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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die elektrischen Erfindungen.
Haut von Kupfer bestehen. Diese, fast möchte man meinen, für eine
so frühe Kulturepoche unmögliche Kunstfertigkeit, erklärt sich durch eine
genaue Kenntnis von Naturgesetzen, die neu entdeckt zu haben unserem
Jahrhunderte zur Ehre gereicht: es sind die Gesetze derjenigen Er-
scheinungen, die man nach dem Arzte Luigi Galvani, einem Bologneser
Medizinprofessor, die galvanischen nennt. Einen dünnen Kupferüberzug
konnte man sich auch wohl früher schon wenigstens an Metallen ver-
schaffen. Wenn man einen blanken eisernen Gegenstand in die Lösung
eines Kupfersalzes taucht, z. B. jenes prächtig blauen Körpers, der als
Kupfervitriol bekannt ist, so färbt sich das Eisen schön rot, ein Zeichen,
daß sich Kupfer darauf niedergeschlagen hat. Das Kupfervitriol ist
nämlich aus diesem Metall und der Schwefelsäure zusammengesetzt; dieselbe
hat aber eine große Vorliebe für das Eisen und zieht dasselbe an, geht
mit ihm eine Verbindung ein, wofür sie das Kupfer frei giebt. So
einfach kann aber die Kunst der Ägypter nicht erklärt werden, weil die
Metallschicht immerhin viel dicker ist, als die bei diesem Verfahren er-
haltene, und weil sich jene Überzüge auf Holz nicht wohl durch die
beschriebene Methode herstellen lassen. Sie müssen schon die Kunst
der Galvanoplastik gekannt haben. Was bei dieser das Kupfer von
der Schwefelsäure des Kupfervitriols trennt, um es an einer passenden
Stelle abzuladen, ist nun nichts anderes als eine elektrische Kraft,
freilich eine etwas anders geartete als jene, welche im geriebenen
Bernstein ihren Sitz hat, die aber in ihrem innersten Wesen nicht davon
verschieden ist. Sie wird nicht durch eine Bewegung, wie die Reibungs-
Elektrizität, hervorgebracht, sondern wahrscheinlich durch chemische Kräfte
erzeugt, wie sie schon bei der unmittelbaren Berührung zweier Körper
wirksam werden. Taucht man z. B. ein Stück Zink in verdünnte
Schwefelsäure, so zieht diese das Zink an, vermöge jener chemischen
Gewalt, welche man die Verwandtschaft nennt, sie verbindet sich mit
dem Zink zu Zinkvitriol; zugleich kann man aber beobachten, daß
das Zinkende, welches aus der Flüssigkeit hervorragt, negative Elek-
trizität enthält, freilich nur eine ganz geringe Spur davon, die
sich nur durch sehr feine Apparate nachweisen läßt. So lange die
chemische Kraft wirksam ist, wird diese Elektrizität fortwährend er-
höht, bis sie eine gewisse Spannkraft erlangt hat, die freilich
immer noch sehr gering gegen diejenige des geriebenen Bernsteins
ist. Es ist als ob in der Flüssigkeit ein Pumpwerk angebracht
wäre, welches fortwährend negative Elektrizität in die obere Hälfte
des Zinks hineinpumpt. Das ist nun keine andere Elektrizität, als
diejenige des Zinks selbst, während die positive Elektrizität unten
festgehalten wird. Jetzt wollen wir uns ferner vorstellen, daß an dem
oberen Zinkende ein anderer Leiter, etwa ein Kupferdraht befestigt
sei, so wird natürlich auch diesem die negative Elektrizität sich mit-
teilen, und wenn man schließlich den Kupferdraht umbiegt, daß er auch
in die saure Flüssigkeit eintaucht, so wird die negative Elektrizität durch

Die elektriſchen Erfindungen.
