Bringt man nun gerade hier rechts und links eine schleifende Feder an und verbindet beide durch einen Schließungsbogen, so wird dieser von einem gleichmäßigen Strome durchflossen, so lange der Ring in dem magnetischen Felde sich dreht. Das ist das Prinzip der Grammeschen Maschine, welche Jamin 1871 der Pariser Akademie vorzeigte.
Die Dynamomaschinen.
So wesentlich die aufgeführten Verbesserungen waren, so konnten bei der immerhin noch schwachen Wirkung, welche Stahlmagnete auf die bewegten Anker ausüben, die gelieferten Ströme noch nicht den gewünschten Stärkegrad erlangen. Das ward aber anders, als man ein bereits 1865 zugleich von Werner Siemens in Berlin und Professor Wheatstone in London ausgesprochenes Prinzip in die Praxis einführte. Zwar hatte Wilde, wie wir anführten, sich stärkeren Magnetismus durch Elektromagnete verschafft, aber er brauchte, um diese anzuregen, noch eine magnetelektrische Maschine. Nun fragte sich Siemens, ob nicht derselbe Strom, den die eine Maschine lieferte, zu gleicher Zeit den Magnetismus des Feldmagneten erregen könne, wenn diese Elektro- magnete seien. Uns scheint auf den ersten Blick die Frage nur die Antwort Nein zuzulassen, denn wenn wir einen Strom in der Bewickelung des Ankers haben, so kann er doch nur durch den Magnetismus der Feldmagnete induziert sein, wir setzen ja doch das Vorhandensein von Magneten voraus. Siemens aber berücksichtigte die Eigentümlichkeit des weichen Eisens, daß es den ihm einmal durch einen Strom mit- geteilten Magnetismus nicht völlig verliert, sondern einen Rest davon zurückbehält, daß auch der Magnetismus der Erde fortwährend in jedem Eisen eine Spur von Magnetismus hervorruft. Das weiche Eisen giebt also ein, wenn auch nur schwaches magnetisches Feld, welches in dem sich wälzenden Anker einen schwachen Strom hervor- ruft; in diesen schaltet man die Wickelung der Feldmagnete ein, verstärkt also durch den Strom die Kraft derselben und wird also auch in der Ankerwickelung einen kräftigeren Strom erhalten. So erkennt man, daß der Magnetismus des Feldes und die Stärke der induzierten Ströme gleichzeitig fortwährend wachsen. Freilich kann man nun weder die magnetische noch die elektrische Kraft auf diesem Wege ins Unbegrenzte vermehren; es tritt vielmehr ein Augenblick ein, in dem das Eisen mit Magnetismus so vollgesogen ist, daß es weiteren nicht aufnehmen kann. Mit der Kräftigung der Feldmagnete wächst natürlich auch der Widerstand, den der Anker bei seiner Bewegung durch das Feld findet und man hat immer größere Schwierigkeit, ihn in schneller Drehung zu erhalten. So wird die Kraft des Armes direkt in elektrische verwandelt. Jede solche Maschine, bei der diese direkte Umwandlung stattfindet, ohne daß ursprünglich große magnetische Kräfte einwirken müßten, heißt eine Dynamomaschine. Alle sind sie auf dieses Siemenssche
Die elektriſchen Erfindungen.
Bringt man nun gerade hier rechts und links eine ſchleifende Feder an und verbindet beide durch einen Schließungsbogen, ſo wird dieſer von einem gleichmäßigen Strome durchfloſſen, ſo lange der Ring in dem magnetiſchen Felde ſich dreht. Das iſt das Prinzip der Grammeſchen Maſchine, welche Jamin 1871 der Pariſer Akademie vorzeigte.
Die Dynamomaſchinen.
