zuverlaessig das Wollen wirken. Aber das Vollbringen -- Ach nur allzuoft werden die Verirrten der Klage des heiligen Paulus bey- stimmen müssen: Wollen habe ich wohl, aber das Vollbringen des Guten finde ich nicht in mir. Denn zwischen Wollen und Vollbringen, zwischen guten Vorsaetzen und Befolgung derselben, welche Kluft ist da befestigt! Wer ist so rechtschaffen, so wohl- wollend, so stark, der nicht mit Wehmuth gestehen müsse, dass er oft gegen seine besten Einsichten handele, und dass seine lebhafte- sten Vorsaetze ohne Ausführung blieben! Vom Gedanken bis zur That -- welche Kluft! Wie kann man also vermuthen, dass alle die Verirrten, von denen ich rede, Ent- schluss und Ausführung sogleich mit einan- der verbinden würden!
Gewiss man muss ihnen noch weiter zu Hülfe kommen. Es ist nicht genug, dass man sagt, du gehst irre, man muss dem Verirrten auch die Hand bieten, ihn durch
die
zuverlæſſig das Wollen wirken. Aber das Vollbringen — Ach nur allzuoft werden die Verirrten der Klage des heiligen Paulus bey- ſtimmen müſſen: Wollen habe ich wohl, aber das Vollbringen des Guten finde ich nicht in mir. Denn zwiſchen Wollen und Vollbringen, zwiſchen guten Vorſætzen und Befolgung derſelben, welche Kluft iſt da befeſtigt! Wer iſt ſo rechtſchaffen, ſo wohl- wollend, ſo ſtark, der nicht mit Wehmuth geſtehen müſſe, daſs er oft gegen ſeine beſten Einſichten handele, und daſs ſeine lebhafte- ſten Vorſætze ohne Ausführung blieben! Vom Gedanken bis zur That — welche Kluft! Wie kann man alſo vermuthen, daſs alle die Verirrten, von denen ich rede, Ent- ſchluſs und Ausführung ſogleich mit einan- der verbinden würden!
Gewiſs man muſs ihnen noch weiter zu Hülfe kommen. Es iſt nicht genug, daſs man ſagt, du gehſt irre, man muſs dem Verirrten auch die Hand bieten, ihn durch
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zuverlæſſig das Wollen wirken. Aber das
Vollbringen — Ach nur allzuoft werden die
Verirrten der Klage des heiligen Paulus bey-
ſtimmen müſſen: Wollen habe ich wohl,
aber das Vollbringen des Guten finde ich
nicht in mir. Denn zwiſchen Wollen und
Vollbringen, zwiſchen guten Vorſætzen und
Befolgung derſelben, welche Kluft iſt da
befeſtigt! Wer iſt ſo rechtſchaffen, ſo wohl-
wollend, ſo ſtark, der nicht mit Wehmuth
geſtehen müſſe, daſs er oft gegen ſeine beſten
Einſichten handele, und daſs ſeine lebhafte-
ſten Vorſætze ohne Ausführung blieben!
Vom Gedanken bis zur That — welche
Kluft! Wie kann man alſo vermuthen, daſs
alle die Verirrten, von denen ich rede, Ent-
ſchluſs und Ausführung ſogleich mit einan-
der verbinden würden!
Gewiſs man muſs ihnen noch weiter
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/310>, abgerufen am 25.11.2024.
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