wünscht, und es klingen sofort, wie aus dem Munde eines Menschen oder aus einem Musikinstrumente, alle die verschiedenen Laute heraus, welche bei den Mondbewohnern als Sprache dienen."
Der beschriebene Apparat ist der Phonograph, aber seine Erfindung wurde nicht früher als im Jahre 1877 gemacht, und der sie machte, war wieder kein anderer als Edison, der sich also auf akustischem Gebiete als ebenso bewandert bewies, wie wir ihn in seinem eigentlichen Fache, der Elektrotechnik kennen gelernt haben. Der Apparat läßt an Einfachheit nichts zu wünschen übrig. Die Worte, welche aufgeschrieben werden sollen, brauchen nur in einen Trichter gerufen zu werden, der unten mit einer elastischen Haut abschließt. So weit ist das Instrument offenbar unserem Ohre nachgebildet: der Trichter ist der Ohrmuschel, die Membran dem Trommelfelle vergleichbar. Bei den verschiedenen Lauten, die hineinschallen, wird diese Haut verschiedene schwingende Bewegungen durchmachen. Ist die Stimme laut, so werden die Schwingungen stärker sein, ist sie hoch, wie etwa die der Frauen, so werden sie schneller erfolgen, als wenn sie tief ist, wie die der Männer, und alle Modulationen der Sprache werden sich schließlich in den Besonderheiten der einzelnen Schwingungen wiederspiegeln.
Aber Worte sind wie Hauch, den der Wind verweht. Ist es nicht möglich diese Bewegungen der Membran irgend wie zu fixieren? Darf man nicht hoffen, den Apparat zur nachträglichen Wiederholung des gesprochenen Wortes zu veranlassen? Beides ist möglich. Das Aufschreiben geschieht durch einen spitzen Stift, der an der außer- halb des Trichters befindlichen Seite der Membran sitzt, und statt des Papieres zum Schreiben bedient man sich hier eines Blattes aus dünnem Zinn, wie es als Stanniol zum Einpacken vieler Dinge vermendet wird. Dieses wird um eine Walze gewickelt, welche sich drehen läßt. Beim Drehen bewegt sie sich zugleich im ganzen vorwärts, da in die Drehungsachse ein Schraubengewinde eingeschnitten ist, welches sich in eine feststehende Schraubenmutter hineindreht. Ein Gewinde von der- selben Ganghöhe ist auch in die Walzen eingeschnitten. Der Stift an der Membran drückt das Stanniol gerade in dieses Gewinde hinein. Wenn alles ruhig ist, so drückt der Stift stets gleichmäßig gegen das Zinnblatt, und erst wenn man hineinspricht, ändert sich durch die Auf- und Abbewegung des Stiftes die Tiefe der Schraubenlinie, deren Durchschnitt jetzt wellig erscheinen wird. Wir haben jetzt sozusagen das Gesprochene auf dem Zinnblatte abgebildet. Es ist eine Schrift, die wir vor uns haben, aber eine viel vollkommenere als diejenige, die wir mit der Feder schreiben. Oder ist es möglich, daß die ge- schriebene oder gedruckte Rede uns völlig den Eindruck der gesprochenen macht, merken wir die feinen Hebungen und Senkungen des Organs während des Lesens, durch welche der Redner seinen Worten Nach- druck leiht? Nein, aber der Phonograph hat alles dies mit auf- gezeichnet, er ist ein so bedeutender Schnellschreiber, wie keiner je in
Die elektriſchen Erfindungen.
wünſcht, und es klingen ſofort, wie aus dem Munde eines Menſchen oder aus einem Muſikinſtrumente, alle die verſchiedenen Laute heraus, welche bei den Mondbewohnern als Sprache dienen.“
Der beſchriebene Apparat iſt der Phonograph, aber ſeine Erfindung wurde nicht früher als im Jahre 1877 gemacht, und der ſie machte, war wieder kein anderer als Ediſon, der ſich alſo auf akuſtiſchem Gebiete als ebenſo bewandert bewies, wie wir ihn in ſeinem eigentlichen Fache, der Elektrotechnik kennen gelernt haben. Der Apparat läßt an Einfachheit nichts zu wünſchen übrig. Die Worte, welche aufgeſchrieben werden ſollen, brauchen nur in einen Trichter gerufen zu werden, der unten mit einer elaſtiſchen Haut abſchließt. So weit iſt das Inſtrument offenbar unſerem Ohre nachgebildet: der Trichter iſt der Ohrmuſchel, die Membran dem Trommelfelle vergleichbar. Bei den verſchiedenen Lauten, die hineinſchallen, wird dieſe Haut verſchiedene ſchwingende Bewegungen durchmachen. Iſt die Stimme laut, ſo werden die Schwingungen ſtärker ſein, iſt ſie hoch, wie etwa die der Frauen, ſo werden ſie ſchneller erfolgen, als wenn ſie tief iſt, wie die der Männer, und alle Modulationen der Sprache werden ſich ſchließlich in den Beſonderheiten der einzelnen Schwingungen wiederſpiegeln.
