notwendigen Mengen ganz undurchführbar. Dennoch hat dieser geniale Forscher in überraschend kurzer Zeit alle Schwierigkeiten überwunden, und heute schon arbeiten zahlreiche Brauereien mit seinen sog. Hefe- Reinzucht-Apparaten, welche ihnen in kontinuierlichem Betriebe alle für die Bierproduktion notwendigen Hefemengen liefern, deren Ursprung eine einzige winzig kleine Zelle war, welche bei 100 maliger Vergrößerung unter dem Mikroskop ungefähr so groß aussieht, als ein Stecknadelkopf!
Von den Lagerfässern wird das fertige Bier auf Versandfässer ge- gefüllt und in diesen oder in Flaschen dem Konsum übergeben. In- folge der Nachgährung hat sich in den Lagerfässern das sog. "Faß- geläger" gebildet und dort zu Boden gesetzt. Um nun das Bier vollständig klar abziehen zu können, werden neuerdings Filtrier-Abzieh- Apparate verwendet, wie Fig. 294 einen solchen, von Stockheim konstruierten, zeigt. Dieser Apparat wird mit dem Schlauche an das Zapfenloch des Lagerfasses angeschraubt, und das Bier muß, bevor es aus den Ausflußöffnungen b b in zwei Versandfässer gleich- zeitig gefüllt werden kann, die Trommel c durchströmen. In dieser Trommel befinden sich einige ihre ganze Fläche
[Abbildung]
Fig. 294.
Filtrier- und Abzieh-Apparat.
bedeckende, durchlöcherte Metallplatten, zwischen welchen ein aus Cellulose bestehendes Filtermaterial gepreßt liegt, und dieses hält alle Hefeteilchen und sonstige das Bier trübe machenden Substanzen zurück. Natürlich bedarf das Bier eines gelinden Druckes, um diesen Filtrier- Apparat zu durchströmen, und zwar ist hierzu ein Überdruck von ca. 1/2 Atmosphäre nötig. Dieser Druck wird durch eine Luftpumpe erzeugt, welche mit dem Spundloch des Fasses verbunden wird und kann am Manometer e beobachtet werden; d endlich sind Schaugläser von ver- schiedenen Durchmessern, an welchen die Klarheit des Bieres geprüft werden kann.
Was die Geschichte des Bieres anbetrifft, so ist es wohl allgemein bekannt, daß Gambrinus, König von Brabant, welcher von den Brauern als Erfinder des Bieres verehrt wird, in das Reich der Mythe gehört; das Bier ist älteren Ursprungs. Schon die alten Ägypter verstanden es ein sehr gutes Bier zu brauen, und Pelusium, eine Stadt an einer der Nilmündungen, war das "München" der damaligen Zeit. Von
Die Gährung der Bierwürze.
notwendigen Mengen ganz undurchführbar. Dennoch hat dieſer geniale Forſcher in überraſchend kurzer Zeit alle Schwierigkeiten überwunden, und heute ſchon arbeiten zahlreiche Brauereien mit ſeinen ſog. Hefe- Reinzucht-Apparaten, welche ihnen in kontinuierlichem Betriebe alle für die Bierproduktion notwendigen Hefemengen liefern, deren Urſprung eine einzige winzig kleine Zelle war, welche bei 100 maliger Vergrößerung unter dem Mikroſkop ungefähr ſo groß ausſieht, als ein Stecknadelkopf!
Von den Lagerfäſſern wird das fertige Bier auf Verſandfäſſer ge- gefüllt und in dieſen oder in Flaſchen dem Konſum übergeben. In- folge der Nachgährung hat ſich in den Lagerfäſſern das ſog. „Faß- geläger“ gebildet und dort zu Boden geſetzt. Um nun das Bier vollſtändig klar abziehen zu können, werden neuerdings Filtrier-Abzieh- Apparate verwendet, wie Fig. 294 einen ſolchen, von Stockheim konſtruierten, zeigt. Dieſer Apparat wird mit dem Schlauche an das Zapfenloch des Lagerfaſſes angeſchraubt, und das Bier muß, bevor es aus den Ausflußöffnungen b b in zwei Verſandfäſſer gleich- zeitig gefüllt werden kann, die Trommel c durchſtrömen. In dieſer Trommel befinden ſich einige ihre ganze Fläche
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Fig. 294.
