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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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rung wird ihm freylich aeuserst schwer
seyn, aber nicht unmöglich, wie ich in der
Folge zeigen werde.

V.

Beten war, nach seinem Gestaendniss, das
einzige ihm bekannte Mittel, welches ihm
etwas Erleichterung in seiner Bekümmernis
verschafte. Man hatte ihm von Jugend auf
das Gebet als etwas Gutes, nicht allein
angepriesen; sondern seine Mutter und Ver-
wande, waren auch selbst Beyspiel für ihn
darin gewesen, und er hatte alle Morgen
seine Gebetsformel, vor dem Tische, laut
hersagen müssen. Sein Schullehrer lies sichs
sehr angelegen seyn, mit Empfindung zu be-
ten, welches ihm so wohl gefiel, dass er
jede Gelegenheit nutzte, wo er ihn hören
konnte. Manchen guten Gedanken und Vor-
satz brachte der Lehrer dadurch in ihm her-
vor; zu welchen auch der mit gehörte: dem
Laster ganz zu entsagen. Er soll oft vor Be-
gierde es zu lassen, geweint haben. Das, was
man kaum glauben sollte, that er. Er kasteie-
te seinen Leib sogar, durch Strick und Eisen.

So

rung wird ihm freylich æuſerſt ſchwer
ſeyn, aber nicht unmöglich, wie ich in der
Folge zeigen werde.

V.

Beten war, nach ſeinem Geſtændniſs, das
einzige ihm bekannte Mittel, welches ihm
etwas Erleichterung in ſeiner Bekümmernis
verſchafte. Man hatte ihm von Jugend auf
das Gebet als etwas Gutes, nicht allein
angeprieſen; ſondern ſeine Mutter und Ver-
wande, waren auch ſelbſt Beyſpiel für ihn
darin geweſen, und er hatte alle Morgen
ſeine Gebetsformel, vor dem Tiſche, laut
herſagen müſſen. Sein Schullehrer lies ſichs
ſehr angelegen ſeyn, mit Empfindung zu be-
ten, welches ihm ſo wohl gefiel, daſs er
jede Gelegenheit nutzte, wo er ihn hören
konnte. Manchen guten Gedanken und Vor-
ſatz brachte der Lehrer dadurch in ihm her-
vor; zu welchen auch der mit gehörte: dem
Laſter ganz zu entſagen. Er ſoll oft vor Be-
gierde es zu laſſen, geweint haben. Das, was
man kaum glauben ſollte, that er. Er kaſteie-
te ſeinen Leib ſogar, durch Strick und Eiſen.

So
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[42/0052] rung wird ihm freylich æuſerſt ſchwer ſeyn, aber nicht unmöglich, wie ich in der Folge zeigen werde. V. Beten war, nach ſeinem Geſtændniſs, das einzige ihm bekannte Mittel, welches ihm etwas Erleichterung in ſeiner Bekümmernis verſchafte. Man hatte ihm von Jugend auf das Gebet als etwas Gutes, nicht allein angeprieſen; ſondern ſeine Mutter und Ver- wande, waren auch ſelbſt Beyſpiel für ihn darin geweſen, und er hatte alle Morgen ſeine Gebetsformel, vor dem Tiſche, laut herſagen müſſen. Sein Schullehrer lies ſichs ſehr angelegen ſeyn, mit Empfindung zu be- ten, welches ihm ſo wohl gefiel, daſs er jede Gelegenheit nutzte, wo er ihn hören konnte. Manchen guten Gedanken und Vor- ſatz brachte der Lehrer dadurch in ihm her- vor; zu welchen auch der mit gehörte: dem Laſter ganz zu entſagen. Er ſoll oft vor Be- gierde es zu laſſen, geweint haben. Das, was man kaum glauben ſollte, that er. Er kaſteie- te ſeinen Leib ſogar, durch Strick und Eiſen. So

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/52>, abgerufen am 24.11.2024.