fahren der Jetztzeit, das der englische Arzt Dr. Maddox erfunden hat und das nach manchen wesentlichen Richtungen die idealsten An- forderungen, die man an photographische Leistungen stellen kann, erfüllt. Die Bromsilbergelatine-Trockenplatten, die in Fabriken als Massenartikel hergestellt werden, können viele Jahre aufbewahrt werden und sind in so eminentem Maße lichtempfindlich, daß die Aufnahmen mit ihnen sich im allgemeinen auf wenige Sekunden und sogar bei den später zu besprechenden Momentphotographieen auf ganz geringe Bruchteile der Sekunde beschränken.
Erst durch die immer mehr gesteigerte Lichtempfindlichkeit der photographischen Platten gewann die Photographie die ungeheure Be- deutung für die Astronomie, die sie sich in neuester Zeit errungen hat. Ist es doch gelungen, Millionen von Himmelskörpern, von Sternen, deren Helligkeit zu schwach ist, um selbst in den stärksten Fernröhren einen Eindruck auf das Auge hervorzurufen, wahrnehmbar zu machen, durch eine längere Exposition, wobei sich die chemische Wirkung der Lichtstrahlen mehr und mehr stärkt, mit den neuen Trockenplatten photographisch zu fixieren. Und in neuester Zeit, im letzten Jahre hat man mit Hülfe solcher Platten, die man längere Zeit durch ein Uhr- werk auf ein und dieselbe Stelle des Himmels richtete, eine größere Anzahl der kleinen Planeten, die zwischen den Bahnen des Jupiter und Mars um die Sonne eilen, und auch manche Nebelflecke entdeckt, deren Existenz in manchen Fällen nachträglich durch direkte Beobachtung mit lichtstarken Fernröhren bestätigt wurde, in andern Fällen wohl noch lange Zeit nur durch ihr photographisches Bild angezeigt bleiben wird.
Auch in der Erfindung von neuen Entwicklern wurden in den letzten beiden Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, die besonders dem Trockenverfahren mit Bromsilbergelatine zu statten kamen und dessen außerordentliche Verbreitung bis in die weitesten Schichten des Publikums hinein mächtig förderten. Es seien genannt der Eisenoxalat- Entwickler von Carey Lea (1877) und Eder (1879), der Hydrochinon- Entwickler von Abney (1880), der Eikonogen-Entwickler von Andresen (1889) und der neue Rodinal-Entwickler.
Die Platten werden in absolut lichtdichten Kästen aufbewahrt und aus diesen in einem dunkeln Raume in die sogenannte Kassette ge- legt. Die Fig. 524 zeigt eine solche Kassette, die in den hinteren Teil der photographischen Camera eingeschoben wird. Wenn die Thür b geöffnet wird, kann man die Platte in den Rahmen einlegen, in dem sie bei geschlossener Thür und herabgelassener Schieberplatte a kein Lichtstrahl treffen kann. Die Platte wird mit der lichtempfindlichen Schicht nach der Seite des Schiebers a zu gelegt und nach Schluß
[Abbildung]
Fig. 524.
Kassette.
Die moderne Photographie.
fahren der Jetztzeit, das der engliſche Arzt Dr. Maddox erfunden hat und das nach manchen weſentlichen Richtungen die idealſten An- forderungen, die man an photographiſche Leiſtungen ſtellen kann, erfüllt. Die Bromſilbergelatine-Trockenplatten, die in Fabriken als Maſſenartikel hergeſtellt werden, können viele Jahre aufbewahrt werden und ſind in ſo eminentem Maße lichtempfindlich, daß die Aufnahmen mit ihnen ſich im allgemeinen auf wenige Sekunden und ſogar bei den ſpäter zu beſprechenden Momentphotographieen auf ganz geringe Bruchteile der Sekunde beſchränken.
Erſt durch die immer mehr geſteigerte Lichtempfindlichkeit der photographiſchen Platten gewann die Photographie die ungeheure Be- deutung für die Aſtronomie, die ſie ſich in neueſter Zeit errungen hat. Iſt es doch gelungen, Millionen von Himmelskörpern, von Sternen, deren Helligkeit zu ſchwach iſt, um ſelbſt in den ſtärkſten Fernröhren einen Eindruck auf das Auge hervorzurufen, wahrnehmbar zu machen, durch eine längere Expoſition, wobei ſich die chemiſche Wirkung der Lichtſtrahlen mehr und mehr ſtärkt, mit den neuen Trockenplatten photographiſch zu fixieren. Und in neueſter Zeit, im letzten Jahre hat man mit Hülfe ſolcher Platten, die man längere Zeit durch ein Uhr- werk auf ein und dieſelbe Stelle des Himmels richtete, eine größere Anzahl der kleinen Planeten, die zwiſchen den Bahnen des Jupiter und Mars um die Sonne eilen, und auch manche Nebelflecke entdeckt, deren Exiſtenz in manchen Fällen nachträglich durch direkte Beobachtung mit lichtſtarken Fernröhren beſtätigt wurde, in andern Fällen wohl noch lange Zeit nur durch ihr photographiſches Bild angezeigt bleiben wird.
