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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Baumwollspinnerei.
Natur der Sache liegt, daß man mit der beschriebenen Maschine nur
festgedrehte, kräftigere Garne herzustellen vermag. Eine heute vielfach
gebrauchte Spindel ist die Ringspindel, welche der Spinnmaschine den
Namen Ringspinnmaschine gegeben hat. Bei ihr geht jeder Faden
nach Passierung der Streckwalzen und Öse zu einem Drahthäkchen,
welches auf einem festen Ringe reitet, der in die Bank eingesetzt ist,
welche sonst die Spulen zum Aufwickeln des fertigen Garnes trägt.
Die hölzerne Spule sitzt hier fest auf der sich drehenden Spindel, dreht
sich also stets mit ihr und wird der Reiter dabei auf dem sie umgebenden
Ringe in dem Verhältnis als Faden gesponnen wird, im Kreise schnell
herumgeführt, wodurch der Faden seinen Draht erhält und sich auf
die Spule aufwickelt. Auch hier steigt die Bank mit sämtlichen Ringen
und Reitern zum Zwecke der regelmäßigen Bewicklung auf und nieder.
Dadurch, daß nur das leichte Drahthäkchen durch den Faden herum-
geführt zu werden braucht, nicht aber, wie bei der Watermaschine die
schwere, sich mehr und mehr füllende Spule, kann man Garne von
größerer Feinheit und geringerer Drehung erzeugen. Infolge Wegfalls
der Flügel nimmt die Ringspindel weniger Raum ein, können mehr
Spindeln in der Maschine Platz finden. Letztere hat weniger Betriebs-
kraft nötig und kann man den Spindeln bis zu 10000 Umdrehungen
pro Minute geben. Mit Berücksichtigung aller dieser Umstände liefert
die heutige vervollkommnete Ringmaschine ca. 40 % mehr Garn als
die Flügelmaschine unter sonst gleichen Verhältnissen.

Anders arbeiten die Mulemaschinen, deren Hauptanordnung die
Fig. 207 zeigt. Wieder sind die mit Vorgarn gefüllten Spulen
im Aufsteckrahmen der Maschine eingesetzt und gehen von hier die
Fäden über Führungsdrähte dem Streckwerk zu, um ausgezogen zu
werden. Die Spindeln, bis zu 800 und darüber, aber befinden
sich in einem Wagen, der auf Geleisen von dem Streckwerk entfernt
und demselben wieder zugefahren werden kann. Sie tragen keine
hölzernen Spulen, vielmehr wird der Faden auf die blanke Spindel,
auf welche nur eine dünne papierne Röhre gesteckt wird, aufgebracht
und zwar in Gestalt eines birnförmigen oder cylindrischen, mit konischen
Enden versehenen Körpers, der nach Fertigstellung mit der Innenröhre
abgezogen wird und Cop oder Kötzer heißt. Die Spindeln drehen sich
sehr schnell und wird beim Ausfahren des Wagens dadurch, daß das
Streckwerk Faden durchzieht und dieser an der äußersten Spindelspitze
unter stumpfem Winkel gegen die Spindelaxe gehalten wird, dem Faden
Drehung erteilt, ohne daß aufgewickelt wird. Wenn der Wagen
seinen Auszug vollendet hat, wird die Bewegung des Streckwerkes
unterbrochen, der Faden ist eingeklemmt, und es legt sich oben über
die sämtlichen Fäden ein Draht, wodurch dieselben rechtwinklig zur
Spindelaxe zu liegen kommen. Wird der Wagen nun eingefahren
und drehen sich die Spindeln fortgesetzt, so wickeln sich die Fäden auf
ihnen auf, wobei der Draht mit Hinzunahme eines Gegendrahtes ab-

