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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Der Phonograph.
Parlamenten gearbeitet hat. Er ist auch fähig, uns das, was er sich
notiert hat, alles wieder vorzulesen, ganz in dem Tonfall, der beim
Sprechen angewendet ward. Dazu ist nur nötig, durch Rückwärts-
drehen die Walze an ihren Ausgangspunkt zurückzubringen, den Stift,
der während dieses letzten Vorgangs zurückgelegt war, an den Anfangs-
punkt jener eigentümlichen Schrift zu setzen, und aus dem Sprachrohr,
zu welchem das Schallrohr von vorhin geworden ist, tönt uns die
hineingesprochene Rede wieder. Der Stift folgt nämlich allen Uneben-
heiten des Stanniolblattes, die er selbst erzeugt hat, und gerät da-
durch in ähnliche Schwingungen, wie während des Schreibens, er
überträgt sein Zittern auf die elastische Haut, welche nun dieselben
Schwingungen wiederholt, die sie vorher vollführte, und vor sich die
Luft im Trichter in Bewegung setzt, daß diese in unser Ohr dringend
uns zur Empfindung der Rede verhilft.

Aber freilich hatte dieser Apparat, so einfach und so lehrreich er
war, wenn er sich auch zur Wiedergabe des Gesungenen und der mit
Musikinstrumenten ihm anvertrauten Melodien ganz ebenso eignete,
auch seine schwachen Seiten, und der geniale Erfinder war nicht nur
umsichtig genug, dieselben herauszufinden, er war auch der Mann, die
Schwierigkeiten, die sich den Verbesserungen des Apparates in den
Weg stellten, mit der zähen Energie, welche mit der Genialität
gepaart den Erfinder Großes erreichen läßt, zu überwinden. Zwölf
Jahre arbeitete er unausgesetzt an den Verbesserungen seines Stimm-
schreibers, dann übergab er der Welt einen Apparat, wie sie ihn voll-
kommener nicht wünschen kann. Einmal war die Membran, die Edison
damals verwandt hatte, nicht gleichmäßig elastisch; heute verwendet er
für dieselbe ein dünnes Blatt aus Glas. Dieser Körper, dessen Zer-
brechlichkeit sprichwörtlich geworden ist, den wir für so wenig bieg-
sam halten, besitzt in Blattform die gleichmäßige Elastizität in allen
Richtungen, welche ihn für den Phonographen geeignet macht. Anderer-
seits war das Material der Walze zu ändern, da die Zinnfolie leicht
nachgab und ihre Eindrücke nicht bleibend behielt, so daß sie sich nicht
zum öfteren Gebrauche aufheben ließ. Jetzt ist dieselbe durch eine
Walze ersetzt, die aus einem weichen Stoffe, man sagt aus einer
Mischung von Wachs und Seife besteht, die aber noch einige nicht
allgemein bekannte Beimengungen enthält. Auf ihr werden die Spuren
des Stifts auch nicht blos oberflächlich eingedrückt, vielmehr schneidet
ein scharfes Messer, das denselben ersetzt, in das weiche Material
ein, ähnlich wie der Grabstichel des Kupferstechers in die Platte
einschneidet. Die Spähne können sorgfältig weggenommen werden, so
daß die Schrift höchst sorgfältig eingemeißelt erscheint. Diese Walzen
lassen sich nun aufheben, und jederzeit kann man die ihnen überlieferten
Laute sich wieder in die Ohren klingen lassen. Das wird jetzt auch
in viel saubererer Weise erreicht, als früher, da man die Maschine
mit der Hand bewegen mußte. Damals war der Gang niemals so

Der Phonograph.
Parlamenten gearbeitet hat. Er iſt auch fähig, uns das, was er ſich
notiert hat, alles wieder vorzuleſen, ganz in dem Tonfall, der beim
Sprechen angewendet ward. Dazu iſt nur nötig, durch Rückwärts-
drehen die Walze an ihren Ausgangspunkt zurückzubringen, den Stift,
der während dieſes letzten Vorgangs zurückgelegt war, an den Anfangs-
punkt jener eigentümlichen Schrift zu ſetzen, und aus dem Sprachrohr,
zu welchem das Schallrohr von vorhin geworden iſt, tönt uns die
hineingeſprochene Rede wieder. Der Stift folgt nämlich allen Uneben-
heiten des Stanniolblattes, die er ſelbſt erzeugt hat, und gerät da-
durch in ähnliche Schwingungen, wie während des Schreibens, er
überträgt ſein Zittern auf die elaſtiſche Haut, welche nun dieſelben
Schwingungen wiederholt, die ſie vorher vollführte, und vor ſich die
Luft im Trichter in Bewegung ſetzt, daß dieſe in unſer Ohr dringend
uns zur Empfindung der Rede verhilft.

