verstrichen, so aeusserte er seine Gottlosigkeit das erstemal dadurch an mir, dass er mich ohn- versehens des Nachts im Bett betastete. Eine unnatürlich widrige Neigung dagegen aber bewegte mich, ihm abzuwehren, und gegen alle seine Zureden ihn davon abzuhalten. Dadurch zog ich mir seinen völligen Hass zu, den er bey allen Gelegenheiten gegen mich bewiess, und der mir um so empfindlicher wurde, da ich noch ein Neuling war, und in vielen Dingen seine Anweisung bedurfte. Vorzüglich brachte mich die Begierde, durch Singen, auch einiges Geld, zur Anschaffung kleiner Nothwendigkeiten, zu verdienen, da- hin, mich wieder um seine Freundschaft zu bewerben, die ich auch wieder erlangte. Er lehrte mich Lieder, und that mir andre kleine Gefaelligkeiten; dagegen durfte ich es dem Bösewicht nicht wehren, wenn er des Nachts mit mir seinen Muthwillen trieb, wo er es denn bald durch den unnatürlichsten Kützel, den er mir verursachte, so weit brachte, dass ich das schaendlichste Verbrechen begieng, von dem ich noch nichts wusste: denn ich war ein unschuldiger Knabe von 11 Jahren, noch ohne alle Zeichen und Gefühl der Mannbar- keit, und er -- um 5 Jahr aelter als ich. Ich
erschrak
verſtrichen, ſo æuſſerte er ſeine Gottloſigkeit das erſtemal dadurch an mir, daſs er mich ohn- verſehens des Nachts im Bett betaſtete. Eine unnatürlich widrige Neigung dagegen aber bewegte mich, ihm abzuwehren, und gegen alle ſeine Zureden ihn davon abzuhalten. Dadurch zog ich mir ſeinen völligen Haſs zu, den er bey allen Gelegenheiten gegen mich bewieſs, und der mir um ſo empfindlicher wurde, da ich noch ein Neuling war, und in vielen Dingen ſeine Anweiſung bedurfte. Vorzüglich brachte mich die Begierde, durch Singen, auch einiges Geld, zur Anſchaffung kleiner Nothwendigkeiten, zu verdienen, da- hin, mich wieder um ſeine Freundſchaft zu bewerben, die ich auch wieder erlangte. Er lehrte mich Lieder, und that mir andre kleine Gefælligkeiten; dagegen durfte ich es dem Böſewicht nicht wehren, wenn er des Nachts mit mir ſeinen Muthwillen trieb, wo er es denn bald durch den unnatürlichſten Kützel, den er mir verurſachte, ſo weit brachte, daſs ich das ſchændlichſte Verbrechen begieng, von dem ich noch nichts wuſste: denn ich war ein unſchuldiger Knabe von 11 Jahren, noch ohne alle Zeichen und Gefühl der Mannbar- keit, und er — um 5 Jahr ælter als ich. Ich
erſchrak
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0210"n="200"/>
verſtrichen, ſo æuſſerte er ſeine Gottloſigkeit<lb/>
das erſtemal dadurch an mir, daſs er mich ohn-<lb/>
verſehens des Nachts im Bett betaſtete. Eine<lb/>
unnatürlich widrige Neigung dagegen aber<lb/>
bewegte mich, ihm abzuwehren, und gegen<lb/>
alle ſeine Zureden ihn davon abzuhalten.<lb/>
Dadurch zog ich mir ſeinen völligen Haſs zu,<lb/>
den er bey allen Gelegenheiten gegen mich<lb/>
bewieſs, und der mir um ſo empfindlicher<lb/>
wurde, da ich noch ein Neuling war, und in<lb/>
vielen Dingen ſeine Anweiſung bedurfte.<lb/>
Vorzüglich brachte mich die Begierde, durch<lb/>
Singen, auch einiges Geld, zur Anſchaffung<lb/>
kleiner Nothwendigkeiten, zu verdienen, da-<lb/>
hin, mich wieder um ſeine Freundſchaft zu<lb/>
bewerben, die ich auch wieder erlangte. Er<lb/>
lehrte mich Lieder, und that mir andre kleine<lb/>
Gefælligkeiten; dagegen durfte ich es dem<lb/>
Böſewicht nicht wehren, wenn er des Nachts<lb/>
mit mir ſeinen Muthwillen trieb, wo er es<lb/>
denn bald durch den unnatürlichſten Kützel,<lb/>
den er mir verurſachte, ſo weit brachte, daſs<lb/>
ich das ſchændlichſte Verbrechen begieng, von<lb/>
dem ich noch nichts wuſste: denn ich war<lb/>
ein unſchuldiger Knabe von 11 Jahren, noch<lb/>
ohne alle Zeichen und Gefühl der Mannbar-<lb/>
keit, und er — um 5 Jahr ælter als ich. Ich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">erſchrak</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[200/0210]
verſtrichen, ſo æuſſerte er ſeine Gottloſigkeit
das erſtemal dadurch an mir, daſs er mich ohn-
verſehens des Nachts im Bett betaſtete. Eine
unnatürlich widrige Neigung dagegen aber
bewegte mich, ihm abzuwehren, und gegen
alle ſeine Zureden ihn davon abzuhalten.
Dadurch zog ich mir ſeinen völligen Haſs zu,
den er bey allen Gelegenheiten gegen mich
bewieſs, und der mir um ſo empfindlicher
wurde, da ich noch ein Neuling war, und in
vielen Dingen ſeine Anweiſung bedurfte.
Vorzüglich brachte mich die Begierde, durch
Singen, auch einiges Geld, zur Anſchaffung
kleiner Nothwendigkeiten, zu verdienen, da-
hin, mich wieder um ſeine Freundſchaft zu
bewerben, die ich auch wieder erlangte. Er
lehrte mich Lieder, und that mir andre kleine
Gefælligkeiten; dagegen durfte ich es dem
Böſewicht nicht wehren, wenn er des Nachts
mit mir ſeinen Muthwillen trieb, wo er es
denn bald durch den unnatürlichſten Kützel,
den er mir verurſachte, ſo weit brachte, daſs
ich das ſchændlichſte Verbrechen begieng, von
dem ich noch nichts wuſste: denn ich war
ein unſchuldiger Knabe von 11 Jahren, noch
ohne alle Zeichen und Gefühl der Mannbar-
keit, und er — um 5 Jahr ælter als ich. Ich
erſchrak
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/210>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.