Und nun, ist diess nicht beweinenswerth! so lange, bis in mein ein und zwanzigstes Jahr, blieb ich in der schaedlichsten Unwissen- heit, und bleiben es, durch Schuld ihrer El- tern, Lehrer, Erzieher, Aufseher etc. zu ihrem schrecklichsten Verderben, tausend Jünglinge und noch mehr Maedchen. Niemals kam es mir in den Sinn, dass diese Handlung schaed- lich sey, und entsetzliche Schaudern erregende Folgen nach sich ziehe. Ich hielt es für nichts weiter, als höchstens etwas unanstaen- diges, das man nicht öffentlich thun dürfe. Haette ich nur einmal gehört, es sey etwas schaedliches, unerlaubtes und sündliches! ich würde gewiss davon abgestanden haben. Denn, Gott sey Dank, von meiner frauhesten Jugend auf, war ich gewissenhaft, und be- gieng nicht leicht eine wissentliche Sünde. Nur, leider! war ich von dem, was Sünde, und schaedlich und verderblich ist, zu we- nig belehret. So lange ich auf der Schule war, hatte ich den Namen dieser Sünde nicht gehört; vielweniger etwas von ihrer Schaed- lichkeit und Strafbarkeit. Von der Onanie hatte ich einigemal reden hören; aber nicht gewusst, was diess für ein Laster sey. Als
ich
Und nun, iſt dieſs nicht beweinenswerth! ſo lange, bis in mein ein und zwanzigſtes Jahr, blieb ich in der ſchædlichſten Unwiſſen- heit, und bleiben es, durch Schuld ihrer El- tern, Lehrer, Erzieher, Aufſeher etc. zu ihrem ſchrecklichſten Verderben, tauſend Jünglinge und noch mehr Mædchen. Niemals kam es mir in den Sinn, daſs dieſe Handlung ſchæd- lich ſey, und entſetzliche Schaudern erregende Folgen nach ſich ziehe. Ich hielt es für nichts weiter, als höchſtens etwas unanſtæn- diges, das man nicht öffentlich thun dürfe. Hætte ich nur einmal gehört, es ſey etwas ſchædliches, unerlaubtes und ſündliches! ich würde gewiſs davon abgeſtanden haben. Denn, Gott ſey Dank, von meiner frûheſten Jugend auf, war ich gewiſſenhaft, und be- gieng nicht leicht eine wiſſentliche Sünde. Nur, leider! war ich von dem, was Sünde, und ſchædlich und verderblich iſt, zu we- nig belehret. So lange ich auf der Schule war, hatte ich den Namen dieſer Sünde nicht gehört; vielweniger etwas von ihrer Schæd- lichkeit und Strafbarkeit. Von der Onanie hatte ich einigemal reden hören; aber nicht gewuſst, was dieſs für ein Laſter ſey. Als
ich
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Und nun, iſt dieſs nicht beweinenswerth!
ſo lange, bis in mein ein und zwanzigſtes
Jahr, blieb ich in der ſchædlichſten Unwiſſen-
heit, und bleiben es, durch Schuld ihrer El-
tern, Lehrer, Erzieher, Aufſeher etc. zu ihrem
ſchrecklichſten Verderben, tauſend Jünglinge
und noch mehr Mædchen. Niemals kam es
mir in den Sinn, daſs dieſe Handlung ſchæd-
lich ſey, und entſetzliche Schaudern erregende
Folgen nach ſich ziehe. Ich hielt es für
nichts weiter, als höchſtens etwas unanſtæn-
diges, das man nicht öffentlich thun dürfe.
Hætte ich nur einmal gehört, es ſey etwas
ſchædliches, unerlaubtes und ſündliches! ich
würde gewiſs davon abgeſtanden haben.
Denn, Gott ſey Dank, von meiner frûheſten
Jugend auf, war ich gewiſſenhaft, und be-
gieng nicht leicht eine wiſſentliche Sünde.
Nur, leider! war ich von dem, was Sünde,
und ſchædlich und verderblich iſt, zu we-
nig belehret. So lange ich auf der Schule
war, hatte ich den Namen dieſer Sünde nicht
gehört; vielweniger etwas von ihrer Schæd-
lichkeit und Strafbarkeit. Von der Onanie
hatte ich einigemal reden hören; aber nicht
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/20>, abgerufen am 24.11.2024.
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