gesetzt, bis diese nicht mehr bleichend wirken. Dann schmilzt man wieder um, bändert nochmals, bleicht wieder und wiederholt diese Operationen, bis völlige Bleichung bis in den Kern hinein erfolgt ist. Das Verfahren ist ziemlich kostspielig, da es mehrere Wochen dauert.
Von Pflanzenwachssorten kennt man mehrere, welche als Surro- gate für das Bienenwachs gebraucht werden. Besonders zu nennen sind das japanische Wachs, von Rhus succedania herstammend, welches fettiger und talgartiger ist, als das Bienenwachs, dem es nicht gleich- kommt; sodann das Carnaubawachs, der wachsartige Überzug der Blätter einer brasilianischen Palmenart, welches sich durch große Festigkeit und hohen Schmelzpunkt von allen anderen Wachsarten unterscheidet.
Als ein anderes Wachssurrogat dient das Ceresin, welches aus dem natürlich vorkommenden Erdwachs oder Ozokerit durch Schmelzen mit Schwefelsäure und nachfolgendes Entfärben mit Tierkohle gewonnen wird. Es ist in seiner Zusammensetzung dem Paraffin ähnlich, in seinen äußeren Eigenschaften steht es dagegen dem Wachs sehr nahe. Es wird zur Fabrikation von Kerzen auch mit Carnaubawachs gemischt.
Die bisher aufgezählten festen Leuchtstoffe werden zu Kerzen ver- arbeitet. Nach der Fabrikationsmethode unterscheidet man gezogene und gegossene Kerzen; nur besonders starke Exemplare (zu kirchlichen Zwecken) werden aus einzelnen Wachsplatten mit eingelegtem Docht zusammengebogen und gerollt.
Das Ziehen der Kerzen erfolgt meist nur noch bei Talglichtern. Man hat zwei Gefäße, das eine zum Vorratschmelzen, das andere zur Aufnahme des gußrechten Talges. Die Dochte werden zu 16 bis 18 Stück an Holzstäben senkrecht angereiht und "auflaufengelassen", d. h. durch schnelles Eintauchen mit heißem Talg getränkt und nach dem Erkalten abgerundet und geschlichtet. Dann beginnt das eigentliche "Ziehen", indem man die getränkten Dochte abwechselnd in gußrecht abgekühlten Talg eintaucht, herauszieht und auf einem Holzgerüst, der "Werkbank", erkalten läßt. So wird die Kerze allmählich dicker. Der natürlichen Neigung des Talges, sich am unteren Ende dicker anzulegen, begegnet man durch verschieden tiefes Eintauchen, sowie dadurch, daß man gegen Schluß der Prozedur das untere Ende länger im Bade läßt, so daß ein Teil wieder abschmilzt. Dann wird endlich die Gestalt der Kerze mittels eines kreisförmig ausgeschnittenen, erwärmten Bleches nachgebessert.
Das Ziehen ist sehr mühsam, bietet aber den Vorteil, daß man für die inneren Schichten der Kerze geringere, für die äußeren bessere Talgsorten verwenden kann.
Zum Gießen der Kerzen, welches besonders für Stearin, Walrat und Paraffin angewendet wird, gebraucht man meist Metallformen. Die letzteren bestehen aus einem inwendig sorgfältig geglätteten, sich sehr wenig verjüngenden Rohre, dessen unteres Ende in eine offene
Feſte Beleuchtungsſtoffe, Beleuchtung mit Kerzen.
geſetzt, bis dieſe nicht mehr bleichend wirken. Dann ſchmilzt man wieder um, bändert nochmals, bleicht wieder und wiederholt dieſe Operationen, bis völlige Bleichung bis in den Kern hinein erfolgt iſt. Das Verfahren iſt ziemlich koſtſpielig, da es mehrere Wochen dauert.
Von Pflanzenwachsſorten kennt man mehrere, welche als Surro- gate für das Bienenwachs gebraucht werden. Beſonders zu nennen ſind das japaniſche Wachs, von Rhus succedania herſtammend, welches fettiger und talgartiger iſt, als das Bienenwachs, dem es nicht gleich- kommt; ſodann das Carnaubawachs, der wachsartige Überzug der Blätter einer braſilianiſchen Palmenart, welches ſich durch große Feſtigkeit und hohen Schmelzpunkt von allen anderen Wachsarten unterſcheidet.
Als ein anderes Wachsſurrogat dient das Cereſin, welches aus dem natürlich vorkommenden Erdwachs oder Ozokerit durch Schmelzen mit Schwefelſäure und nachfolgendes Entfärben mit Tierkohle gewonnen wird. Es iſt in ſeiner Zuſammenſetzung dem Paraffin ähnlich, in ſeinen äußeren Eigenſchaften ſteht es dagegen dem Wachs ſehr nahe. Es wird zur Fabrikation von Kerzen auch mit Carnaubawachs gemiſcht.
Die bisher aufgezählten feſten Leuchtſtoffe werden zu Kerzen ver- arbeitet. Nach der Fabrikationsmethode unterſcheidet man gezogene und gegoſſene Kerzen; nur beſonders ſtarke Exemplare (zu kirchlichen Zwecken) werden aus einzelnen Wachsplatten mit eingelegtem Docht zuſammengebogen und gerollt.
