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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Nahrungs- und Genußmittel.
oder Keller, deren Boden mit ganz gleichmäßigen Platten belegt oder
sehr glatt cementiert ist. Hier wird die Gerste zuerst in einen mög-
lichst hohen Haufen, den sog. "Naßhaufen" geschüttet und später zu
immer flacheren Haufen umgeschaufelt. Infolge der dem Korne in
den Weichen gegebenen Feuchtigkeit und der während des Wachstums
selbst produzierten Wärme beginnt ein wunderbares Leben in dem-
selben. An der Spitze des Kornes schießen Wurzelfäserchen heraus, und
unterhalb der Hülse belebt sich der Blattkeim, derselbe, der -- wenn
dieses Leben nicht rechtzeitig unterbrochen wird -- zum Halme auswächst
und unserem Auge den Anblick des wogenden Ährenmeeres der mit
Getreide besäten Felder bietet. Das Wachstum muß für alle Körner
im ganzen Haufen sehr gleichmäßig vor sich gehen, aus welchem
Grunde für eine gleichmäßige Temperatur in demselben Sorge getragen
werden muß. Nun sind selbstverständlich die unteren Schichten des
Haufens wärmer, als die oberen, während die mittleren mit ihrer
Temperatur zwischen ihnen stehen. Auf sehr kunstvolle Weise wird
aber der Haufen in gewissen Zeiträumen so umgeschaufelt, daß seine
unterste Schicht oben auf, die oberste nach unten, die mittlere aber
wiederum in ihre frühere Lage zurückkommt.

Seit einem Jahre hat man für diese Arbeit auf den Tennen
Wendeapparate eingeführt, welche -- durch Maschinenkraft betrieben --
das Wenden des Haufens sehr exakt besorgen. Ein solcher Wende-
apparat besteht im wesentlichen aus einer über die ganze Tenne reichenden
eisernen Stange, welche sich auf an den Seiten der Tenne laufenden
Zahnrädern, um die eigene Axe drehend, langsam über den Haufen
fortbewegt und, sobald sie denselben überschritten hat, zurückgeführt
werden kann. Klammerartige oder anders konstruierte Ansätze, welche
die Stange trägt, greifen das Malz und wenden es genau so, wie
der beabsichtigte Zweck es verlangt, d. h. also die oberste Schicht nach
unten u. s. w. wie vorher beschrieben. Durch diese Apparate wird nicht nur
die gewünschte Arbeit vorzüglich geleistet, sondern man arbeitet auch
in Bezug auf die für das Wenden des Haufens zu verausgabenden
Löhne wesentlich billiger, als es bisher geschah, und muß man sich
über eine so späte Ausführung eines solchen Apparates um so mehr
wundern, als die Brauerei einen ganz ähnlichen Apparat auf den Darr-
herden zum Wenden des zu darrenden Malzes bereits seit mehr als
zehn Jahren verwendet. (Siehe Fig. 278.)

Der vorher erwähnte, bei dem Keimen sich bildende Blattkeim ver-
braucht zu seiner Ernährung das Stärkemehl des Kornes, und gerade
dieses muß der Brauer erhalten, denn aus ihm will er später Zucker
bilden, und der ganze Prozeß des Wachstums ist ihm ja nur ein Mittel
zum Zweck, welches diese Zuckerbildung ermöglichen soll. Darum unter-
bricht man das Wachstum des Kornes, wenn der Blattkeim unter der
Hülse ca. 2/3 der Länge des ganzen Kornes erreicht hat, indem man
so viel frische Luft -- und zwar kalte, denn man mälzt, um das Wachs-

Nahrungs- und Genußmittel.
oder Keller, deren Boden mit ganz gleichmäßigen Platten belegt oder
ſehr glatt cementiert iſt. Hier wird die Gerſte zuerſt in einen mög-
lichſt hohen Haufen, den ſog. „Naßhaufen“ geſchüttet und ſpäter zu
immer flacheren Haufen umgeſchaufelt. Infolge der dem Korne in
den Weichen gegebenen Feuchtigkeit und der während des Wachstums
ſelbſt produzierten Wärme beginnt ein wunderbares Leben in dem-
ſelben. An der Spitze des Kornes ſchießen Wurzelfäſerchen heraus, und
unterhalb der Hülſe belebt ſich der Blattkeim, derſelbe, der — wenn
dieſes Leben nicht rechtzeitig unterbrochen wird — zum Halme auswächſt
und unſerem Auge den Anblick des wogenden Ährenmeeres der mit
Getreide beſäten Felder bietet. Das Wachstum muß für alle Körner
im ganzen Haufen ſehr gleichmäßig vor ſich gehen, aus welchem
Grunde für eine gleichmäßige Temperatur in demſelben Sorge getragen
werden muß. Nun ſind ſelbſtverſtändlich die unteren Schichten des
Haufens wärmer, als die oberen, während die mittleren mit ihrer
Temperatur zwiſchen ihnen ſtehen. Auf ſehr kunſtvolle Weiſe wird
aber der Haufen in gewiſſen Zeiträumen ſo umgeſchaufelt, daß ſeine
unterſte Schicht oben auf, die oberſte nach unten, die mittlere aber
wiederum in ihre frühere Lage zurückkommt.