Filtrier- und Abzieh-Apparat.
bedeckende, durchlöcherte Metallplatten, zwiſchen welchen ein aus Celluloſe beſtehendes Filtermaterial gepreßt liegt, und dieſes hält alle Hefeteilchen und ſonſtige das Bier trübe machenden Subſtanzen zurück. Natürlich bedarf das Bier eines gelinden Druckes, um dieſen Filtrier- Apparat zu durchſtrömen, und zwar iſt hierzu ein Überdruck von ca. ½ Atmoſphäre nötig. Dieſer Druck wird durch eine Luftpumpe erzeugt, welche mit dem Spundloch des Faſſes verbunden wird und kann am Manometer e beobachtet werden; d endlich ſind Schaugläſer von ver- ſchiedenen Durchmeſſern, an welchen die Klarheit des Bieres geprüft werden kann.
Was die Geſchichte des Bieres anbetrifft, ſo iſt es wohl allgemein bekannt, daß Gambrinus, König von Brabant, welcher von den Brauern als Erfinder des Bieres verehrt wird, in das Reich der Mythe gehört; das Bier iſt älteren Urſprungs. Schon die alten Ägypter verſtanden es ein ſehr gutes Bier zu brauen, und Peluſium, eine Stadt an einer der Nilmündungen, war das „München“ der damaligen Zeit. Von
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Die Gährung der Bierwürze.
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Forſcher in überraſchend kurzer Zeit alle Schwierigkeiten überwunden,
und heute ſchon arbeiten zahlreiche Brauereien mit ſeinen ſog. Hefe-
Reinzucht-Apparaten, welche ihnen in kontinuierlichem Betriebe alle für
die Bierproduktion notwendigen Hefemengen liefern, deren Urſprung eine
einzige winzig kleine Zelle war, welche bei 100 maliger Vergrößerung
unter dem Mikroſkop ungefähr ſo groß ausſieht, als ein Stecknadelkopf!
Von den Lagerfäſſern wird das fertige Bier auf Verſandfäſſer ge-
gefüllt und in dieſen oder in Flaſchen dem Konſum übergeben. In-
folge der Nachgährung hat ſich in den Lagerfäſſern das ſog. „Faß-
geläger“ gebildet und dort
zu Boden geſetzt. Um nun
das Bier vollſtändig klar
abziehen zu können, werden
neuerdings Filtrier-Abzieh-
Apparate verwendet, wie
Fig. 294 einen ſolchen, von
Stockheim konſtruierten,
zeigt. Dieſer Apparat wird
mit dem Schlauche an das
Zapfenloch des Lagerfaſſes
angeſchraubt, und das Bier
muß, bevor es aus den
Ausflußöffnungen b b in
zwei Verſandfäſſer gleich-
zeitig gefüllt werden kann,
die Trommel c durchſtrömen.
In dieſer Trommel befinden
ſich einige ihre ganze Fläche
[Abbildung Fig. 294. Filtrier- und Abzieh-Apparat.]
bedeckende, durchlöcherte Metallplatten, zwiſchen welchen ein aus
Celluloſe beſtehendes Filtermaterial gepreßt liegt, und dieſes hält alle
Hefeteilchen und ſonſtige das Bier trübe machenden Subſtanzen zurück.
Natürlich bedarf das Bier eines gelinden Druckes, um dieſen Filtrier-
Apparat zu durchſtrömen, und zwar iſt hierzu ein Überdruck von ca.
½ Atmoſphäre nötig. Dieſer Druck wird durch eine Luftpumpe erzeugt,
welche mit dem Spundloch des Faſſes verbunden wird und kann am
Manometer e beobachtet werden; d endlich ſind Schaugläſer von ver-
ſchiedenen Durchmeſſern, an welchen die Klarheit des Bieres geprüft
werden kann.
Was die Geſchichte des Bieres anbetrifft, ſo iſt es wohl allgemein
bekannt, daß Gambrinus, König von Brabant, welcher von den Brauern
als Erfinder des Bieres verehrt wird, in das Reich der Mythe gehört;
das Bier iſt älteren Urſprungs. Schon die alten Ägypter verſtanden
es ein ſehr gutes Bier zu brauen, und Peluſium, eine Stadt an einer
der Nilmündungen, war das „München“ der damaligen Zeit. Von
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/521>, abgerufen am 22.11.2024.
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