Aber Worte ſind wie Hauch, den der Wind verweht. Iſt es nicht möglich dieſe Bewegungen der Membran irgend wie zu fixieren? Darf man nicht hoffen, den Apparat zur nachträglichen Wiederholung des geſprochenen Wortes zu veranlaſſen? Beides iſt möglich. Das Aufſchreiben geſchieht durch einen ſpitzen Stift, der an der außer- halb des Trichters befindlichen Seite der Membran ſitzt, und ſtatt des Papieres zum Schreiben bedient man ſich hier eines Blattes aus dünnem Zinn, wie es als Stanniol zum Einpacken vieler Dinge vermendet wird. Dieſes wird um eine Walze gewickelt, welche ſich drehen läßt. Beim Drehen bewegt ſie ſich zugleich im ganzen vorwärts, da in die Drehungsachſe ein Schraubengewinde eingeſchnitten iſt, welches ſich in eine feſtſtehende Schraubenmutter hineindreht. Ein Gewinde von der- ſelben Ganghöhe iſt auch in die Walzen eingeſchnitten. Der Stift an der Membran drückt das Stanniol gerade in dieſes Gewinde hinein. Wenn alles ruhig iſt, ſo drückt der Stift ſtets gleichmäßig gegen das Zinnblatt, und erſt wenn man hineinſpricht, ändert ſich durch die Auf- und Abbewegung des Stiftes die Tiefe der Schraubenlinie, deren Durchſchnitt jetzt wellig erſcheinen wird. Wir haben jetzt ſozuſagen das Geſprochene auf dem Zinnblatte abgebildet. Es iſt eine Schrift, die wir vor uns haben, aber eine viel vollkommenere als diejenige, die wir mit der Feder ſchreiben. Oder iſt es möglich, daß die ge- ſchriebene oder gedruckte Rede uns völlig den Eindruck der geſprochenen macht, merken wir die feinen Hebungen und Senkungen des Organs während des Leſens, durch welche der Redner ſeinen Worten Nach- druck leiht? Nein, aber der Phonograph hat alles dies mit auf- gezeichnet, er iſt ein ſo bedeutender Schnellſchreiber, wie keiner je in
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Die elektriſchen Erfindungen.
wünſcht, und es klingen ſofort, wie aus dem Munde eines Menſchen
oder aus einem Muſikinſtrumente, alle die verſchiedenen Laute heraus,
welche bei den Mondbewohnern als Sprache dienen.“
Der beſchriebene Apparat iſt der Phonograph, aber ſeine Erfindung
wurde nicht früher als im Jahre 1877 gemacht, und der ſie machte, war
wieder kein anderer als Ediſon, der ſich alſo auf akuſtiſchem Gebiete als
ebenſo bewandert bewies, wie wir ihn in ſeinem eigentlichen Fache, der
Elektrotechnik kennen gelernt haben. Der Apparat läßt an Einfachheit
nichts zu wünſchen übrig. Die Worte, welche aufgeſchrieben werden
ſollen, brauchen nur in einen Trichter gerufen zu werden, der unten
mit einer elaſtiſchen Haut abſchließt. So weit iſt das Inſtrument
offenbar unſerem Ohre nachgebildet: der Trichter iſt der Ohrmuſchel,
die Membran dem Trommelfelle vergleichbar. Bei den verſchiedenen
Lauten, die hineinſchallen, wird dieſe Haut verſchiedene ſchwingende
Bewegungen durchmachen. Iſt die Stimme laut, ſo werden die
Schwingungen ſtärker ſein, iſt ſie hoch, wie etwa die der Frauen, ſo
werden ſie ſchneller erfolgen, als wenn ſie tief iſt, wie die der Männer,
und alle Modulationen der Sprache werden ſich ſchließlich in den
Beſonderheiten der einzelnen Schwingungen wiederſpiegeln.
Aber Worte ſind wie Hauch, den der Wind verweht. Iſt es
nicht möglich dieſe Bewegungen der Membran irgend wie zu fixieren?
Darf man nicht hoffen, den Apparat zur nachträglichen Wiederholung
des geſprochenen Wortes zu veranlaſſen? Beides iſt möglich. Das
Aufſchreiben geſchieht durch einen ſpitzen Stift, der an der außer-
halb des Trichters befindlichen Seite der Membran ſitzt, und ſtatt des
Papieres zum Schreiben bedient man ſich hier eines Blattes aus dünnem
Zinn, wie es als Stanniol zum Einpacken vieler Dinge vermendet
wird. Dieſes wird um eine Walze gewickelt, welche ſich drehen läßt.
Beim Drehen bewegt ſie ſich zugleich im ganzen vorwärts, da in die
Drehungsachſe ein Schraubengewinde eingeſchnitten iſt, welches ſich in
eine feſtſtehende Schraubenmutter hineindreht. Ein Gewinde von der-
ſelben Ganghöhe iſt auch in die Walzen eingeſchnitten. Der Stift an
der Membran drückt das Stanniol gerade in dieſes Gewinde hinein.
Wenn alles ruhig iſt, ſo drückt der Stift ſtets gleichmäßig gegen das
Zinnblatt, und erſt wenn man hineinſpricht, ändert ſich durch die Auf-
und Abbewegung des Stiftes die Tiefe der Schraubenlinie, deren
Durchſchnitt jetzt wellig erſcheinen wird. Wir haben jetzt ſozuſagen
das Geſprochene auf dem Zinnblatte abgebildet. Es iſt eine Schrift,
die wir vor uns haben, aber eine viel vollkommenere als diejenige,
die wir mit der Feder ſchreiben. Oder iſt es möglich, daß die ge-
ſchriebene oder gedruckte Rede uns völlig den Eindruck der geſprochenen
macht, merken wir die feinen Hebungen und Senkungen des Organs
während des Leſens, durch welche der Redner ſeinen Worten Nach-
druck leiht? Nein, aber der Phonograph hat alles dies mit auf-
gezeichnet, er iſt ein ſo bedeutender Schnellſchreiber, wie keiner je in
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/246>, abgerufen am 23.11.2024.
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