und seidene Strümpfe zu tragen, setzt gar viele ausser Stand, der Stimme der Natur zu folgen, die so laut in ihnen spricht.
Dadurch entsteht in dem Busen eines grossen Theils unserer Mitbürger und Mit- bürgerinnen ein gewisses Schmachten, eine gewisse Sohnsucht, die ihren Putz, ihre Stellung, ihre Mienen, ihre Gespraeche, ihren Scherz tingirt, und ihrem ganzen Wesen ei- nen lasciven Anstrich giebt.
Die Personen, die diess am ersten be- merken, sind zuverlaessig die Kinder. So wie Leute, die eine Gegend oft bereisst ha- ben, ohne Empfindung vor Gegenstaenden vorbey gehen, bey denen ein anderer, der das erstemal dahin kommt, mit ofnem Mun- de stehen bleibt: so ist auch das Kind auf alle lascive Ausdrücke und Anspielungen auf- merksam, die auf den Erwachsnen gar kei- nen Eindruck machen.
Dahin
(G 4)
und ſeidene Strümpfe zu tragen, ſetzt gar viele auſſer Stand, der Stimme der Natur zu folgen, die ſo laut in ihnen ſpricht.
Dadurch entſteht in dem Buſen eines groſsen Theils unſerer Mitbürger und Mit- bürgerinnen ein gewiſſes Schmachten, eine gewiſſe Sohnſucht, die ihren Putz, ihre Stellung, ihre Mienen, ihre Geſpræche, ihren Scherz tingirt, und ihrem ganzen Weſen ei- nen laſciven Anſtrich giebt.
Die Perſonen, die dieſs am erſten be- merken, ſind zuverlæſſig die Kinder. So wie Leute, die eine Gegend oft bereiſst ha- ben, ohne Empfindung vor Gegenſtænden vorbey gehen, bey denen ein anderer, der das erſtemal dahin kommt, mit ofnem Mun- de ſtehen bleibt: ſo iſt auch das Kind auf alle laſcive Ausdrücke und Anſpielungen auf- merkſam, die auf den Erwachsnen gar kei- nen Eindruck machen.
Dahin
(G 4)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0113"n="103"/>
und ſeidene Strümpfe zu tragen, ſetzt gar<lb/>
viele auſſer Stand, der Stimme der Natur zu<lb/>
folgen, die ſo laut in ihnen ſpricht.</p><lb/><p>Dadurch entſteht in dem Buſen eines<lb/>
groſsen Theils unſerer Mitbürger und Mit-<lb/>
bürgerinnen ein gewiſſes Schmachten, eine<lb/>
gewiſſe Sohnſucht, die ihren Putz, ihre<lb/>
Stellung, ihre Mienen, ihre Geſpræche, ihren<lb/>
Scherz tingirt, und ihrem ganzen Weſen ei-<lb/>
nen laſciven Anſtrich giebt.</p><lb/><p>Die Perſonen, die dieſs am erſten be-<lb/>
merken, ſind zuverlæſſig die Kinder. So<lb/>
wie Leute, die eine Gegend oft bereiſst ha-<lb/>
ben, ohne Empfindung vor Gegenſtænden<lb/>
vorbey gehen, bey denen ein anderer, der<lb/>
das erſtemal dahin kommt, mit ofnem Mun-<lb/>
de ſtehen bleibt: ſo iſt auch das Kind auf<lb/>
alle laſcive Ausdrücke und Anſpielungen auf-<lb/>
merkſam, die auf den Erwachsnen gar kei-<lb/>
nen Eindruck machen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">(G 4)</fw><fwplace="bottom"type="catch">Dahin</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[103/0113]
und ſeidene Strümpfe zu tragen, ſetzt gar
viele auſſer Stand, der Stimme der Natur zu
folgen, die ſo laut in ihnen ſpricht.
Dadurch entſteht in dem Buſen eines
groſsen Theils unſerer Mitbürger und Mit-
bürgerinnen ein gewiſſes Schmachten, eine
gewiſſe Sohnſucht, die ihren Putz, ihre
Stellung, ihre Mienen, ihre Geſpræche, ihren
Scherz tingirt, und ihrem ganzen Weſen ei-
nen laſciven Anſtrich giebt.
Die Perſonen, die dieſs am erſten be-
merken, ſind zuverlæſſig die Kinder. So
wie Leute, die eine Gegend oft bereiſst ha-
ben, ohne Empfindung vor Gegenſtænden
vorbey gehen, bey denen ein anderer, der
das erſtemal dahin kommt, mit ofnem Mun-
de ſtehen bleibt: ſo iſt auch das Kind auf
alle laſcive Ausdrücke und Anſpielungen auf-
merkſam, die auf den Erwachsnen gar kei-
nen Eindruck machen.
Dahin
(G 4)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/113>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.