Straßen und Häusern schaffte, für die eine nahe Stromschnelle die Kraft liefert. So brannte im letzten Winter das Licht auf den Straßen ununterbrochen vom 18. November bis zum 23. Januar, während das Werk vom 16. Mai bis zum 26. Juli feiern konnte, weil in dieser Zeit die Sonne nicht unterging. Doch sehen wir uns jetzt nach der andern elektrischen Leuchte, dem Bogenlichte, um!
Dasselbe wurde zuerst 1813 von dem englischen Chemiker Davy dargestellt. Er leitete dazu den Strom von 2000 Voltaschen Elementen durch zwei Kohlenstifte, die einander an ihren Enden berührten. Der Widerstand ist natürlich gerade an solchen zugespitzten Enden besonders stark und daher wurden sie in Glut versetzt. Sie blieben aber leuchtend, wenn man sie jetzt von einander langsam entfernte, während doch der Batteriestrom keineswegs jene hohe Spannung aufwies, die nötig ist, damit ein Ausgleich der Elektrizitäten durch die Luft erfolgen könne. Der Widerspruch löst sich leicht, wenn man bedenkt, daß der Strom kleine Kohleteilchen abreißt, die dann eine fast ununterbrochene Ver- bindung zwischen den beiden Kohlen herstellen. Wiewohl der Wider- stand bedeutender ist, wird er doch vom Strome überwunden, es bildet sich eine weißglühende Lichtbrücke in der Luft, und dieselbe bricht erst dann, wenn die Entfernung der Spitzen zu groß geworden ist. Dieser glühende Bogen hat dem Lichte den Namen gegeben. Wir haben in ihm die höchste Hitze, die wir künstlich herzustellen fähig sind, und ein Licht, das eben nur dem des Tagesgestirns an Helligkeit nachsteht. Die Kohlen, die als Träger des Lichtes dienen, sind hier mit viel geringerer Mühe zu beschaffen, als die feinen Fäden der Glühlampen. Bei der Gasfabrikation bleibt in den Retorten ein Rückstand von Koks, der gerade als Herstellungsmaterial für die Bogenlichtkohlen geeignet ist. Offenbar wird dieses Licht recht viele Unterschiede gegen das Glühlicht aufweisen. Einmal wird bei dem vielmal größeren Wider- stande, den die Lampe leistet, der Strom viel höher gespannt sein müssen. Die zugeführte Wärme wird andererseits nicht blos den Flammenbogen in Glut erhalten, er wird auch im Beisein der Luft die Kohlen zur Ver- brennung bringen, und wenn auch dies bei der allzu hoch gesteigerten Hitze in keinem großen Umfange geschehen kann, so wird doch ein anderes die allmähliche Aufzehrung der Lichtträger bewirken. In jenen glühenden Kohlenteilchen, welche den Lichtbogen bilden, wird den Kohlen viel Material entzogen, und zwar hat sich herausgestellt, daß die Kohle, an der der Strom eintritt, einer viel größeren Stoffmenge beraubt wird, als diejenige, an der er aus dem Lichtbogen austritt. Die erstere verliert ihre Spitze und höhlt sich allmählich aus, während die andere dauernd ihre Form behält, obgleich sie auch etwa die Hälfte jenes Stoffes verliert, den die erstere abgiebt. Dieser Verlust an Material führt zu einer Verkürzung der Kohlen und da der Lichtbogen nicht über eine gewisse Grenze wachsen kann, ohne zu zerreißen, so muß man Vorkehrungen treffen, welche die Kohlen immer um soviel
Die elektriſchen Erfindungen.
Straßen und Häuſern ſchaffte, für die eine nahe Stromſchnelle die Kraft liefert. So brannte im letzten Winter das Licht auf den Straßen ununterbrochen vom 18. November bis zum 23. Januar, während das Werk vom 16. Mai bis zum 26. Juli feiern konnte, weil in dieſer Zeit die Sonne nicht unterging. Doch ſehen wir uns jetzt nach der andern elektriſchen Leuchte, dem Bogenlichte, um!