Haut von Kupfer beſtehen. Dieſe, faſt möchte man meinen, für eine
ſo frühe Kulturepoche unmögliche Kunſtfertigkeit, erklärt ſich durch eine
genaue Kenntnis von Naturgeſetzen, die neu entdeckt zu haben unſerem
Jahrhunderte zur Ehre gereicht: es ſind die Geſetze derjenigen Er-
ſcheinungen, die man nach dem Arzte Luigi Galvani, einem Bologneſer
Medizinprofeſſor, die galvaniſchen nennt. Einen dünnen Kupferüberzug
konnte man ſich auch wohl früher ſchon wenigſtens an Metallen ver-
ſchaffen. Wenn man einen blanken eiſernen Gegenſtand in die Löſung
eines Kupferſalzes taucht, z. B. jenes prächtig blauen Körpers, der als
Kupfervitriol bekannt iſt, ſo färbt ſich das Eiſen ſchön rot, ein Zeichen,
daß ſich Kupfer darauf niedergeſchlagen hat. Das Kupfervitriol iſt
nämlich aus dieſem Metall und der Schwefelſäure zuſammengeſetzt; dieſelbe
hat aber eine große Vorliebe für das Eiſen und zieht dasſelbe an, geht
mit ihm eine Verbindung ein, wofür ſie das Kupfer frei giebt. So
einfach kann aber die Kunſt der Ägypter nicht erklärt werden, weil die
Metallſchicht immerhin viel dicker iſt, als die bei dieſem Verfahren er-
haltene, und weil ſich jene Überzüge auf Holz nicht wohl durch die
beſchriebene Methode herſtellen laſſen. Sie müſſen ſchon die Kunſt
der Galvanoplaſtik gekannt haben. Was bei dieſer das Kupfer von
der Schwefelſäure des Kupfervitriols trennt, um es an einer paſſenden
Stelle abzuladen, iſt nun nichts anderes als eine elektriſche Kraft,
freilich eine etwas anders geartete als jene, welche im geriebenen
Bernſtein ihren Sitz hat, die aber in ihrem innerſten Weſen nicht davon
verſchieden iſt. Sie wird nicht durch eine Bewegung, wie die Reibungs-
Elektrizität, hervorgebracht, ſondern wahrſcheinlich durch chemiſche Kräfte
erzeugt, wie ſie ſchon bei der unmittelbaren Berührung zweier Körper
wirkſam werden. Taucht man z. B. ein Stück Zink in verdünnte
Schwefelſäure, ſo zieht dieſe das Zink an, vermöge jener chemiſchen
Gewalt, welche man die Verwandtſchaft nennt, ſie verbindet ſich mit
dem Zink zu Zinkvitriol; zugleich kann man aber beobachten, daß
das Zinkende, welches aus der Flüſſigkeit hervorragt, negative Elek-
trizität enthält, freilich nur eine ganz geringe Spur davon, die
ſich nur durch ſehr feine Apparate nachweiſen läßt. So lange die
chemiſche Kraft wirkſam iſt, wird dieſe Elektrizität fortwährend er-
höht, bis ſie eine gewiſſe Spannkraft erlangt hat, die freilich
immer noch ſehr gering gegen diejenige des geriebenen Bernſteins
iſt. Es iſt als ob in der Flüſſigkeit ein Pumpwerk angebracht
wäre, welches fortwährend negative Elektrizität in die obere Hälfte
des Zinks hineinpumpt. Das iſt nun keine andere Elektrizität, als
diejenige des Zinks ſelbſt, während die poſitive Elektrizität unten
feſtgehalten wird. Jetzt wollen wir uns ferner vorſtellen, daß an dem
oberen Zinkende ein anderer Leiter, etwa ein Kupferdraht befeſtigt
ſei, ſo wird natürlich auch dieſem die negative Elektrizität ſich mit-
teilen, und wenn man ſchließlich den Kupferdraht umbiegt, daß er auch
