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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Motoren.
angetrieben und läßt durch die Kanäle B und C den Dampf abwechselnd
oberhalb oder unterhalb des Kolbens in den Cylinder eintreten, während
der verbrauchte Dampf durch den Kanal D entweicht.

Man sieht, die Wattsche Dampfmaschine repräsentiert ein fast voll-
ständig neues Ganze, eine solche Unsumme von neuen Einzelheiten,
daß man nicht mit Unrecht James Watt als den Erfinder der Dampf-
maschine bezeichnet. Die letzten Repräsentanten der durch Watt ge-
schaffenen Dampfmaschine sind erst in den sechziger Jahren von dem
Schauplatze ihrer Thätigkeit verschwunden. Sie sind es gewesen, welche
das Zeitalter des Dampfes schufen, und als ihr Schöpfer im Jahre
1819 sein an beispiellosen Erfolgen reiches Leben beschloß, da setzte
man ihm mit Recht in der Londoner Westminster-Abtei folgende
Grabschrift:

James Watt
welcher die Kraft eines schöpferischen
in wissenschaftlichen Forschungen früh geübten Geistes
wandte auf die Verbeßerung der Dampfmaschine,
dadurch die Hilfsquellen seines Landes erweiterte,
die Kraft des Menschen vermehrte,
und sich zu einem hervorragenden Platze erhob
unter den berühmtesten Männern der Wißenschaft und den
wahren Wohlthätern der Welt.

Watt wendete bei seiner Dampfmaschine einen Überdruck von etwa
1 1/2 Atmosphären an. Bei diesem niedrigen Druck -- man bezeichnet
die betreffenden Maschinen daher mit dem Namen Niederdruckmaschinen --
ist die Anbringung des Kondensators erforderlich, damit der äußere
Atmosphärendruck auf den Kolben zur Wirkung kommen kann. Schon
Watt trug sich mit der Idee, höher gespannten Dampf zu verwenden;
jedoch kamen ihm nach dieser Richtung der Amerikaner Evans und der
Engländer Trevithick zuvor, welche bereits in den ersten Jahren des
neunzehnten Jahrhunderts mit Erfolg dazu übergingen, einen höheren
Dampfdruck, bis zu vier Atmosphären, anzuwenden. Sie erreichten
hierdurch den Vorteil, daß sie den Kondensator entbehren konnten, in-
folge dessen sich die Einrichtung der Maschine sowie deren Bedienung
ganz wesentlich vereinfachte. Im Laufe der ferneren Jahrzehnte brach
sich allmählich die Erkenntnis Bahn, daß die rationellste Ausnutzung
des Brennmateriales und des Dampfes in der Weise erreicht werde, daß
man dem Dampfe eine möglichst hohe Spannung giebt und seine
Expansionskraft so viel als möglich ausnutzt. Nachdem man dieses
Prinzip der Ausnutzung der Expansion zunächst in der Eincylindermaschine
in weitgehendem Maße durchgebildet hatte, ist man in der neueren
Zeit dazu übergegangen, die Expansion des Dampfes in zwei, drei,
ja auch in vier Cylindern sich vollziehen zu lassen. Die ersten Grund-

Die Motoren.
angetrieben und läßt durch die Kanäle B und C den Dampf abwechſelnd
oberhalb oder unterhalb des Kolbens in den Cylinder eintreten, während
der verbrauchte Dampf durch den Kanal D entweicht.

Man ſieht, die Wattſche Dampfmaſchine repräſentiert ein faſt voll-
ſtändig neues Ganze, eine ſolche Unſumme von neuen Einzelheiten,
daß man nicht mit Unrecht James Watt als den Erfinder der Dampf-
maſchine bezeichnet. Die letzten Repräſentanten der durch Watt ge-
ſchaffenen Dampfmaſchine ſind erſt in den ſechziger Jahren von dem
Schauplatze ihrer Thätigkeit verſchwunden. Sie ſind es geweſen, welche
das Zeitalter des Dampfes ſchufen, und als ihr Schöpfer im Jahre
1819 ſein an beiſpielloſen Erfolgen reiches Leben beſchloß, da ſetzte
man ihm mit Recht in der Londoner Weſtminſter-Abtei folgende
Grabſchrift:

James Watt
welcher die Kraft eines schöpferischen
in wissenschaftlichen Forschungen früh geübten Geistes
wandte auf die Verbeßerung der Dampfmaschine,
dadurch die Hilfsquellen seines Landes erweiterte,
die Kraft des Menschen vermehrte,
und sich zu einem hervorragenden Platze erhob
unter den berühmtesten Männern der Wißenschaft und den
wahren Wohlthätern der Welt.