So weſentlich die aufgeführten Verbeſſerungen waren, ſo konnten bei der immerhin noch ſchwachen Wirkung, welche Stahlmagnete auf die bewegten Anker ausüben, die gelieferten Ströme noch nicht den gewünſchten Stärkegrad erlangen. Das ward aber anders, als man ein bereits 1865 zugleich von Werner Siemens in Berlin und Profeſſor Wheatſtone in London ausgeſprochenes Prinzip in die Praxis einführte. Zwar hatte Wilde, wie wir anführten, ſich ſtärkeren Magnetismus durch Elektromagnete verſchafft, aber er brauchte, um dieſe anzuregen, noch eine magnetelektriſche Maſchine. Nun fragte ſich Siemens, ob nicht derſelbe Strom, den die eine Maſchine lieferte, zu gleicher Zeit den Magnetismus des Feldmagneten erregen könne, wenn dieſe Elektro- magnete ſeien. Uns ſcheint auf den erſten Blick die Frage nur die Antwort Nein zuzulaſſen, denn wenn wir einen Strom in der Bewickelung des Ankers haben, ſo kann er doch nur durch den Magnetismus der Feldmagnete induziert ſein, wir ſetzen ja doch das Vorhandenſein von Magneten voraus. Siemens aber berückſichtigte die Eigentümlichkeit des weichen Eiſens, daß es den ihm einmal durch einen Strom mit- geteilten Magnetismus nicht völlig verliert, ſondern einen Reſt davon zurückbehält, daß auch der Magnetismus der Erde fortwährend in jedem Eiſen eine Spur von Magnetismus hervorruft. Das weiche Eiſen giebt alſo ein, wenn auch nur ſchwaches magnetiſches Feld, welches in dem ſich wälzenden Anker einen ſchwachen Strom hervor- ruft; in dieſen ſchaltet man die Wickelung der Feldmagnete ein, verſtärkt alſo durch den Strom die Kraft derſelben und wird alſo auch in der Ankerwickelung einen kräftigeren Strom erhalten. So erkennt man, daß der Magnetismus des Feldes und die Stärke der induzierten Ströme gleichzeitig fortwährend wachſen. Freilich kann man nun weder die magnetiſche noch die elektriſche Kraft auf dieſem Wege ins Unbegrenzte vermehren; es tritt vielmehr ein Augenblick ein, in dem das Eiſen mit Magnetismus ſo vollgeſogen iſt, daß es weiteren nicht aufnehmen kann. Mit der Kräftigung der Feldmagnete wächſt natürlich auch der Widerſtand, den der Anker bei ſeiner Bewegung durch das Feld findet und man hat immer größere Schwierigkeit, ihn in ſchneller Drehung zu erhalten. So wird die Kraft des Armes direkt in elektriſche verwandelt. Jede ſolche Maſchine, bei der dieſe direkte Umwandlung ſtattfindet, ohne daß urſprünglich große magnetiſche Kräfte einwirken müßten, heißt eine Dynamomaſchine. Alle ſind ſie auf dieſes Siemensſche
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0182"n="164"/><fwplace="top"type="header">Die elektriſchen Erfindungen.</fw><lb/>
Bringt man nun gerade hier rechts und links eine ſchleifende Feder<lb/>
an und verbindet beide durch einen Schließungsbogen, ſo wird dieſer<lb/>
von einem gleichmäßigen Strome durchfloſſen, ſo lange der Ring in<lb/>
dem magnetiſchen Felde ſich dreht. Das iſt das Prinzip der Grammeſchen<lb/>
Maſchine, welche Jamin 1871 der Pariſer Akademie vorzeigte.</p></div><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Die Dynamomaſchinen.</hi></head><lb/><p>So weſentlich die aufgeführten Verbeſſerungen waren, ſo konnten<lb/>
bei der immerhin noch ſchwachen Wirkung, welche Stahlmagnete auf<lb/>
die bewegten Anker ausüben, die gelieferten Ströme noch nicht den<lb/>
gewünſchten Stärkegrad erlangen. Das ward aber anders, als man<lb/>
ein bereits 1865 zugleich von Werner Siemens in Berlin und Profeſſor<lb/>
Wheatſtone in London ausgeſprochenes Prinzip in die Praxis einführte.<lb/>
Zwar hatte Wilde, wie wir anführten, ſich ſtärkeren Magnetismus<lb/>
durch Elektromagnete verſchafft, aber er brauchte, um dieſe anzuregen,<lb/>
noch eine magnetelektriſche Maſchine. Nun fragte ſich Siemens, ob<lb/>
nicht derſelbe Strom, den die eine Maſchine lieferte, zu gleicher Zeit<lb/>
den Magnetismus des Feldmagneten erregen könne, wenn dieſe Elektro-<lb/>
magnete ſeien. Uns ſcheint auf den erſten Blick die Frage nur die<lb/>
Antwort Nein zuzulaſſen, denn wenn wir einen Strom in der Bewickelung<lb/>
des Ankers haben, ſo kann er doch nur durch den Magnetismus der<lb/>
Feldmagnete induziert ſein, wir ſetzen ja doch das Vorhandenſein von<lb/>
Magneten voraus. Siemens aber berückſichtigte die Eigentümlichkeit<lb/>
des weichen Eiſens, daß es den ihm einmal durch einen Strom mit-<lb/>
geteilten Magnetismus nicht völlig verliert, ſondern einen Reſt davon<lb/>
zurückbehält, daß auch der Magnetismus der Erde fortwährend in<lb/>
jedem Eiſen eine Spur von Magnetismus hervorruft. Das weiche<lb/>
Eiſen giebt alſo ein, wenn auch nur ſchwaches magnetiſches Feld,<lb/>
welches in dem ſich wälzenden Anker einen ſchwachen Strom hervor-<lb/>
ruft; in dieſen ſchaltet man die Wickelung der Feldmagnete ein, verſtärkt<lb/>
alſo durch den Strom die Kraft derſelben und wird alſo auch in der<lb/>
Ankerwickelung einen kräftigeren Strom erhalten. So erkennt man,<lb/>
daß der Magnetismus des Feldes und die Stärke der induzierten<lb/>
Ströme gleichzeitig fortwährend wachſen. Freilich kann man nun<lb/>
weder die magnetiſche noch die elektriſche Kraft auf dieſem Wege ins<lb/>
Unbegrenzte vermehren; es tritt vielmehr ein Augenblick ein, in dem<lb/>
das Eiſen mit Magnetismus ſo vollgeſogen iſt, daß es weiteren nicht<lb/>
aufnehmen kann. Mit der Kräftigung der Feldmagnete wächſt natürlich<lb/>
auch der Widerſtand, den der Anker bei ſeiner Bewegung durch das<lb/>
Feld findet und man hat immer größere Schwierigkeit, ihn in ſchneller<lb/>
Drehung zu erhalten. So wird die Kraft des Armes direkt in elektriſche<lb/>
verwandelt. Jede ſolche Maſchine, bei der dieſe direkte Umwandlung<lb/>ſtattfindet, ohne daß urſprünglich große magnetiſche Kräfte einwirken<lb/>
müßten, heißt eine Dynamomaſchine. Alle ſind ſie auf dieſes Siemensſche<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[164/0182]
Die elektriſchen Erfindungen.