Das Ziehen der Kerzen erfolgt meiſt nur noch bei Talglichtern. Man hat zwei Gefäße, das eine zum Vorratſchmelzen, das andere zur Aufnahme des gußrechten Talges. Die Dochte werden zu 16 bis 18 Stück an Holzſtäben ſenkrecht angereiht und „auflaufengelaſſen“, d. h. durch ſchnelles Eintauchen mit heißem Talg getränkt und nach dem Erkalten abgerundet und geſchlichtet. Dann beginnt das eigentliche „Ziehen“, indem man die getränkten Dochte abwechſelnd in gußrecht abgekühlten Talg eintaucht, herauszieht und auf einem Holzgerüſt, der „Werkbank“, erkalten läßt. So wird die Kerze allmählich dicker. Der natürlichen Neigung des Talges, ſich am unteren Ende dicker anzulegen, begegnet man durch verſchieden tiefes Eintauchen, ſowie dadurch, daß man gegen Schluß der Prozedur das untere Ende länger im Bade läßt, ſo daß ein Teil wieder abſchmilzt. Dann wird endlich die Geſtalt der Kerze mittels eines kreisförmig ausgeſchnittenen, erwärmten Bleches nachgebeſſert.
Das Ziehen iſt ſehr mühſam, bietet aber den Vorteil, daß man für die inneren Schichten der Kerze geringere, für die äußeren beſſere Talgſorten verwenden kann.
Zum Gießen der Kerzen, welches beſonders für Stearin, Walrat und Paraffin angewendet wird, gebraucht man meiſt Metallformen. Die letzteren beſtehen aus einem inwendig ſorgfältig geglätteten, ſich ſehr wenig verjüngenden Rohre, deſſen unteres Ende in eine offene
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Feſte Beleuchtungsſtoffe, Beleuchtung mit Kerzen.
geſetzt, bis dieſe nicht mehr bleichend wirken. Dann ſchmilzt man
wieder um, bändert nochmals, bleicht wieder und wiederholt dieſe
Operationen, bis völlige Bleichung bis in den Kern hinein erfolgt iſt.
Das Verfahren iſt ziemlich koſtſpielig, da es mehrere Wochen dauert.
Von Pflanzenwachsſorten kennt man mehrere, welche als Surro-
gate für das Bienenwachs gebraucht werden. Beſonders zu nennen
ſind das japaniſche Wachs, von Rhus succedania herſtammend, welches
fettiger und talgartiger iſt, als das Bienenwachs, dem es nicht gleich-
kommt; ſodann das Carnaubawachs, der wachsartige Überzug der
Blätter einer braſilianiſchen Palmenart, welches ſich durch große
Feſtigkeit und hohen Schmelzpunkt von allen anderen Wachsarten
unterſcheidet.
Als ein anderes Wachsſurrogat dient das Cereſin, welches aus
dem natürlich vorkommenden Erdwachs oder Ozokerit durch Schmelzen
mit Schwefelſäure und nachfolgendes Entfärben mit Tierkohle gewonnen
wird. Es iſt in ſeiner Zuſammenſetzung dem Paraffin ähnlich, in
ſeinen äußeren Eigenſchaften ſteht es dagegen dem Wachs ſehr nahe.
Es wird zur Fabrikation von Kerzen auch mit Carnaubawachs gemiſcht.
Die bisher aufgezählten feſten Leuchtſtoffe werden zu Kerzen ver-
arbeitet. Nach der Fabrikationsmethode unterſcheidet man gezogene
und gegoſſene Kerzen; nur beſonders ſtarke Exemplare (zu kirchlichen
Zwecken) werden aus einzelnen Wachsplatten mit eingelegtem Docht
zuſammengebogen und gerollt.
Das Ziehen der Kerzen erfolgt meiſt nur noch bei Talglichtern.
Man hat zwei Gefäße, das eine zum Vorratſchmelzen, das andere zur
Aufnahme des gußrechten Talges. Die Dochte werden zu 16 bis 18
Stück an Holzſtäben ſenkrecht angereiht und „auflaufengelaſſen“, d. h.
durch ſchnelles Eintauchen mit heißem Talg getränkt und nach dem
Erkalten abgerundet und geſchlichtet. Dann beginnt das eigentliche
„Ziehen“, indem man die getränkten Dochte abwechſelnd in gußrecht
abgekühlten Talg eintaucht, herauszieht und auf einem Holzgerüſt, der
„Werkbank“, erkalten läßt. So wird die Kerze allmählich dicker. Der
natürlichen Neigung des Talges, ſich am unteren Ende dicker anzulegen,
begegnet man durch verſchieden tiefes Eintauchen, ſowie dadurch, daß
man gegen Schluß der Prozedur das untere Ende länger im Bade
läßt, ſo daß ein Teil wieder abſchmilzt. Dann wird endlich die
Geſtalt der Kerze mittels eines kreisförmig ausgeſchnittenen, erwärmten
Bleches nachgebeſſert.
Das Ziehen iſt ſehr mühſam, bietet aber den Vorteil, daß man
für die inneren Schichten der Kerze geringere, für die äußeren beſſere
Talgſorten verwenden kann.
Zum Gießen der Kerzen, welches beſonders für Stearin, Walrat
und Paraffin angewendet wird, gebraucht man meiſt Metallformen.
Die letzteren beſtehen aus einem inwendig ſorgfältig geglätteten, ſich
ſehr wenig verjüngenden Rohre, deſſen unteres Ende in eine offene
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/305>, abgerufen am 22.11.2024.
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