So stürzte ich mich durch Ausschweifung muthwillig in ein Verderben, das mit guten Rechte das grösste genennet zu werden ver- dient: denn wer ist mehr Selbstmörder, als der unglückfelige Onanist? -- Er hindert den Wachsthum seines Körpers, vermindert seine Leibes und Seelen Kraefte, opfert der schaend- lichsten Begierde seine Ruhe und Zufrieden- heit auf, und bringt sich um den grössten Theil seines Lebens. O! könntet ihr mich hören, ihr jungen Freunde, ihr waurdet mir glauben,: denn ich rede aus der Erfahrung. -- So viel ich auch Ansatz zum Wachsthume hatte und so regelmaessig auch anfaenglich mein Gesicht gebildet war, so erreichte ich kaum bey ausübung dieses Lasters die mittel Sta- tur, und durch die heftige Zuckungen ward meine Gesichtsbildung ganz umgeaendert, so, dass ich anfieng ein aeltliches und wüstes An- sehn zu bekommen. Die heftigsten Kraempfe, die man sich nur denken kann, sind oft die Folter, worauf ich Stunden liege, und wo mir das Gestaendniss abgelockt wird: Wie schaendlich hast du dich zugerichtet, und wie sehr hast du die Menschheit geschaendet! -- In meinem Rückgrad ist so wenig Mark und Kraft, dass ich kaum eine Stunde auf-
recht
So ſtürzte ich mich durch Ausſchweifung muthwillig in ein Verderben, das mit guten Rechte das gröſste genennet zu werden ver- dient: denn wer iſt mehr Selbſtmörder, als der unglückfelige Onaniſt? — Er hindert den Wachsthum ſeines Körpers, vermindert ſeine Leibes und Seelen Kræfte, opfert der ſchænd- lichſten Begierde ſeine Ruhe und Zufrieden- heit auf, und bringt ſich um den gröſsten Theil ſeines Lebens. O! könntet ihr mich hören, ihr jungen Freunde, ihr wûrdet mir glauben,: denn ich rede aus der Erfahrung. — So viel ich auch Anſatz zum Wachsthume hatte und ſo regelmæſſig auch anfænglich mein Geſicht gebildet war, ſo erreichte ich kaum bey ausübung dieſes Laſters die mittel Sta- tur, und durch die heftige Zuckungen ward meine Geſichtsbildung ganz umgeændert, ſo, daſs ich anfieng ein æltliches und wüſtes An- ſehn zu bekommen. Die heftigſten Kræmpfe, die man ſich nur denken kann, ſind oft die Folter, worauf ich Stunden liege, und wo mir das Geſtændniſs abgelockt wird: Wie ſchændlich haſt du dich zugerichtet, und wie ſehr haſt du die Menſchheit geſchændet! — In meinem Rückgrad iſt ſo wenig Mark und Kraft, daſs ich kaum eine Stunde auf-
recht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0069"n="59"/><p>So ſtürzte ich mich durch Ausſchweifung<lb/>
muthwillig in ein Verderben, das mit guten<lb/>
Rechte das gröſste genennet zu werden ver-<lb/>
dient: denn wer iſt mehr Selbſtmörder, als der<lb/>
unglückfelige Onaniſt? — Er hindert den<lb/>
Wachsthum ſeines Körpers, vermindert ſeine<lb/>
Leibes und Seelen Kræfte, opfert der ſchænd-<lb/>
lichſten Begierde ſeine Ruhe und Zufrieden-<lb/>
heit auf, und bringt ſich um den gröſsten<lb/>
Theil ſeines Lebens. O! könntet ihr mich<lb/>
hören, ihr jungen Freunde, ihr wûrdet mir<lb/>
glauben,: denn ich rede aus der Erfahrung.<lb/>— So viel ich auch Anſatz zum Wachsthume<lb/>
hatte und ſo regelmæſſig auch anfænglich mein<lb/>
Geſicht gebildet war, ſo erreichte ich kaum<lb/>
bey <hirendition="#k">a</hi>usübung dieſes Laſters die mittel Sta-<lb/>
tur, und durch die heftige Zuckungen ward<lb/>
meine Geſichtsbildung ganz umgeændert, ſo,<lb/>
daſs ich anfieng ein æltliches und wüſtes An-<lb/>ſehn zu bekommen. Die heftigſten Kræmpfe,<lb/>
die man ſich nur denken kann, ſind oft die<lb/>
Folter, worauf ich Stunden liege, und wo<lb/>
mir das Geſtændniſs abgelockt wird: Wie<lb/>ſchændlich haſt du dich zugerichtet, und<lb/>
wie ſehr haſt du die Menſchheit geſchændet!<lb/>— In meinem Rückgrad iſt ſo wenig Mark<lb/>
und Kraft, daſs ich kaum eine Stunde auf-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">recht</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[59/0069]
So ſtürzte ich mich durch Ausſchweifung
muthwillig in ein Verderben, das mit guten
Rechte das gröſste genennet zu werden ver-
dient: denn wer iſt mehr Selbſtmörder, als der
unglückfelige Onaniſt? — Er hindert den
Wachsthum ſeines Körpers, vermindert ſeine
Leibes und Seelen Kræfte, opfert der ſchænd-
lichſten Begierde ſeine Ruhe und Zufrieden-
heit auf, und bringt ſich um den gröſsten
Theil ſeines Lebens. O! könntet ihr mich
hören, ihr jungen Freunde, ihr wûrdet mir
glauben,: denn ich rede aus der Erfahrung.
— So viel ich auch Anſatz zum Wachsthume
hatte und ſo regelmæſſig auch anfænglich mein
Geſicht gebildet war, ſo erreichte ich kaum
bey ausübung dieſes Laſters die mittel Sta-
tur, und durch die heftige Zuckungen ward
meine Geſichtsbildung ganz umgeændert, ſo,
daſs ich anfieng ein æltliches und wüſtes An-
ſehn zu bekommen. Die heftigſten Kræmpfe,
die man ſich nur denken kann, ſind oft die
Folter, worauf ich Stunden liege, und wo
mir das Geſtændniſs abgelockt wird: Wie
ſchændlich haſt du dich zugerichtet, und
wie ſehr haſt du die Menſchheit geſchændet!
— In meinem Rückgrad iſt ſo wenig Mark
und Kraft, daſs ich kaum eine Stunde auf-
recht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/69>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.