Dasſelbe wurde zuerſt 1813 von dem engliſchen Chemiker Davy dargeſtellt. Er leitete dazu den Strom von 2000 Voltaſchen Elementen durch zwei Kohlenſtifte, die einander an ihren Enden berührten. Der Widerſtand iſt natürlich gerade an ſolchen zugeſpitzten Enden beſonders ſtark und daher wurden ſie in Glut verſetzt. Sie blieben aber leuchtend, wenn man ſie jetzt von einander langſam entfernte, während doch der Batterieſtrom keineswegs jene hohe Spannung aufwies, die nötig iſt, damit ein Ausgleich der Elektrizitäten durch die Luft erfolgen könne. Der Widerſpruch löſt ſich leicht, wenn man bedenkt, daß der Strom kleine Kohleteilchen abreißt, die dann eine faſt ununterbrochene Ver- bindung zwiſchen den beiden Kohlen herſtellen. Wiewohl der Wider- ſtand bedeutender iſt, wird er doch vom Strome überwunden, es bildet ſich eine weißglühende Lichtbrücke in der Luft, und dieſelbe bricht erſt dann, wenn die Entfernung der Spitzen zu groß geworden iſt. Dieſer glühende Bogen hat dem Lichte den Namen gegeben. Wir haben in ihm die höchſte Hitze, die wir künſtlich herzuſtellen fähig ſind, und ein Licht, das eben nur dem des Tagesgeſtirns an Helligkeit nachſteht. Die Kohlen, die als Träger des Lichtes dienen, ſind hier mit viel geringerer Mühe zu beſchaffen, als die feinen Fäden der Glühlampen. Bei der Gasfabrikation bleibt in den Retorten ein Rückſtand von Koks, der gerade als Herſtellungsmaterial für die Bogenlichtkohlen geeignet iſt. Offenbar wird dieſes Licht recht viele Unterſchiede gegen das Glühlicht aufweiſen. Einmal wird bei dem vielmal größeren Wider- ſtande, den die Lampe leiſtet, der Strom viel höher geſpannt ſein müſſen. Die zugeführte Wärme wird andererſeits nicht blos den Flammenbogen in Glut erhalten, er wird auch im Beiſein der Luft die Kohlen zur Ver- brennung bringen, und wenn auch dies bei der allzu hoch geſteigerten Hitze in keinem großen Umfange geſchehen kann, ſo wird doch ein anderes die allmähliche Aufzehrung der Lichtträger bewirken. In jenen glühenden Kohlenteilchen, welche den Lichtbogen bilden, wird den Kohlen viel Material entzogen, und zwar hat ſich herausgeſtellt, daß die Kohle, an der der Strom eintritt, einer viel größeren Stoffmenge beraubt wird, als diejenige, an der er aus dem Lichtbogen austritt. Die erſtere verliert ihre Spitze und höhlt ſich allmählich aus, während die andere dauernd ihre Form behält, obgleich ſie auch etwa die Hälfte jenes Stoffes verliert, den die erſtere abgiebt. Dieſer Verluſt an Material führt zu einer Verkürzung der Kohlen und da der Lichtbogen nicht über eine gewiſſe Grenze wachſen kann, ohne zu zerreißen, ſo muß man Vorkehrungen treffen, welche die Kohlen immer um ſoviel
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[184/0202]
Die elektriſchen Erfindungen.
Straßen und Häuſern ſchaffte, für die eine nahe Stromſchnelle die
Kraft liefert. So brannte im letzten Winter das Licht auf den Straßen
ununterbrochen vom 18. November bis zum 23. Januar, während das
Werk vom 16. Mai bis zum 26. Juli feiern konnte, weil in dieſer Zeit
die Sonne nicht unterging. Doch ſehen wir uns jetzt nach der andern
elektriſchen Leuchte, dem Bogenlichte, um!
Dasſelbe wurde zuerſt 1813 von dem engliſchen Chemiker Davy
dargeſtellt. Er leitete dazu den Strom von 2000 Voltaſchen Elementen
durch zwei Kohlenſtifte, die einander an ihren Enden berührten. Der
Widerſtand iſt natürlich gerade an ſolchen zugeſpitzten Enden beſonders
ſtark und daher wurden ſie in Glut verſetzt. Sie blieben aber leuchtend,
wenn man ſie jetzt von einander langſam entfernte, während doch der
Batterieſtrom keineswegs jene hohe Spannung aufwies, die nötig iſt,
damit ein Ausgleich der Elektrizitäten durch die Luft erfolgen könne.
Der Widerſpruch löſt ſich leicht, wenn man bedenkt, daß der Strom
kleine Kohleteilchen abreißt, die dann eine faſt ununterbrochene Ver-
bindung zwiſchen den beiden Kohlen herſtellen. Wiewohl der Wider-
ſtand bedeutender iſt, wird er doch vom Strome überwunden, es bildet
ſich eine weißglühende Lichtbrücke in der Luft, und dieſelbe bricht erſt
dann, wenn die Entfernung der Spitzen zu groß geworden iſt. Dieſer
glühende Bogen hat dem Lichte den Namen gegeben. Wir haben in
ihm die höchſte Hitze, die wir künſtlich herzuſtellen fähig ſind, und
ein Licht, das eben nur dem des Tagesgeſtirns an Helligkeit nachſteht.
Die Kohlen, die als Träger des Lichtes dienen, ſind hier mit viel
geringerer Mühe zu beſchaffen, als die feinen Fäden der Glühlampen.
Bei der Gasfabrikation bleibt in den Retorten ein Rückſtand von Koks,
der gerade als Herſtellungsmaterial für die Bogenlichtkohlen geeignet
iſt. Offenbar wird dieſes Licht recht viele Unterſchiede gegen das
Glühlicht aufweiſen. Einmal wird bei dem vielmal größeren Wider-
ſtande, den die Lampe leiſtet, der Strom viel höher geſpannt ſein müſſen.
Die zugeführte Wärme wird andererſeits nicht blos den Flammenbogen
in Glut erhalten, er wird auch im Beiſein der Luft die Kohlen zur Ver-
brennung bringen, und wenn auch dies bei der allzu hoch geſteigerten Hitze
in keinem großen Umfange geſchehen kann, ſo wird doch ein anderes die
allmähliche Aufzehrung der Lichtträger bewirken. In jenen glühenden
Kohlenteilchen, welche den Lichtbogen bilden, wird den Kohlen viel
Material entzogen, und zwar hat ſich herausgeſtellt, daß die Kohle,
an der der Strom eintritt, einer viel größeren Stoffmenge beraubt
wird, als diejenige, an der er aus dem Lichtbogen austritt. Die
erſtere verliert ihre Spitze und höhlt ſich allmählich aus, während die
andere dauernd ihre Form behält, obgleich ſie auch etwa die Hälfte
jenes Stoffes verliert, den die erſtere abgiebt. Dieſer Verluſt an
Material führt zu einer Verkürzung der Kohlen und da der Lichtbogen
nicht über eine gewiſſe Grenze wachſen kann, ohne zu zerreißen, ſo
muß man Vorkehrungen treffen, welche die Kohlen immer um ſoviel
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/202>, abgerufen am 24.11.2024.
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