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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Gespinstfasern.
Weben vereinigt man Fäden zu Gebrauchsgegenständen, sondern auch
durch andere Verfahrungsarten, von denen das Wirken dem Weben
an Wichtigkeit zunächst steht. Es hat keine so alte Geschichte, wie
letzteres aufzuweisen, ist vielmehr bedeutend jünger und hat seine heutige
Ausdehnung gleichfalls erst vom Beginne dieses Jahrhunderts ab ge-
wonnen. Andere Mittel von mehr oder weniger untergeordneter Be-
deutung zur Erzeugung von Waren aus Fäden sind dann noch das
Stricken, Häkeln, Knüpfen, Klöppeln. Unzertrennbar von Spinnerei,
Weberei und auch den übrigen Fabrikationsmethoden sind andere Be-
arbeitungs-Gebiete, nämlich Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur,
welche, obschon teilweise in den ältesten Zeiten bekannt, ebenfalls erst
in diesem Jahrhundert sich zu derjenigen Blüte entfaltet haben, in
welcher sie sich heute durch ihre Erzeugnisse darbieten. Alle diese auf-
geführten Hauptbearbeitungsgebiete, zu welchen sich noch diejenigen ge-
sellen, welche zur Formgebung der verfertigten Waren als Gebrauchs-
gegenstände, wie das Nähen, oder zur Ausschmückung der letzteren,
wie das Sticken und Posamentieren, dienen, und zu welchen eine Menge
von besonderen oder Nebenbearbeitungsgebieten hinzutritt, werden unter
der Bezeichnung "Textil-Industrie" zusammengefaßt. In ihr kommen
auch wohl andere Materialien als Fäden, Stoffe, welche durch ihre
Natur schon größere Flächen bilden, wie das Leder, zur Verwendung,
doch ist ihre Benutzung in der Textil-Industrie immerhin nur als eine
beschränktere zu bezeichnen, da sich Fäden als vornehmlichstes Material
zur Herstellung von Textilwaren eignen.

Fäden werden aus Rohmaterialien gebildet und nennt man letztere
ohne Unterschied, ob dieselben einen wirklichen Spinnprozeß durchzumachen
haben oder auf andere Weise zu Fäden gestaltet werden, Gespinstfasern.
Alle drei Reiche der Natur liefern uns dieselben, obschon nur diejenigen aus
dem Pflanzen- und dem Tierreiche von größerer Bedeutung sind. Zu den
vegetabilischen Fasern zählen zur Hauptsache die Baumwolle, der Flachs
und Hanf, sowie die Jute, und schließen sich diesen noch andere Fasern an,
welche entweder nur besonderen Zwecken dienen oder deren Verwendung
bislang noch eine sehr geringe ist, weil teils dem Anbau der Pflanzen in
größeren Massen Schwierigkeiten entgegenstehen, teils die zu ihrer Vor-
bereitung für den Spinnprozeß geeigneten Maschinen noch nicht voll-
kommen genug sind. Als animalische Fasern gelten die Haare von
Tieren und die Seide, erstere in den mannigfachsten Arten. Bis vor
wenigen Jahrzehnten kamen nur fünf Fasern in Betracht, nämlich die-
jenigen, welche auch in der Jetztzeit die Hauptrolle spielen: Baumwolle,
Flachs, Hanf, Schafwolle und Seide. Von ihnen gilt die Wolle als
das älteste Gespinstfasermaterial, denn in den ältesten Traditionen
sämtlicher Völker wird der Wollweberei bereits gedacht. Mit Wolle
bezeichnet man allgemein die Haare der Schafwolle und nimmt unter
den verschiedenen Sorten die Merinowolle den ersten Platz ein, während
Elektoralwolle, Cheviotwolle u. a. als Wollen von Schafen, welche