Aber freilich hatte dieſer Apparat, ſo einfach und ſo lehrreich er
war, wenn er ſich auch zur Wiedergabe des Geſungenen und der mit
Muſikinſtrumenten ihm anvertrauten Melodien ganz ebenſo eignete,
auch ſeine ſchwachen Seiten, und der geniale Erfinder war nicht nur
umſichtig genug, dieſelben herauszufinden, er war auch der Mann, die
Schwierigkeiten, die ſich den Verbeſſerungen des Apparates in den
Weg ſtellten, mit der zähen Energie, welche mit der Genialität
gepaart den Erfinder Großes erreichen läßt, zu überwinden. Zwölf
Jahre arbeitete er unausgeſetzt an den Verbeſſerungen ſeines Stimm-
ſchreibers, dann übergab er der Welt einen Apparat, wie ſie ihn voll-
kommener nicht wünſchen kann. Einmal war die Membran, die Ediſon
damals verwandt hatte, nicht gleichmäßig elaſtiſch; heute verwendet er
für dieſelbe ein dünnes Blatt aus Glas. Dieſer Körper, deſſen Zer-
brechlichkeit ſprichwörtlich geworden iſt, den wir für ſo wenig bieg-
ſam halten, beſitzt in Blattform die gleichmäßige Elaſtizität in allen
Richtungen, welche ihn für den Phonographen geeignet macht. Anderer-
ſeits war das Material der Walze zu ändern, da die Zinnfolie leicht
nachgab und ihre Eindrücke nicht bleibend behielt, ſo daß ſie ſich nicht
zum öfteren Gebrauche aufheben ließ. Jetzt iſt dieſelbe durch eine
Walze erſetzt, die aus einem weichen Stoffe, man ſagt aus einer
Miſchung von Wachs und Seife beſteht, die aber noch einige nicht
allgemein bekannte Beimengungen enthält. Auf ihr werden die Spuren
des Stifts auch nicht blos oberflächlich eingedrückt, vielmehr ſchneidet
ein ſcharfes Meſſer, das denſelben erſetzt, in das weiche Material
ein, ähnlich wie der Grabſtichel des Kupferſtechers in die Platte
einſchneidet. Die Spähne können ſorgfältig weggenommen werden, ſo
daß die Schrift höchſt ſorgfältig eingemeißelt erſcheint. Dieſe Walzen
laſſen ſich nun aufheben, und jederzeit kann man die ihnen überlieferten
Laute ſich wieder in die Ohren klingen laſſen. Das wird jetzt auch
in viel ſaubererer Weiſe erreicht, als früher, da man die Maſchine
mit der Hand bewegen mußte. Damals war der Gang niemals ſo

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[229/0247] Der Phonograph. Parlamenten gearbeitet hat. Er iſt auch fähig, uns das, was er ſich notiert hat, alles wieder vorzuleſen, ganz in dem Tonfall, der beim Sprechen angewendet ward. Dazu iſt nur nötig, durch Rückwärts- drehen die Walze an ihren Ausgangspunkt zurückzubringen, den Stift, der während dieſes letzten Vorgangs zurückgelegt war, an den Anfangs- punkt jener eigentümlichen Schrift zu ſetzen, und aus dem Sprachrohr, zu welchem das Schallrohr von vorhin geworden iſt, tönt uns die hineingeſprochene Rede wieder. Der Stift folgt nämlich allen Uneben- heiten des Stanniolblattes, die er ſelbſt erzeugt hat, und gerät da- durch in ähnliche Schwingungen, wie während des Schreibens, er überträgt ſein Zittern auf die elaſtiſche Haut, welche nun dieſelben Schwingungen wiederholt, die ſie vorher vollführte, und vor ſich die Luft im Trichter in Bewegung ſetzt, daß dieſe in unſer Ohr dringend uns zur Empfindung der Rede verhilft. Aber freilich hatte dieſer Apparat, ſo einfach und ſo lehrreich er war, wenn er ſich auch zur Wiedergabe des Geſungenen und der mit Muſikinſtrumenten ihm anvertrauten Melodien ganz ebenſo eignete, auch ſeine ſchwachen Seiten, und der geniale Erfinder war nicht nur umſichtig genug, dieſelben herauszufinden, er war auch der Mann, die Schwierigkeiten, die ſich den Verbeſſerungen des Apparates in den Weg ſtellten, mit der zähen Energie, welche mit der Genialität gepaart den Erfinder Großes erreichen läßt, zu überwinden. Zwölf Jahre arbeitete er unausgeſetzt an den Verbeſſerungen ſeines Stimm- ſchreibers, dann übergab er der Welt einen Apparat, wie ſie ihn voll- kommener nicht wünſchen kann. Einmal war die Membran, die Ediſon damals verwandt hatte, nicht gleichmäßig elaſtiſch; heute verwendet er für dieſelbe ein dünnes Blatt aus Glas. Dieſer Körper, deſſen Zer- brechlichkeit ſprichwörtlich geworden iſt, den wir für ſo wenig bieg- ſam halten, beſitzt in Blattform die gleichmäßige Elaſtizität in allen Richtungen, welche ihn für den Phonographen geeignet macht. Anderer- ſeits war das Material der Walze zu ändern, da die Zinnfolie leicht nachgab und ihre Eindrücke nicht bleibend behielt, ſo daß ſie ſich nicht zum öfteren Gebrauche aufheben ließ. Jetzt iſt dieſelbe durch eine Walze erſetzt, die aus einem weichen Stoffe, man ſagt aus einer Miſchung von Wachs und Seife beſteht, die aber noch einige nicht allgemein bekannte Beimengungen enthält. Auf ihr werden die Spuren des Stifts auch nicht blos oberflächlich eingedrückt, vielmehr ſchneidet ein ſcharfes Meſſer, das denſelben erſetzt, in das weiche Material ein, ähnlich wie der Grabſtichel des Kupferſtechers in die Platte einſchneidet. Die Spähne können ſorgfältig weggenommen werden, ſo daß die Schrift höchſt ſorgfältig eingemeißelt erſcheint. Dieſe Walzen laſſen ſich nun aufheben, und jederzeit kann man die ihnen überlieferten Laute ſich wieder in die Ohren klingen laſſen. Das wird jetzt auch in viel ſaubererer Weiſe erreicht, als früher, da man die Maſchine mit der Hand bewegen mußte. Damals war der Gang niemals ſo

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/247>, abgerufen am 23.11.2024.