bezeichnet. Alle drei Arten Weine unterſcheiden ſich vom Bier durch folgende drei weſent- lichen Merkmale. Sie enthalten nur ſehr wenig feſten Nahrungsſtoff, der beim Bier neben der durſtſtillenden und erregenden Eigenſchaft desſelben gleichzeitig ernährend wirkt. Ferner werden ſie nicht künſtlich durch Zuſatz von Gährungserregern zur Gährung gebracht, ſondern ſie gähren von ſelbſt bez. ihre Gährung wird durch die aus der Luft auf- genommenen Hefekeime veranlaßt, und endlich fehlt ihnen der bittere, narkotiſche Beſtandteil, der dem Biere durch den Hopfen gegeben wird. Hingegen hat der Wein gegenüber dem Branntwein mit dem Biere das gemeinſam, daß er ohne Deſtillation gewonnen wird.
Als Rohmaterial der Traubenweine dient die vom Weinſtock, einer Pflanze aus der Familie der Sarmentaceen, gelieferte Weintraube. Der Weinſtock gedeiht weder in der kalten, noch in der tropiſchen Zone und erzeugt in der gemäßigten Zone nur unter beſtimmten, ſich auf Boden und Klima beziehende Bedingungen eine Traube, aus der ſich ein trinkbarer Wein erzeugen läßt. Abgeſehen von einer gewiſſen Fertigkeit bei der Darſtellung des Weines ſelbſt aus der Traube reſultieren, je nachdem dieſe Bedingungen mehr oder weniger erfüllt ſind, die ſo zahlreichen Arten der Weine, deren Güte bez. Wert ſo ſehr ver- ſchieden iſt.
Die Traubenleſe geſchieht erſt bei ſehr reifem Zuſtande der Beeren, denn in demſelben Maße wie ſie reifen, nimmt ihr Zuckergehalt zu und liefert dadurch bei der ſpäteren Gährung nicht nur einen höheren Alkoholgehalt, ſondern mit ſeinem Zunehmen geht auch gleichzeitig der Säuregehalt der Beeren zurück. Bei der Reife der Trauben werden
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Nahrungs- und Genußmittel.
Summen aus? Jene 4,64 Liter pro Kopf entſprechen bei 49 096 000
Einwohnern einen Geſamtkonſum von 2 279 828 Hektolitern reinen
Alkohols, welcher mit der doppelten Menge Waſſer verdünnt wird, be-
vor er als Schnaps in den Handel kommt und ſomit zu 6 839 484
Hektolitern anwächſt. Nehmen wir nun als Detailpreis, wie er beim
Verkauf des einzelnen Schnapſes in der Schänke berechnet wird, pro
Liter eine Mark an, ſo werden alſo jährlich allein im deutſchen Reichs-
gebiete 683 948 400 Mark zum größten Teil vergeudet und der not-
wendigen Ernährung armer Leute entzogen. Will man ſich nun noch
daran erinnern, welch großer Prozentſatz der Verbrechen im Rauſche
begangen werden — in England z. B. nach amtlichen Berichten ¾ bis
⅘ aller Vergehen — ſo muß man mit einſtimmen in den Ausſpruch
William Parkers: „Das gelbe Fieber iſt gegenüber der Trunkſucht ein
ſehr mildes Leiden für die Menſchheit!“
Die Weinbereitung.
Es giebt hauptſächlich drei Arten Weine, die man nach dem Roh-
material, aus welchem ſie bereitet werden, als die Traubenweine, die
Obſtweine und die Palmen- oder ähnliche Weine bezeichnet. Alle drei
Arten Weine unterſcheiden ſich vom Bier durch folgende drei weſent-
lichen Merkmale. Sie enthalten nur ſehr wenig feſten Nahrungsſtoff,
der beim Bier neben der durſtſtillenden und erregenden Eigenſchaft
desſelben gleichzeitig ernährend wirkt. Ferner werden ſie nicht künſtlich
durch Zuſatz von Gährungserregern zur Gährung gebracht, ſondern ſie
gähren von ſelbſt bez. ihre Gährung wird durch die aus der Luft auf-
genommenen Hefekeime veranlaßt, und endlich fehlt ihnen der bittere,
narkotiſche Beſtandteil, der dem Biere durch den Hopfen gegeben wird.
Hingegen hat der Wein gegenüber dem Branntwein mit dem Biere das
gemeinſam, daß er ohne Deſtillation gewonnen wird.
Als Rohmaterial der Traubenweine dient die vom Weinſtock, einer
Pflanze aus der Familie der Sarmentaceen, gelieferte Weintraube.
Der Weinſtock gedeiht weder in der kalten, noch in der tropiſchen Zone
und erzeugt in der gemäßigten Zone nur unter beſtimmten, ſich auf
Boden und Klima beziehende Bedingungen eine Traube, aus der ſich
ein trinkbarer Wein erzeugen läßt. Abgeſehen von einer gewiſſen
Fertigkeit bei der Darſtellung des Weines ſelbſt aus der Traube
reſultieren, je nachdem dieſe Bedingungen mehr oder weniger erfüllt ſind,
die ſo zahlreichen Arten der Weine, deren Güte bez. Wert ſo ſehr ver-
ſchieden iſt.
Die Traubenleſe geſchieht erſt bei ſehr reifem Zuſtande der Beeren,
denn in demſelben Maße wie ſie reifen, nimmt ihr Zuckergehalt zu und
liefert dadurch bei der ſpäteren Gährung nicht nur einen höheren
Alkoholgehalt, ſondern mit ſeinem Zunehmen geht auch gleichzeitig der
Säuregehalt der Beeren zurück. Bei der Reife der Trauben werden
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 512. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/530>, abgerufen am 22.11.2024.
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