So lange er den Trieb nicht bemerkte, und Schmerzen fühlte, gelang ihm auch sein Vornehmen; sobald sich jener aber aeusserte, und der fand sich, beym Anblick eines jun- gen schönen Maedchens, allemal, wenn die durch Kasteiung hervorgebrachte Schmerzen auch vorhanden waren, so soll jener doch gesiegt und diese untergelegen haben. Oft schwur ers Gott sogar zu: seinen Vorsatz sich zu bessern, auszuführen. Aber, wie es ihm immer schon gegangen war, so giengs ihm in der Folge öfters noch. Er fasste den Vorsatz von neuen, schwur Gott aufs neue, und fiel dem ohngeachtet immer wieder. So beklommen denn sein Herz war, und so viel Bekümmernis alsdann seine Seele hatte, so wenig Rath und Trost konnte er doch zu seiner Besserung finden; ja sie ward ihm im- mer schwerer, je mehr er den Jahren der Mannbarkeit nahe kam
Etwas Beruhigung gab ihm einst der Grund- satz, den er von einem guten Manne hörte, der aber seine Untugend nicht kannte, und dessen Beyspiel er sich zum Muster genommen hatte: "der Christ könne leichter zur Hure- rey kommen, als zum Diebstahl"
Weil
So lange er den Trieb nicht bemerkte, und Schmerzen fühlte, gelang ihm auch ſein Vornehmen; ſobald ſich jener aber æuſserte, und der fand ſich, beym Anblick eines jun- gen ſchönen Mædchens, allemal, wenn die durch Kaſteiung hervorgebrachte Schmerzen auch vorhanden waren, ſo ſoll jener doch geſiegt und dieſe untergelegen haben. Oft ſchwur ers Gott ſogar zu: ſeinen Vorſatz ſich zu beſſern, auszuführen. Aber, wie es ihm immer ſchon gegangen war, ſo giengs ihm in der Folge öfters noch. Er faſste den Vorſatz von neuen, ſchwur Gott aufs neue, und fiel dem ohngeachtet immer wieder. So beklommen denn ſein Herz war, und ſo viel Bekümmernis alsdann ſeine Seele hatte, ſo wenig Rath und Troſt konnte er doch zu ſeiner Beſſerung finden; ja ſie ward ihm im- mer ſchwerer, je mehr er den Jahren der Mannbarkeit nahe kam
Etwas Beruhigung gab ihm einſt der Grund- ſatz, den er von einem guten Manne hörte, der aber ſeine Untugend nicht kannte, und deſſen Beyſpiel er ſich zum Muſter genommen hatte: “der Chriſt könne leichter zur Hure- rey kommen, als zum Diebſtahl”
Weil
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0053"n="43"/>
So lange er den Trieb nicht bemerkte, und<lb/>
Schmerzen fühlte, gelang ihm auch ſein<lb/>
Vornehmen; ſobald ſich jener aber æuſserte,<lb/>
und der fand ſich, beym Anblick eines jun-<lb/>
gen ſchönen Mædchens, allemal, wenn die<lb/>
durch Kaſteiung hervorgebrachte Schmerzen<lb/>
auch vorhanden waren, ſo ſoll jener doch<lb/>
geſiegt und dieſe untergelegen haben. Oft<lb/>ſchwur ers Gott ſogar zu: ſeinen Vorſatz ſich<lb/>
zu beſſern, auszuführen. Aber, wie es ihm<lb/>
immer ſchon gegangen war, ſo giengs ihm<lb/>
in der Folge öfters noch. Er faſste den<lb/>
Vorſatz von neuen, ſchwur Gott aufs neue,<lb/>
und fiel dem ohngeachtet immer wieder.<lb/>
So beklommen denn ſein Herz war, und ſo<lb/>
viel Bekümmernis alsdann ſeine Seele hatte,<lb/>ſo wenig Rath und Troſt konnte er doch zu<lb/>ſeiner Beſſerung finden; ja ſie ward ihm im-<lb/>
mer ſchwerer, je mehr er den Jahren der<lb/>
Mannbarkeit nahe kam</p><lb/><p>Etwas Beruhigung gab ihm einſt der Grund-<lb/>ſatz, den er von einem guten Manne hörte,<lb/>
der aber ſeine Untugend nicht kannte, und<lb/>
deſſen Beyſpiel er ſich zum Muſter genommen<lb/>
hatte: “der Chriſt könne leichter zur Hure-<lb/>
rey kommen, als zum Diebſtahl”</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Weil</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[43/0053]
So lange er den Trieb nicht bemerkte, und
Schmerzen fühlte, gelang ihm auch ſein
Vornehmen; ſobald ſich jener aber æuſserte,
und der fand ſich, beym Anblick eines jun-
gen ſchönen Mædchens, allemal, wenn die
durch Kaſteiung hervorgebrachte Schmerzen
auch vorhanden waren, ſo ſoll jener doch
geſiegt und dieſe untergelegen haben. Oft
ſchwur ers Gott ſogar zu: ſeinen Vorſatz ſich
zu beſſern, auszuführen. Aber, wie es ihm
immer ſchon gegangen war, ſo giengs ihm
in der Folge öfters noch. Er faſste den
Vorſatz von neuen, ſchwur Gott aufs neue,
und fiel dem ohngeachtet immer wieder.
So beklommen denn ſein Herz war, und ſo
viel Bekümmernis alsdann ſeine Seele hatte,
ſo wenig Rath und Troſt konnte er doch zu
ſeiner Beſſerung finden; ja ſie ward ihm im-
mer ſchwerer, je mehr er den Jahren der
Mannbarkeit nahe kam
Etwas Beruhigung gab ihm einſt der Grund-
ſatz, den er von einem guten Manne hörte,
der aber ſeine Untugend nicht kannte, und
deſſen Beyſpiel er ſich zum Muſter genommen
hatte: “der Chriſt könne leichter zur Hure-
rey kommen, als zum Diebſtahl”
Weil
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/53>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.