mit dem Sünder tyrannisch umgehe, wie ein Despot mit seinem Sklaven; sie lehret, daß die Beobachtung der Lehre Jesu zur Erkenntniß der Wahr- heit führe, und die Wahrheit frey mache; sie lehret, daß diejenigen wahrhaft frey seyn, die der Sohn frey machet.
Wenn uns nun aber die Sünde zu Sklaven, Christus hingegen und die Wahrheit zu Freygebohrnen ma- chen: so ist's offenbar, daß uns weder die Befriedigung der gereitzten Leidenschaften, noch die Selbsthin- richtung frey machen können. Denn Sklaverey unter dem Zepter des Unrechtes ist das geradeste Gegen- theil von der Freyheit des Menschen, und Durchbrechung des Körpers ist noch lange nicht Freystellung des von Lüge und Schein und wilder Lust gefesselten Geistes. Messer, Pistole, Strick etc. sind also nach dem Geiste der Offenbarung keine Mittel, den Menschengeist frey zu machen.
13. Sie
Erſter Abſchnitt.
mit dem Suͤnder tyranniſch umgehe, wie ein Deſpot mit ſeinem Sklaven; ſie lehret, daß die Beobachtung der Lehre Jeſu zur Erkenntniß der Wahr- heit fuͤhre, und die Wahrheit frey mache; ſie lehret, daß diejenigen wahrhaft frey ſeyn, die der Sohn frey machet.
Wenn uns nun aber die Suͤnde zu Sklaven, Chriſtus hingegen und die Wahrheit zu Freygebohrnen ma- chen: ſo iſt’s offenbar, daß uns weder die Befriedigung der gereitzten Leidenſchaften, noch die Selbſthin- richtung frey machen koͤnnen. Denn Sklaverey unter dem Zepter des Unrechtes iſt das geradeſte Gegen- theil von der Freyheit des Menſchen, und Durchbrechung des Koͤrpers iſt noch lange nicht Freyſtellung des von Luͤge und Schein und wilder Luſt gefeſſelten Geiſtes. Meſſer, Piſtole, Strick ꝛc. ſind alſo nach dem Geiſte der Offenbarung keine Mittel, den Menſchengeiſt frey zu machen.
13. Sie
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Erſter Abſchnitt.
mit dem Suͤnder tyranniſch umgehe,
wie ein Deſpot mit ſeinem Sklaven;
ſie lehret, daß die Beobachtung der
Lehre Jeſu zur Erkenntniß der Wahr-
heit fuͤhre, und die Wahrheit frey
mache; ſie lehret, daß diejenigen
wahrhaft frey ſeyn, die der Sohn
frey machet.
Wenn uns nun aber die Suͤnde
zu Sklaven, Chriſtus hingegen und
die Wahrheit zu Freygebohrnen ma-
chen: ſo iſt’s offenbar, daß uns
weder die Befriedigung der gereitzten
Leidenſchaften, noch die Selbſthin-
richtung frey machen koͤnnen. Denn
Sklaverey unter dem Zepter des
Unrechtes iſt das geradeſte Gegen-
theil von der Freyheit des Menſchen,
und Durchbrechung des Koͤrpers iſt
noch lange nicht Freyſtellung des
von Luͤge und Schein und wilder Luſt
gefeſſelten Geiſtes. Meſſer, Piſtole,
Strick ꝛc. ſind alſo nach dem Geiſte
der Offenbarung keine Mittel, den
Menſchengeiſt frey zu machen.
13. Sie
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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/68>, abgerufen am 15.08.2024.
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