Das Buch der Erfindungen. 23

Die Baumwollſpinnerei.
Natur der Sache liegt, daß man mit der beſchriebenen Maſchine nur
feſtgedrehte, kräftigere Garne herzuſtellen vermag. Eine heute vielfach
gebrauchte Spindel iſt die Ringſpindel, welche der Spinnmaſchine den
Namen Ringſpinnmaſchine gegeben hat. Bei ihr geht jeder Faden
nach Paſſierung der Streckwalzen und Öſe zu einem Drahthäkchen,
welches auf einem feſten Ringe reitet, der in die Bank eingeſetzt iſt,
welche ſonſt die Spulen zum Aufwickeln des fertigen Garnes trägt.
Die hölzerne Spule ſitzt hier feſt auf der ſich drehenden Spindel, dreht
ſich alſo ſtets mit ihr und wird der Reiter dabei auf dem ſie umgebenden
Ringe in dem Verhältnis als Faden geſponnen wird, im Kreiſe ſchnell
herumgeführt, wodurch der Faden ſeinen Draht erhält und ſich auf
die Spule aufwickelt. Auch hier ſteigt die Bank mit ſämtlichen Ringen
und Reitern zum Zwecke der regelmäßigen Bewicklung auf und nieder.
Dadurch, daß nur das leichte Drahthäkchen durch den Faden herum-
geführt zu werden braucht, nicht aber, wie bei der Watermaſchine die
ſchwere, ſich mehr und mehr füllende Spule, kann man Garne von
größerer Feinheit und geringerer Drehung erzeugen. Infolge Wegfalls
der Flügel nimmt die Ringſpindel weniger Raum ein, können mehr
Spindeln in der Maſchine Platz finden. Letztere hat weniger Betriebs-
kraft nötig und kann man den Spindeln bis zu 10000 Umdrehungen
pro Minute geben. Mit Berückſichtigung aller dieſer Umſtände liefert
die heutige vervollkommnete Ringmaſchine ca. 40 % mehr Garn als
die Flügelmaſchine unter ſonſt gleichen Verhältniſſen.

Anders arbeiten die Mulemaſchinen, deren Hauptanordnung die
Fig. 207 zeigt. Wieder ſind die mit Vorgarn gefüllten Spulen
im Aufſteckrahmen der Maſchine eingeſetzt und gehen von hier die
Fäden über Führungsdrähte dem Streckwerk zu, um ausgezogen zu
werden. Die Spindeln, bis zu 800 und darüber, aber befinden
ſich in einem Wagen, der auf Geleiſen von dem Streckwerk entfernt
und demſelben wieder zugefahren werden kann. Sie tragen keine
hölzernen Spulen, vielmehr wird der Faden auf die blanke Spindel,
auf welche nur eine dünne papierne Röhre geſteckt wird, aufgebracht
und zwar in Geſtalt eines birnförmigen oder cylindriſchen, mit koniſchen
Enden verſehenen Körpers, der nach Fertigſtellung mit der Innenröhre
abgezogen wird und Cop oder Kötzer heißt. Die Spindeln drehen ſich
ſehr ſchnell und wird beim Ausfahren des Wagens dadurch, daß das
Streckwerk Faden durchzieht und dieſer an der äußerſten Spindelſpitze
unter ſtumpfem Winkel gegen die Spindelaxe gehalten wird, dem Faden
Drehung erteilt, ohne daß aufgewickelt wird. Wenn der Wagen
ſeinen Auszug vollendet hat, wird die Bewegung des Streckwerkes
unterbrochen, der Faden iſt eingeklemmt, und es legt ſich oben über
die ſämtlichen Fäden ein Draht, wodurch dieſelben rechtwinklig zur
Spindelaxe zu liegen kommen. Wird der Wagen nun eingefahren
und drehen ſich die Spindeln fortgeſetzt, ſo wickeln ſich die Fäden auf
ihnen auf, wobei der Draht mit Hinzunahme eines Gegendrahtes ab-