Geſpinſtfaſern.
Weben vereinigt man Fäden zu Gebrauchsgegenſtänden, ſondern auch
durch andere Verfahrungsarten, von denen das Wirken dem Weben
an Wichtigkeit zunächſt ſteht. Es hat keine ſo alte Geſchichte, wie
letzteres aufzuweiſen, iſt vielmehr bedeutend jünger und hat ſeine heutige
Ausdehnung gleichfalls erſt vom Beginne dieſes Jahrhunderts ab ge-
wonnen. Andere Mittel von mehr oder weniger untergeordneter Be-
deutung zur Erzeugung von Waren aus Fäden ſind dann noch das
Stricken, Häkeln, Knüpfen, Klöppeln. Unzertrennbar von Spinnerei,
Weberei und auch den übrigen Fabrikationsmethoden ſind andere Be-
arbeitungs-Gebiete, nämlich Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur,
welche, obſchon teilweiſe in den älteſten Zeiten bekannt, ebenfalls erſt
in dieſem Jahrhundert ſich zu derjenigen Blüte entfaltet haben, in
welcher ſie ſich heute durch ihre Erzeugniſſe darbieten. Alle dieſe auf-
geführten Hauptbearbeitungsgebiete, zu welchen ſich noch diejenigen ge-
ſellen, welche zur Formgebung der verfertigten Waren als Gebrauchs-
gegenſtände, wie das Nähen, oder zur Ausſchmückung der letzteren,
wie das Sticken und Poſamentieren, dienen, und zu welchen eine Menge
von beſonderen oder Nebenbearbeitungsgebieten hinzutritt, werden unter
der Bezeichnung „Textil-Induſtrie“ zuſammengefaßt. In ihr kommen
auch wohl andere Materialien als Fäden, Stoffe, welche durch ihre
Natur ſchon größere Flächen bilden, wie das Leder, zur Verwendung,
doch iſt ihre Benutzung in der Textil-Induſtrie immerhin nur als eine
beſchränktere zu bezeichnen, da ſich Fäden als vornehmlichſtes Material
zur Herſtellung von Textilwaren eignen.

Fäden werden aus Rohmaterialien gebildet und nennt man letztere
ohne Unterſchied, ob dieſelben einen wirklichen Spinnprozeß durchzumachen
haben oder auf andere Weiſe zu Fäden geſtaltet werden, Geſpinſtfaſern.
Alle drei Reiche der Natur liefern uns dieſelben, obſchon nur diejenigen aus
dem Pflanzen- und dem Tierreiche von größerer Bedeutung ſind. Zu den
vegetabiliſchen Faſern zählen zur Hauptſache die Baumwolle, der Flachs
und Hanf, ſowie die Jute, und ſchließen ſich dieſen noch andere Faſern an,
welche entweder nur beſonderen Zwecken dienen oder deren Verwendung
bislang noch eine ſehr geringe iſt, weil teils dem Anbau der Pflanzen in
größeren Maſſen Schwierigkeiten entgegenſtehen, teils die zu ihrer Vor-
bereitung für den Spinnprozeß geeigneten Maſchinen noch nicht voll-
kommen genug ſind. Als animaliſche Faſern gelten die Haare von
Tieren und die Seide, erſtere in den mannigfachſten Arten. Bis vor
wenigen Jahrzehnten kamen nur fünf Faſern in Betracht, nämlich die-
jenigen, welche auch in der Jetztzeit die Hauptrolle ſpielen: Baumwolle,
Flachs, Hanf, Schafwolle und Seide. Von ihnen gilt die Wolle als
das älteſte Geſpinſtfaſermaterial, denn in den älteſten Traditionen
ſämtlicher Völker wird der Wollweberei bereits gedacht. Mit Wolle
bezeichnet man allgemein die Haare der Schafwolle und nimmt unter
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Elektoralwolle, Cheviotwolle u. a. als Wollen von Schafen, welche