Auch in der Erfindung von neuen Entwicklern wurden in den letzten beiden Jahrzehnten große Fortſchritte gemacht, die beſonders dem Trockenverfahren mit Bromſilbergelatine zu ſtatten kamen und deſſen außerordentliche Verbreitung bis in die weiteſten Schichten des Publikums hinein mächtig förderten. Es ſeien genannt der Eiſenoxalat- Entwickler von Carey Lea (1877) und Eder (1879), der Hydrochinon- Entwickler von Abney (1880), der Eikonogen-Entwickler von Andreſen (1889) und der neue Rodinal-Entwickler.
Die Platten werden in abſolut lichtdichten Käſten aufbewahrt und aus dieſen in einem dunkeln Raume in die ſogenannte Kaſſette ge- legt. Die Fig. 524 zeigt eine ſolche Kaſſette, die in den hinteren Teil der photographiſchen Camera eingeſchoben wird. Wenn die Thür b geöffnet wird, kann man die Platte in den Rahmen einlegen, in dem ſie bei geſchloſſener Thür und herabgelaſſener Schieberplatte a kein Lichtſtrahl treffen kann. Die Platte wird mit der lichtempfindlichen Schicht nach der Seite des Schiebers a zu gelegt und nach Schluß
[Abbildung]
Fig. 524.
Kaſſette.
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Die moderne Photographie.
fahren der Jetztzeit, das der engliſche Arzt Dr. Maddox erfunden hat
und das nach manchen weſentlichen Richtungen die idealſten An-
forderungen, die man an photographiſche Leiſtungen ſtellen kann, erfüllt.
Die Bromſilbergelatine-Trockenplatten, die in Fabriken als Maſſenartikel
hergeſtellt werden, können viele Jahre aufbewahrt werden und ſind in
ſo eminentem Maße lichtempfindlich, daß die Aufnahmen mit ihnen
ſich im allgemeinen auf wenige Sekunden und ſogar bei den ſpäter
zu beſprechenden Momentphotographieen auf ganz geringe Bruchteile
der Sekunde beſchränken.
Erſt durch die immer mehr geſteigerte Lichtempfindlichkeit der
photographiſchen Platten gewann die Photographie die ungeheure Be-
deutung für die Aſtronomie, die ſie ſich in neueſter Zeit errungen hat.
Iſt es doch gelungen, Millionen von Himmelskörpern, von Sternen,
deren Helligkeit zu ſchwach iſt, um ſelbſt in den ſtärkſten Fernröhren
einen Eindruck auf das Auge hervorzurufen, wahrnehmbar zu machen,
durch eine längere Expoſition, wobei ſich die chemiſche Wirkung der
Lichtſtrahlen mehr und mehr ſtärkt, mit den neuen Trockenplatten
photographiſch zu fixieren. Und in neueſter Zeit, im letzten Jahre hat
man mit Hülfe ſolcher Platten, die man längere Zeit durch ein Uhr-
werk auf ein und dieſelbe Stelle des Himmels richtete, eine größere
Anzahl der kleinen Planeten, die zwiſchen den Bahnen des Jupiter
und Mars um die Sonne eilen, und auch manche Nebelflecke entdeckt,
deren Exiſtenz in manchen Fällen nachträglich durch direkte Beobachtung
mit lichtſtarken Fernröhren beſtätigt wurde, in andern Fällen wohl noch
lange Zeit nur durch ihr photographiſches Bild angezeigt bleiben wird.
Auch in der Erfindung von neuen Entwicklern wurden in den
letzten beiden Jahrzehnten große Fortſchritte gemacht, die beſonders
dem Trockenverfahren mit Bromſilbergelatine zu ſtatten kamen und
deſſen außerordentliche Verbreitung bis in die weiteſten Schichten des
Publikums hinein mächtig förderten. Es ſeien genannt der Eiſenoxalat-
Entwickler von Carey Lea (1877) und Eder (1879), der Hydrochinon-
Entwickler von Abney (1880), der Eikonogen-Entwickler von Andreſen
(1889) und der neue Rodinal-Entwickler.
Die Platten werden in abſolut lichtdichten
Käſten aufbewahrt und aus dieſen in einem
dunkeln Raume in die ſogenannte Kaſſette ge-
legt. Die Fig. 524 zeigt eine ſolche Kaſſette,
die in den hinteren Teil der photographiſchen
Camera eingeſchoben wird. Wenn die Thür b
geöffnet wird, kann man die Platte in den
Rahmen einlegen, in dem ſie bei geſchloſſener
Thür und herabgelaſſener Schieberplatte a kein
Lichtſtrahl treffen kann. Die Platte wird mit
der lichtempfindlichen Schicht nach der Seite
des Schiebers a zu gelegt und nach Schluß
[Abbildung Fig. 524. Kaſſette.]
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 985. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/1003>, abgerufen am 22.11.2024.
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