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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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kommen, weiss ich zuverlaessig. Will man
mir nicht glauben, so glaube man wenigstens
der Aussage eines sehr aufmerksamen Beob-
achters, die also lautet:

Erwachsene, beyderley Geschlechts, leh-
ren oft den Kindern diese Sünde aus Unver-
stand und Unwissenheit der Sache oder der
Folgen, meynen, dem Kind Vergnügen zu
machen, oder thun es aus Instinkt und dunk-
ler Behaglichkeit an der Schönheit, Artigkeit
und Naivetaet, der Kinder. Sie schaden ihnen
oft, ohne zu wissen, oder wenigstens ohne
zu wollen. Ein Wink, nicht zu verachten,
für Eltern in der Wahl der Waerterinnen,
Diener, Maegde und Personen, welchen sie
ihre Kinder vertrauen, oft selbst der Erzieher,
wie mir Beyspiele bekannt sind.

Die Maegde und Bedienten sind nicht
nur die Lehrmeister des Kindes im Bösen, so
lange es auf dem Arme getragen wird -- sie
sind es auch in der Folge. Arme junge
Leute, die die Geschlechtstriebe in ihrer gan-
zen Kraft fühlen, ohne alle gute Grundsaetze

sind,

kommen, weiſs ich zuverlæſſig. Will man
mir nicht glauben, ſo glaube man wenigſtens
der Auſſage eines ſehr aufmerkſamen Beob-
achters, die alſo lautet:

Erwachſene, beyderley Geſchlechts, leh-
ren oft den Kindern dieſe Sünde aus Unver-
ſtand und Unwiſſenheit der Sache oder der
Folgen, meynen, dem Kind Vergnügen zu
machen, oder thun es aus Inſtinkt und dunk-
ler Behaglichkeit an der Schönheit, Artigkeit
und Naivetæt, der Kinder. Sie ſchaden ihnen
oft, ohne zu wiſſen, oder wenigſtens ohne
zu wollen. Ein Wink, nicht zu verachten,
für Eltern in der Wahl der Wærterinnen,
Diener, Mægde und Perſonen, welchen ſie
ihre Kinder vertrauen, oft ſelbſt der Erzieher,
wie mir Beyſpiele bekannt ſind.

Die Mægde und Bedienten ſind nicht
nur die Lehrmeiſter des Kindes im Böſen, ſo
lange es auf dem Arme getragen wird — ſie
ſind es auch in der Folge. Arme junge
Leute, die die Geſchlechtstriebe in ihrer gan-
zen Kraft fühlen, ohne alle gute Grundſætze

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[170/0180] kommen, weiſs ich zuverlæſſig. Will man mir nicht glauben, ſo glaube man wenigſtens der Auſſage eines ſehr aufmerkſamen Beob- achters, die alſo lautet: Erwachſene, beyderley Geſchlechts, leh- ren oft den Kindern dieſe Sünde aus Unver- ſtand und Unwiſſenheit der Sache oder der Folgen, meynen, dem Kind Vergnügen zu machen, oder thun es aus Inſtinkt und dunk- ler Behaglichkeit an der Schönheit, Artigkeit und Naivetæt, der Kinder. Sie ſchaden ihnen oft, ohne zu wiſſen, oder wenigſtens ohne zu wollen. Ein Wink, nicht zu verachten, für Eltern in der Wahl der Wærterinnen, Diener, Mægde und Perſonen, welchen ſie ihre Kinder vertrauen, oft ſelbſt der Erzieher, wie mir Beyſpiele bekannt ſind. Die Mægde und Bedienten ſind nicht nur die Lehrmeiſter des Kindes im Böſen, ſo lange es auf dem Arme getragen wird — ſie ſind es auch in der Folge. Arme junge Leute, die die Geſchlechtstriebe in ihrer gan- zen Kraft fühlen, ohne alle gute Grundſætze ſind,

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/180>, abgerufen am 24.11.2024.