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[335/0353] Geſpinſtfaſern. Weben vereinigt man Fäden zu Gebrauchsgegenſtänden, ſondern auch durch andere Verfahrungsarten, von denen das Wirken dem Weben an Wichtigkeit zunächſt ſteht. Es hat keine ſo alte Geſchichte, wie letzteres aufzuweiſen, iſt vielmehr bedeutend jünger und hat ſeine heutige Ausdehnung gleichfalls erſt vom Beginne dieſes Jahrhunderts ab ge- wonnen. Andere Mittel von mehr oder weniger untergeordneter Be- deutung zur Erzeugung von Waren aus Fäden ſind dann noch das Stricken, Häkeln, Knüpfen, Klöppeln. Unzertrennbar von Spinnerei, Weberei und auch den übrigen Fabrikationsmethoden ſind andere Be- arbeitungs-Gebiete, nämlich Färberei, Druckerei, Bleicherei und Appretur, welche, obſchon teilweiſe in den älteſten Zeiten bekannt, ebenfalls erſt in dieſem Jahrhundert ſich zu derjenigen Blüte entfaltet haben, in welcher ſie ſich heute durch ihre Erzeugniſſe darbieten. Alle dieſe auf- geführten Hauptbearbeitungsgebiete, zu welchen ſich noch diejenigen ge- ſellen, welche zur Formgebung der verfertigten Waren als Gebrauchs- gegenſtände, wie das Nähen, oder zur Ausſchmückung der letzteren, wie das Sticken und Poſamentieren, dienen, und zu welchen eine Menge von beſonderen oder Nebenbearbeitungsgebieten hinzutritt, werden unter der Bezeichnung „Textil-Induſtrie“ zuſammengefaßt. In ihr kommen auch wohl andere Materialien als Fäden, Stoffe, welche durch ihre Natur ſchon größere Flächen bilden, wie das Leder, zur Verwendung, doch iſt ihre Benutzung in der Textil-Induſtrie immerhin nur als eine beſchränktere zu bezeichnen, da ſich Fäden als vornehmlichſtes Material zur Herſtellung von Textilwaren eignen. Fäden werden aus Rohmaterialien gebildet und nennt man letztere ohne Unterſchied, ob dieſelben einen wirklichen Spinnprozeß durchzumachen haben oder auf andere Weiſe zu Fäden geſtaltet werden, Geſpinſtfaſern. Alle drei Reiche der Natur liefern uns dieſelben, obſchon nur diejenigen aus dem Pflanzen- und dem Tierreiche von größerer Bedeutung ſind. Zu den vegetabiliſchen Faſern zählen zur Hauptſache die Baumwolle, der Flachs und Hanf, ſowie die Jute, und ſchließen ſich dieſen noch andere Faſern an, welche entweder nur beſonderen Zwecken dienen oder deren Verwendung bislang noch eine ſehr geringe iſt, weil teils dem Anbau der Pflanzen in größeren Maſſen Schwierigkeiten entgegenſtehen, teils die zu ihrer Vor- bereitung für den Spinnprozeß geeigneten Maſchinen noch nicht voll- kommen genug ſind. Als animaliſche Faſern gelten die Haare von Tieren und die Seide, erſtere in den mannigfachſten Arten. Bis vor wenigen Jahrzehnten kamen nur fünf Faſern in Betracht, nämlich die- jenigen, welche auch in der Jetztzeit die Hauptrolle ſpielen: Baumwolle, Flachs, Hanf, Schafwolle und Seide. Von ihnen gilt die Wolle als das älteſte Geſpinſtfaſermaterial, denn in den älteſten Traditionen ſämtlicher Völker wird der Wollweberei bereits gedacht. Mit Wolle bezeichnet man allgemein die Haare der Schafwolle und nimmt unter den verſchiedenen Sorten die Merinowolle den erſten Platz ein, während Elektoralwolle, Cheviotwolle u. a. als Wollen von Schafen, welche

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/353>, abgerufen am 25.11.2024.