Das Buch der Erfindungen. 23
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[353/0371] Die Baumwollſpinnerei. Natur der Sache liegt, daß man mit der beſchriebenen Maſchine nur feſtgedrehte, kräftigere Garne herzuſtellen vermag. Eine heute vielfach gebrauchte Spindel iſt die Ringſpindel, welche der Spinnmaſchine den Namen Ringſpinnmaſchine gegeben hat. Bei ihr geht jeder Faden nach Paſſierung der Streckwalzen und Öſe zu einem Drahthäkchen, welches auf einem feſten Ringe reitet, der in die Bank eingeſetzt iſt, welche ſonſt die Spulen zum Aufwickeln des fertigen Garnes trägt. Die hölzerne Spule ſitzt hier feſt auf der ſich drehenden Spindel, dreht ſich alſo ſtets mit ihr und wird der Reiter dabei auf dem ſie umgebenden Ringe in dem Verhältnis als Faden geſponnen wird, im Kreiſe ſchnell herumgeführt, wodurch der Faden ſeinen Draht erhält und ſich auf die Spule aufwickelt. Auch hier ſteigt die Bank mit ſämtlichen Ringen und Reitern zum Zwecke der regelmäßigen Bewicklung auf und nieder. Dadurch, daß nur das leichte Drahthäkchen durch den Faden herum- geführt zu werden braucht, nicht aber, wie bei der Watermaſchine die ſchwere, ſich mehr und mehr füllende Spule, kann man Garne von größerer Feinheit und geringerer Drehung erzeugen. Infolge Wegfalls der Flügel nimmt die Ringſpindel weniger Raum ein, können mehr Spindeln in der Maſchine Platz finden. Letztere hat weniger Betriebs- kraft nötig und kann man den Spindeln bis zu 10000 Umdrehungen pro Minute geben. Mit Berückſichtigung aller dieſer Umſtände liefert die heutige vervollkommnete Ringmaſchine ca. 40 % mehr Garn als die Flügelmaſchine unter ſonſt gleichen Verhältniſſen. Anders arbeiten die Mulemaſchinen, deren Hauptanordnung die Fig. 207 zeigt. Wieder ſind die mit Vorgarn gefüllten Spulen im Aufſteckrahmen der Maſchine eingeſetzt und gehen von hier die Fäden über Führungsdrähte dem Streckwerk zu, um ausgezogen zu werden. Die Spindeln, bis zu 800 und darüber, aber befinden ſich in einem Wagen, der auf Geleiſen von dem Streckwerk entfernt und demſelben wieder zugefahren werden kann. Sie tragen keine hölzernen Spulen, vielmehr wird der Faden auf die blanke Spindel, auf welche nur eine dünne papierne Röhre geſteckt wird, aufgebracht und zwar in Geſtalt eines birnförmigen oder cylindriſchen, mit koniſchen Enden verſehenen Körpers, der nach Fertigſtellung mit der Innenröhre abgezogen wird und Cop oder Kötzer heißt. Die Spindeln drehen ſich ſehr ſchnell und wird beim Ausfahren des Wagens dadurch, daß das Streckwerk Faden durchzieht und dieſer an der äußerſten Spindelſpitze unter ſtumpfem Winkel gegen die Spindelaxe gehalten wird, dem Faden Drehung erteilt, ohne daß aufgewickelt wird. Wenn der Wagen ſeinen Auszug vollendet hat, wird die Bewegung des Streckwerkes unterbrochen, der Faden iſt eingeklemmt, und es legt ſich oben über die ſämtlichen Fäden ein Draht, wodurch dieſelben rechtwinklig zur Spindelaxe zu liegen kommen. Wird der Wagen nun eingefahren und drehen ſich die Spindeln fortgeſetzt, ſo wickeln ſich die Fäden auf ihnen auf, wobei der Draht mit Hinzunahme eines Gegendrahtes ab- Das Buch der Erfindungen. 23

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/371>, abgerufen am 25.11.2024.