Seit einem Jahre hat man für dieſe Arbeit auf den Tennen
Wendeapparate eingeführt, welche — durch Maſchinenkraft betrieben —
das Wenden des Haufens ſehr exakt beſorgen. Ein ſolcher Wende-
apparat beſteht im weſentlichen aus einer über die ganze Tenne reichenden
eiſernen Stange, welche ſich auf an den Seiten der Tenne laufenden
Zahnrädern, um die eigene Axe drehend, langſam über den Haufen
fortbewegt und, ſobald ſie denſelben überſchritten hat, zurückgeführt
werden kann. Klammerartige oder anders konſtruierte Anſätze, welche
die Stange trägt, greifen das Malz und wenden es genau ſo, wie
der beabſichtigte Zweck es verlangt, d. h. alſo die oberſte Schicht nach
unten u. ſ. w. wie vorher beſchrieben. Durch dieſe Apparate wird nicht nur
die gewünſchte Arbeit vorzüglich geleiſtet, ſondern man arbeitet auch
in Bezug auf die für das Wenden des Haufens zu verausgabenden
Löhne weſentlich billiger, als es bisher geſchah, und muß man ſich
über eine ſo ſpäte Ausführung eines ſolchen Apparates um ſo mehr
wundern, als die Brauerei einen ganz ähnlichen Apparat auf den Darr-
herden zum Wenden des zu darrenden Malzes bereits ſeit mehr als
zehn Jahren verwendet. (Siehe Fig. 278.)

Der vorher erwähnte, bei dem Keimen ſich bildende Blattkeim ver-
braucht zu ſeiner Ernährung das Stärkemehl des Kornes, und gerade
dieſes muß der Brauer erhalten, denn aus ihm will er ſpäter Zucker
bilden, und der ganze Prozeß des Wachstums iſt ihm ja nur ein Mittel
zum Zweck, welches dieſe Zuckerbildung ermöglichen ſoll. Darum unter-
bricht man das Wachstum des Kornes, wenn der Blattkeim unter der
Hülſe ca. ⅔ der Länge des ganzen Kornes erreicht hat, indem man
ſo viel friſche Luft — und zwar kalte, denn man mälzt, um das Wachs-

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[488/0506] Nahrungs- und Genußmittel. oder Keller, deren Boden mit ganz gleichmäßigen Platten belegt oder ſehr glatt cementiert iſt. Hier wird die Gerſte zuerſt in einen mög- lichſt hohen Haufen, den ſog. „Naßhaufen“ geſchüttet und ſpäter zu immer flacheren Haufen umgeſchaufelt. Infolge der dem Korne in den Weichen gegebenen Feuchtigkeit und der während des Wachstums ſelbſt produzierten Wärme beginnt ein wunderbares Leben in dem- ſelben. An der Spitze des Kornes ſchießen Wurzelfäſerchen heraus, und unterhalb der Hülſe belebt ſich der Blattkeim, derſelbe, der — wenn dieſes Leben nicht rechtzeitig unterbrochen wird — zum Halme auswächſt und unſerem Auge den Anblick des wogenden Ährenmeeres der mit Getreide beſäten Felder bietet. Das Wachstum muß für alle Körner im ganzen Haufen ſehr gleichmäßig vor ſich gehen, aus welchem Grunde für eine gleichmäßige Temperatur in demſelben Sorge getragen werden muß. Nun ſind ſelbſtverſtändlich die unteren Schichten des Haufens wärmer, als die oberen, während die mittleren mit ihrer Temperatur zwiſchen ihnen ſtehen. Auf ſehr kunſtvolle Weiſe wird aber der Haufen in gewiſſen Zeiträumen ſo umgeſchaufelt, daß ſeine unterſte Schicht oben auf, die oberſte nach unten, die mittlere aber wiederum in ihre frühere Lage zurückkommt. Seit einem Jahre hat man für dieſe Arbeit auf den Tennen Wendeapparate eingeführt, welche — durch Maſchinenkraft betrieben — das Wenden des Haufens ſehr exakt beſorgen. Ein ſolcher Wende- apparat beſteht im weſentlichen aus einer über die ganze Tenne reichenden eiſernen Stange, welche ſich auf an den Seiten der Tenne laufenden Zahnrädern, um die eigene Axe drehend, langſam über den Haufen fortbewegt und, ſobald ſie denſelben überſchritten hat, zurückgeführt werden kann. Klammerartige oder anders konſtruierte Anſätze, welche die Stange trägt, greifen das Malz und wenden es genau ſo, wie der beabſichtigte Zweck es verlangt, d. h. alſo die oberſte Schicht nach unten u. ſ. w. wie vorher beſchrieben. Durch dieſe Apparate wird nicht nur die gewünſchte Arbeit vorzüglich geleiſtet, ſondern man arbeitet auch in Bezug auf die für das Wenden des Haufens zu verausgabenden Löhne weſentlich billiger, als es bisher geſchah, und muß man ſich über eine ſo ſpäte Ausführung eines ſolchen Apparates um ſo mehr wundern, als die Brauerei einen ganz ähnlichen Apparat auf den Darr- herden zum Wenden des zu darrenden Malzes bereits ſeit mehr als zehn Jahren verwendet. (Siehe Fig. 278.) Der vorher erwähnte, bei dem Keimen ſich bildende Blattkeim ver- braucht zu ſeiner Ernährung das Stärkemehl des Kornes, und gerade dieſes muß der Brauer erhalten, denn aus ihm will er ſpäter Zucker bilden, und der ganze Prozeß des Wachstums iſt ihm ja nur ein Mittel zum Zweck, welches dieſe Zuckerbildung ermöglichen ſoll. Darum unter- bricht man das Wachstum des Kornes, wenn der Blattkeim unter der Hülſe ca. ⅔ der Länge des ganzen Kornes erreicht hat, indem man ſo viel friſche Luft — und zwar kalte, denn man mälzt, um das Wachs-

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/506>, abgerufen am 24.11.2024.