Bringt man nun gerade hier rechts und links eine ſchleifende Feder
an und verbindet beide durch einen Schließungsbogen, ſo wird dieſer
von einem gleichmäßigen Strome durchfloſſen, ſo lange der Ring in
dem magnetiſchen Felde ſich dreht. Das iſt das Prinzip der Grammeſchen
Maſchine, welche Jamin 1871 der Pariſer Akademie vorzeigte.
Die Dynamomaſchinen.
So weſentlich die aufgeführten Verbeſſerungen waren, ſo konnten
bei der immerhin noch ſchwachen Wirkung, welche Stahlmagnete auf
die bewegten Anker ausüben, die gelieferten Ströme noch nicht den
gewünſchten Stärkegrad erlangen. Das ward aber anders, als man
ein bereits 1865 zugleich von Werner Siemens in Berlin und Profeſſor
Wheatſtone in London ausgeſprochenes Prinzip in die Praxis einführte.
Zwar hatte Wilde, wie wir anführten, ſich ſtärkeren Magnetismus
durch Elektromagnete verſchafft, aber er brauchte, um dieſe anzuregen,
noch eine magnetelektriſche Maſchine. Nun fragte ſich Siemens, ob
nicht derſelbe Strom, den die eine Maſchine lieferte, zu gleicher Zeit
den Magnetismus des Feldmagneten erregen könne, wenn dieſe Elektro-
magnete ſeien. Uns ſcheint auf den erſten Blick die Frage nur die
Antwort Nein zuzulaſſen, denn wenn wir einen Strom in der Bewickelung
des Ankers haben, ſo kann er doch nur durch den Magnetismus der
Feldmagnete induziert ſein, wir ſetzen ja doch das Vorhandenſein von
Magneten voraus. Siemens aber berückſichtigte die Eigentümlichkeit
des weichen Eiſens, daß es den ihm einmal durch einen Strom mit-
geteilten Magnetismus nicht völlig verliert, ſondern einen Reſt davon
zurückbehält, daß auch der Magnetismus der Erde fortwährend in
jedem Eiſen eine Spur von Magnetismus hervorruft. Das weiche
Eiſen giebt alſo ein, wenn auch nur ſchwaches magnetiſches Feld,
welches in dem ſich wälzenden Anker einen ſchwachen Strom hervor-
ruft; in dieſen ſchaltet man die Wickelung der Feldmagnete ein, verſtärkt
alſo durch den Strom die Kraft derſelben und wird alſo auch in der
Ankerwickelung einen kräftigeren Strom erhalten. So erkennt man,
daß der Magnetismus des Feldes und die Stärke der induzierten
Ströme gleichzeitig fortwährend wachſen. Freilich kann man nun
weder die magnetiſche noch die elektriſche Kraft auf dieſem Wege ins
Unbegrenzte vermehren; es tritt vielmehr ein Augenblick ein, in dem
das Eiſen mit Magnetismus ſo vollgeſogen iſt, daß es weiteren nicht
aufnehmen kann. Mit der Kräftigung der Feldmagnete wächſt natürlich
auch der Widerſtand, den der Anker bei ſeiner Bewegung durch das
Feld findet und man hat immer größere Schwierigkeit, ihn in ſchneller
Drehung zu erhalten. So wird die Kraft des Armes direkt in elektriſche
verwandelt. Jede ſolche Maſchine, bei der dieſe direkte Umwandlung
ſtattfindet, ohne daß urſprünglich große magnetiſche Kräfte einwirken
müßten, heißt eine Dynamomaſchine. Alle ſind ſie auf dieſes Siemensſche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/182>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.