Watt wendete bei ſeiner Dampfmaſchine einen Überdruck von etwa
1 ½ Atmoſphären an. Bei dieſem niedrigen Druck — man bezeichnet
die betreffenden Maſchinen daher mit dem Namen Niederdruckmaſchinen —
iſt die Anbringung des Kondenſators erforderlich, damit der äußere
Atmoſphärendruck auf den Kolben zur Wirkung kommen kann. Schon
Watt trug ſich mit der Idee, höher geſpannten Dampf zu verwenden;
jedoch kamen ihm nach dieſer Richtung der Amerikaner Evans und der
Engländer Trevithick zuvor, welche bereits in den erſten Jahren des
neunzehnten Jahrhunderts mit Erfolg dazu übergingen, einen höheren
Dampfdruck, bis zu vier Atmoſphären, anzuwenden. Sie erreichten
hierdurch den Vorteil, daß ſie den Kondenſator entbehren konnten, in-
folge deſſen ſich die Einrichtung der Maſchine ſowie deren Bedienung
ganz weſentlich vereinfachte. Im Laufe der ferneren Jahrzehnte brach
ſich allmählich die Erkenntnis Bahn, daß die rationellſte Ausnutzung
des Brennmateriales und des Dampfes in der Weiſe erreicht werde, daß
man dem Dampfe eine möglichſt hohe Spannung giebt und ſeine
Expanſionskraft ſo viel als möglich ausnutzt. Nachdem man dieſes
Prinzip der Ausnutzung der Expanſion zunächſt in der Eincylindermaſchine
in weitgehendem Maße durchgebildet hatte, iſt man in der neueren
Zeit dazu übergegangen, die Expanſion des Dampfes in zwei, drei,
ja auch in vier Cylindern ſich vollziehen zu laſſen. Die erſten Grund-

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[96/0114] Die Motoren. angetrieben und läßt durch die Kanäle B und C den Dampf abwechſelnd oberhalb oder unterhalb des Kolbens in den Cylinder eintreten, während der verbrauchte Dampf durch den Kanal D entweicht. Man ſieht, die Wattſche Dampfmaſchine repräſentiert ein faſt voll- ſtändig neues Ganze, eine ſolche Unſumme von neuen Einzelheiten, daß man nicht mit Unrecht James Watt als den Erfinder der Dampf- maſchine bezeichnet. Die letzten Repräſentanten der durch Watt ge- ſchaffenen Dampfmaſchine ſind erſt in den ſechziger Jahren von dem Schauplatze ihrer Thätigkeit verſchwunden. Sie ſind es geweſen, welche das Zeitalter des Dampfes ſchufen, und als ihr Schöpfer im Jahre 1819 ſein an beiſpielloſen Erfolgen reiches Leben beſchloß, da ſetzte man ihm mit Recht in der Londoner Weſtminſter-Abtei folgende Grabſchrift: James Watt welcher die Kraft eines schöpferischen in wissenschaftlichen Forschungen früh geübten Geistes wandte auf die Verbeßerung der Dampfmaschine, dadurch die Hilfsquellen seines Landes erweiterte, die Kraft des Menschen vermehrte, und sich zu einem hervorragenden Platze erhob unter den berühmtesten Männern der Wißenschaft und den wahren Wohlthätern der Welt. Watt wendete bei ſeiner Dampfmaſchine einen Überdruck von etwa 1 ½ Atmoſphären an. Bei dieſem niedrigen Druck — man bezeichnet die betreffenden Maſchinen daher mit dem Namen Niederdruckmaſchinen — iſt die Anbringung des Kondenſators erforderlich, damit der äußere Atmoſphärendruck auf den Kolben zur Wirkung kommen kann. Schon Watt trug ſich mit der Idee, höher geſpannten Dampf zu verwenden; jedoch kamen ihm nach dieſer Richtung der Amerikaner Evans und der Engländer Trevithick zuvor, welche bereits in den erſten Jahren des neunzehnten Jahrhunderts mit Erfolg dazu übergingen, einen höheren Dampfdruck, bis zu vier Atmoſphären, anzuwenden. Sie erreichten hierdurch den Vorteil, daß ſie den Kondenſator entbehren konnten, in- folge deſſen ſich die Einrichtung der Maſchine ſowie deren Bedienung ganz weſentlich vereinfachte. Im Laufe der ferneren Jahrzehnte brach ſich allmählich die Erkenntnis Bahn, daß die rationellſte Ausnutzung des Brennmateriales und des Dampfes in der Weiſe erreicht werde, daß man dem Dampfe eine möglichſt hohe Spannung giebt und ſeine Expanſionskraft ſo viel als möglich ausnutzt. Nachdem man dieſes Prinzip der Ausnutzung der Expanſion zunächſt in der Eincylindermaſchine in weitgehendem Maße durchgebildet hatte, iſt man in der neueren Zeit dazu übergegangen, die Expanſion des Dampfes in zwei, drei, ja auch in vier Cylindern ſich vollziehen zu laſſen. Die erſten Grund-

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/114>, abgerufen am 25.11.2024.