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[132/0150] Die elektriſchen Erfindungen. Haut von Kupfer beſtehen. Dieſe, faſt möchte man meinen, für eine ſo frühe Kulturepoche unmögliche Kunſtfertigkeit, erklärt ſich durch eine genaue Kenntnis von Naturgeſetzen, die neu entdeckt zu haben unſerem Jahrhunderte zur Ehre gereicht: es ſind die Geſetze derjenigen Er- ſcheinungen, die man nach dem Arzte Luigi Galvani, einem Bologneſer Medizinprofeſſor, die galvaniſchen nennt. Einen dünnen Kupferüberzug konnte man ſich auch wohl früher ſchon wenigſtens an Metallen ver- ſchaffen. Wenn man einen blanken eiſernen Gegenſtand in die Löſung eines Kupferſalzes taucht, z. B. jenes prächtig blauen Körpers, der als Kupfervitriol bekannt iſt, ſo färbt ſich das Eiſen ſchön rot, ein Zeichen, daß ſich Kupfer darauf niedergeſchlagen hat. Das Kupfervitriol iſt nämlich aus dieſem Metall und der Schwefelſäure zuſammengeſetzt; dieſelbe hat aber eine große Vorliebe für das Eiſen und zieht dasſelbe an, geht mit ihm eine Verbindung ein, wofür ſie das Kupfer frei giebt. So einfach kann aber die Kunſt der Ägypter nicht erklärt werden, weil die Metallſchicht immerhin viel dicker iſt, als die bei dieſem Verfahren er- haltene, und weil ſich jene Überzüge auf Holz nicht wohl durch die beſchriebene Methode herſtellen laſſen. Sie müſſen ſchon die Kunſt der Galvanoplaſtik gekannt haben. Was bei dieſer das Kupfer von der Schwefelſäure des Kupfervitriols trennt, um es an einer paſſenden Stelle abzuladen, iſt nun nichts anderes als eine elektriſche Kraft, freilich eine etwas anders geartete als jene, welche im geriebenen Bernſtein ihren Sitz hat, die aber in ihrem innerſten Weſen nicht davon verſchieden iſt. Sie wird nicht durch eine Bewegung, wie die Reibungs- Elektrizität, hervorgebracht, ſondern wahrſcheinlich durch chemiſche Kräfte erzeugt, wie ſie ſchon bei der unmittelbaren Berührung zweier Körper wirkſam werden. Taucht man z. B. ein Stück Zink in verdünnte Schwefelſäure, ſo zieht dieſe das Zink an, vermöge jener chemiſchen Gewalt, welche man die Verwandtſchaft nennt, ſie verbindet ſich mit dem Zink zu Zinkvitriol; zugleich kann man aber beobachten, daß das Zinkende, welches aus der Flüſſigkeit hervorragt, negative Elek- trizität enthält, freilich nur eine ganz geringe Spur davon, die ſich nur durch ſehr feine Apparate nachweiſen läßt. So lange die chemiſche Kraft wirkſam iſt, wird dieſe Elektrizität fortwährend er- höht, bis ſie eine gewiſſe Spannkraft erlangt hat, die freilich immer noch ſehr gering gegen diejenige des geriebenen Bernſteins iſt. Es iſt als ob in der Flüſſigkeit ein Pumpwerk angebracht wäre, welches fortwährend negative Elektrizität in die obere Hälfte des Zinks hineinpumpt. Das iſt nun keine andere Elektrizität, als diejenige des Zinks ſelbſt, während die poſitive Elektrizität unten feſtgehalten wird. Jetzt wollen wir uns ferner vorſtellen, daß an dem oberen Zinkende ein anderer Leiter, etwa ein Kupferdraht befeſtigt ſei, ſo wird natürlich auch dieſem die negative Elektrizität ſich mit- teilen, und wenn man ſchließlich den Kupferdraht umbiegt, daß er auch in die ſaure Flüſſigkeit eintaucht, ſo wird die negative Elektrizität durch

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/150>, abgerufen am 24.11.2024.