zu erfüllen. Macht man die Balken zu lang, so wird die Wage ungeschickt und nimmt zu viel Raum ein, außerdem schwingt sie zu langsam. Leicht sucht man die Balken zu machen, indem man dieselben durchbrochen arbeitet, wie Fig. 14 zeigt, aber es muß immer darauf geachtet werden, daß der Balken auch genügende Festigkeit hat, um die Lasten tragen zu können, zu deren Abwägung er verwendet werden soll. Biegt sich der Balken durch, weil er zu schwach ist, so liegen die drei Schneiden nicht mehr in einer Ebene und die Wägungen werden fehlerhaft. Bei kleineren Wagen arbeitet man die Balken ganz aus Aluminium.
Rückt man endlich den Schwerpunkt s zu nahe nach c herauf, so liegt die Gefahr nahe, daß das Gleichgewicht indifferent wird.
Die Erfindung der Wagen ist sicherlich bereits in den ältesten Zeiten gemacht worden, aber wo und von wem, läßt sich auch hier, wie fast überall, wo es sich um die Anfänge der Meßkunde handelt, nicht angeben. Die älteste Methode des Wägens bestand wohl darin, daß man auf die eine, gewöhnlich die rechte Schale die Last legte und dann auf die andere Schale so lange Gewichte that, bis das Gleich- gewicht wieder hergestellt war. Auf diese Weise war die Schwere der Last sofort aus den Gewichten abzulesen, ausgedrückt in Teilen oder Vielfachen der Gewichtseinheit. Legt man auf die rechte Schale ein Stück Fleisch und muß die linke Schale mit 2,5 kg belastet werden, damit die Zunge wieder in der Mitte der Skala einspielt, so wiegt das Fleisch 2,5 kg. Für den gewöhnlichen Handel genügt dieses alte ein- fache Verfahren auch heute noch vollkommen, denn ob der Kaufmann 1 g Butter mehr oder weniger auf 1 kg giebt, ist sowohl ihm, wie dem Käufer ziemlich gleichgültig; sollen aber Edelmetalle abgewogen werden, oder handelt es sich überhaupt um wertvollere Gegenstände, so spielen bereits Milligramme eine Rolle, und da genügt dieses Verfahren nicht.
Die Wagearme absolut gleich lang zu machen, ist ein Problem, welches selbst die moderne Technik noch nicht gelöst hat, und wenn auch dies gelingen sollte, so werden dennoch die Balkenarme während der Wägung Veränderungen unterworfen sein. Befindet sich beispiels- weise der linke Arm näher dem Fenster, der rechte näher einer Wärme- quelle, so wird der linke Arm kälter sein, als der rechte, oder, da alle Körper durch die Wärme ausgedehnt werden, so wird der linke Arm auch kürzer sein, als der rechte; die rechts liegende Last wirkt also an einem längeren Hebelarm, als die links liegenden Gewichte, die statischen Momente sind bereits gleich, wenn die Last noch leichter ist, als die Summe der Gewichte; die Last erscheint schwerer, als sie in der That ist. Andrerseits, wenn die Last aus einem Stück besteht, so nähert man sich beim Aufsetzen derselben nur einmal dem rechten Wagenarm; hat man 7 Gewichte nöthig, um die Zunge zum Einspielen zu bringen, sie auszutarieren, so nähert man die Hand dem linken Balkenarm siebenmal und bei der großen Empfindlichkeit des Metalls gegen Wärme-
Das Buch der Erfindungen. 2
Von den Wägungen.
zu erfüllen. Macht man die Balken zu lang, ſo wird die Wage ungeſchickt und nimmt zu viel Raum ein, außerdem ſchwingt ſie zu langſam. Leicht ſucht man die Balken zu machen, indem man dieſelben durchbrochen arbeitet, wie Fig. 14 zeigt, aber es muß immer darauf geachtet werden, daß der Balken auch genügende Feſtigkeit hat, um die Laſten tragen zu können, zu deren Abwägung er verwendet werden ſoll. Biegt ſich der Balken durch, weil er zu ſchwach iſt, ſo liegen die drei Schneiden nicht mehr in einer Ebene und die Wägungen werden fehlerhaft. Bei kleineren Wagen arbeitet man die Balken ganz aus Aluminium.
Rückt man endlich den Schwerpunkt s zu nahe nach c herauf, ſo liegt die Gefahr nahe, daß das Gleichgewicht indifferent wird.
Die Erfindung der Wagen iſt ſicherlich bereits in den älteſten Zeiten gemacht worden, aber wo und von wem, läßt ſich auch hier, wie faſt überall, wo es ſich um die Anfänge der Meßkunde handelt, nicht angeben. Die älteſte Methode des Wägens beſtand wohl darin, daß man auf die eine, gewöhnlich die rechte Schale die Laſt legte und dann auf die andere Schale ſo lange Gewichte that, bis das Gleich- gewicht wieder hergeſtellt war. Auf dieſe Weiſe war die Schwere der Laſt ſofort aus den Gewichten abzuleſen, ausgedrückt in Teilen oder Vielfachen der Gewichtseinheit. Legt man auf die rechte Schale ein Stück Fleiſch und muß die linke Schale mit 2,5 kg belaſtet werden, damit die Zunge wieder in der Mitte der Skala einſpielt, ſo wiegt das Fleiſch 2,5 kg. Für den gewöhnlichen Handel genügt dieſes alte ein- fache Verfahren auch heute noch vollkommen, denn ob der Kaufmann 1 g Butter mehr oder weniger auf 1 kg giebt, iſt ſowohl ihm, wie dem Käufer ziemlich gleichgültig; ſollen aber Edelmetalle abgewogen werden, oder handelt es ſich überhaupt um wertvollere Gegenſtände, ſo ſpielen bereits Milligramme eine Rolle, und da genügt dieſes Verfahren nicht.
Die Wagearme abſolut gleich lang zu machen, iſt ein Problem, welches ſelbſt die moderne Technik noch nicht gelöſt hat, und wenn auch dies gelingen ſollte, ſo werden dennoch die Balkenarme während der Wägung Veränderungen unterworfen ſein. Befindet ſich beiſpiels- weiſe der linke Arm näher dem Fenſter, der rechte näher einer Wärme- quelle, ſo wird der linke Arm kälter ſein, als der rechte, oder, da alle Körper durch die Wärme ausgedehnt werden, ſo wird der linke Arm auch kürzer ſein, als der rechte; die rechts liegende Laſt wirkt alſo an einem längeren Hebelarm, als die links liegenden Gewichte, die ſtatiſchen Momente ſind bereits gleich, wenn die Laſt noch leichter iſt, als die Summe der Gewichte; die Laſt erſcheint ſchwerer, als ſie in der That iſt. Andrerſeits, wenn die Laſt aus einem Stück beſteht, ſo nähert man ſich beim Aufſetzen derſelben nur einmal dem rechten Wagenarm; hat man 7 Gewichte nöthig, um die Zunge zum Einſpielen zu bringen, ſie auszutarieren, ſo nähert man die Hand dem linken Balkenarm ſiebenmal und bei der großen Empfindlichkeit des Metalls gegen Wärme-
Das Buch der Erfindungen. 2
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[17/0035]
Von den Wägungen.
zu erfüllen. Macht man die Balken zu lang, ſo wird die Wage
ungeſchickt und nimmt zu viel Raum ein, außerdem ſchwingt ſie zu
langſam. Leicht ſucht man die Balken zu machen, indem man dieſelben
durchbrochen arbeitet, wie Fig. 14 zeigt, aber es muß immer darauf
geachtet werden, daß der Balken auch genügende Feſtigkeit hat, um die
Laſten tragen zu können, zu deren Abwägung er verwendet werden
ſoll. Biegt ſich der Balken durch, weil er zu ſchwach iſt, ſo liegen die
drei Schneiden nicht mehr in einer Ebene und die Wägungen werden
fehlerhaft. Bei kleineren Wagen arbeitet man die Balken ganz aus
Aluminium.
Rückt man endlich den Schwerpunkt s zu nahe nach c herauf, ſo
liegt die Gefahr nahe, daß das Gleichgewicht indifferent wird.
Die Erfindung der Wagen iſt ſicherlich bereits in den älteſten
Zeiten gemacht worden, aber wo und von wem, läßt ſich auch hier,
wie faſt überall, wo es ſich um die Anfänge der Meßkunde handelt,
nicht angeben. Die älteſte Methode des Wägens beſtand wohl darin,
daß man auf die eine, gewöhnlich die rechte Schale die Laſt legte und
dann auf die andere Schale ſo lange Gewichte that, bis das Gleich-
gewicht wieder hergeſtellt war. Auf dieſe Weiſe war die Schwere der
Laſt ſofort aus den Gewichten abzuleſen, ausgedrückt in Teilen oder
Vielfachen der Gewichtseinheit. Legt man auf die rechte Schale ein
Stück Fleiſch und muß die linke Schale mit 2,5 kg belaſtet werden,
damit die Zunge wieder in der Mitte der Skala einſpielt, ſo wiegt das
Fleiſch 2,5 kg. Für den gewöhnlichen Handel genügt dieſes alte ein-
fache Verfahren auch heute noch vollkommen, denn ob der Kaufmann
1 g Butter mehr oder weniger auf 1 kg giebt, iſt ſowohl ihm, wie dem
Käufer ziemlich gleichgültig; ſollen aber Edelmetalle abgewogen werden,
oder handelt es ſich überhaupt um wertvollere Gegenſtände, ſo ſpielen
bereits Milligramme eine Rolle, und da genügt dieſes Verfahren nicht.
Die Wagearme abſolut gleich lang zu machen, iſt ein Problem,
welches ſelbſt die moderne Technik noch nicht gelöſt hat, und wenn
auch dies gelingen ſollte, ſo werden dennoch die Balkenarme während
der Wägung Veränderungen unterworfen ſein. Befindet ſich beiſpiels-
weiſe der linke Arm näher dem Fenſter, der rechte näher einer Wärme-
quelle, ſo wird der linke Arm kälter ſein, als der rechte, oder, da alle
Körper durch die Wärme ausgedehnt werden, ſo wird der linke Arm
auch kürzer ſein, als der rechte; die rechts liegende Laſt wirkt alſo an
einem längeren Hebelarm, als die links liegenden Gewichte, die ſtatiſchen
Momente ſind bereits gleich, wenn die Laſt noch leichter iſt, als die
Summe der Gewichte; die Laſt erſcheint ſchwerer, als ſie in der That
iſt. Andrerſeits, wenn die Laſt aus einem Stück beſteht, ſo nähert
man ſich beim Aufſetzen derſelben nur einmal dem rechten Wagenarm;
hat man 7 Gewichte nöthig, um die Zunge zum Einſpielen zu bringen,
ſie auszutarieren, ſo nähert man die Hand dem linken Balkenarm
ſiebenmal und bei der großen Empfindlichkeit des Metalls gegen Wärme-
Das Buch der Erfindungen. 2
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/35>, abgerufen am 24.11.2024.
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