Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den Bewahrungsmitteln etc.
Seneka.Der christliche Weise.
leben aufhören
solle.
Er wähnt,
es liege eben
nichts daran,
ob er selbst sei-
nem Leben ein
Ende mache,
oder ob dem-
selben ein En-
de gemacht
werde. Spä-
ter, oder frü-
her: er habe
keinen grossen
Verlust zu be-
fürchten.
Wenn Krankheit, oder
äussere Gewaltthätigkeit sei-
nem Leben ein Ende macht,
so glaubt er, daß ihn der
Vater der Menschen
aus
dem Leben ruft. Den Ein-
fall aber, sein Selbstscharf-
richter zu seyn, hält er nicht
für den Ruf des Vaters.
Er stellt das frühe oder späte
Sterben dem anheim, der
Leben und Tod in seiner Hand
hat, fürchtet auch den frühen
Tod so wenig, als den spä-
ten: nur glaubt er, nichts
beytragen zu dürfen, daß der-
selbe früher komme.
nendum sit. -- Nihil existimat referre, fa-
ciat finem, an accipiat: tardius fiat, an ci-
tius, non de magno detrimento timet -- Ne-
mo multum ex stillicidio potest perdere. --

Er
Citius
M 4

Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
Seneka.Der chriſtliche Weiſe.
leben aufhoͤren
ſolle.
Er waͤhnt,
es liege eben
nichts daran,
ob er ſelbſt ſei-
nem Leben ein
Ende mache,
oder ob dem-
ſelben ein En-
de gemacht
werde. Spaͤ-
ter, oder fruͤ-
her: er habe
keinen groſſen
Verluſt zu be-
fuͤrchten.
Wenn Krankheit, oder
aͤuſſere Gewaltthaͤtigkeit ſei-
nem Leben ein Ende macht,
ſo glaubt er, daß ihn der
Vater der Menſchen
aus
dem Leben ruft. Den Ein-
fall aber, ſein Selbſtſcharf-
richter zu ſeyn, haͤlt er nicht
fuͤr den Ruf des Vaters.
Er ſtellt das fruͤhe oder ſpaͤte
Sterben dem anheim, der
Leben und Tod in ſeiner Hand
hat, fuͤrchtet auch den fruͤhen
Tod ſo wenig, als den ſpaͤ-
ten: nur glaubt er, nichts
beytragen zu duͤrfen, daß der-
ſelbe fruͤher komme.
nendum ſit. — Nihil exiſtimat referre, fa-
ciat finem, an accipiat: tardius fiat, an ci-
tius, non de magno detrimento timet — Ne-
mo multum ex ſtillicidio poteſt perdere. —

Er
Citius
M 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0195" n="183"/>
              <fw place="top" type="header">Von den Bewahrungsmitteln &#xA75B;c.</fw><lb/>
              <table>
                <row>
                  <cell><hi rendition="#fr">Seneka</hi>.</cell>
                  <cell><hi rendition="#fr">Der chri&#x017F;tliche Wei&#x017F;e</hi>.</cell>
                </row><lb/>
                <row>
                  <cell>leben aufho&#x0364;ren<lb/>
&#x017F;olle.</cell>
                  <cell/>
                </row><lb/>
                <row>
                  <cell>Er wa&#x0364;hnt,<lb/>
es liege eben<lb/>
nichts daran,<lb/>
ob er &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ei-<lb/>
nem Leben ein<lb/>
Ende mache,<lb/>
oder ob dem-<lb/>
&#x017F;elben ein En-<lb/>
de gemacht<lb/>
werde. Spa&#x0364;-<lb/>
ter, oder fru&#x0364;-<lb/>
her: er habe<lb/>
keinen gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Verlu&#x017F;t zu be-<lb/>
fu&#x0364;rchten.</cell>
                  <cell>Wenn Krankheit, oder<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Gewalttha&#x0364;tigkeit &#x017F;ei-<lb/>
nem Leben ein Ende macht,<lb/>
&#x017F;o glaubt er, daß <hi rendition="#fr">ihn der<lb/>
Vater der Men&#x017F;chen</hi> aus<lb/>
dem Leben ruft. Den Ein-<lb/>
fall aber, &#x017F;ein Selb&#x017F;t&#x017F;charf-<lb/>
richter zu &#x017F;eyn, ha&#x0364;lt er nicht<lb/>
fu&#x0364;r den Ruf des Vaters.<lb/>
Er &#x017F;tellt das fru&#x0364;he oder &#x017F;pa&#x0364;te<lb/>
Sterben dem anheim, der<lb/>
Leben und Tod in &#x017F;einer Hand<lb/>
hat, fu&#x0364;rchtet auch den fru&#x0364;hen<lb/>
Tod &#x017F;o wenig, als den &#x017F;pa&#x0364;-<lb/>
ten: nur glaubt er, nichts<lb/>
beytragen zu du&#x0364;rfen, daß der-<lb/>
&#x017F;elbe fru&#x0364;her komme.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Er</fw></cell>
                </row><lb/>
              </table> <hi rendition="#aq">nendum &#x017F;it. &#x2014; Nihil exi&#x017F;timat referre, fa-<lb/>
ciat finem, an accipiat: tardius fiat, an ci-<lb/>
tius, non de magno detrimento timet &#x2014; Ne-<lb/>
mo multum ex &#x017F;tillicidio pote&#x017F;t perdere. &#x2014;</hi><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Citius</hi> </fw><lb/>
            </p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0195] Von den Bewahrungsmitteln ꝛc. Seneka. Der chriſtliche Weiſe. leben aufhoͤren ſolle. Er waͤhnt, es liege eben nichts daran, ob er ſelbſt ſei- nem Leben ein Ende mache, oder ob dem- ſelben ein En- de gemacht werde. Spaͤ- ter, oder fruͤ- her: er habe keinen groſſen Verluſt zu be- fuͤrchten. Wenn Krankheit, oder aͤuſſere Gewaltthaͤtigkeit ſei- nem Leben ein Ende macht, ſo glaubt er, daß ihn der Vater der Menſchen aus dem Leben ruft. Den Ein- fall aber, ſein Selbſtſcharf- richter zu ſeyn, haͤlt er nicht fuͤr den Ruf des Vaters. Er ſtellt das fruͤhe oder ſpaͤte Sterben dem anheim, der Leben und Tod in ſeiner Hand hat, fuͤrchtet auch den fruͤhen Tod ſo wenig, als den ſpaͤ- ten: nur glaubt er, nichts beytragen zu duͤrfen, daß der- ſelbe fruͤher komme. Er nendum ſit. — Nihil exiſtimat referre, fa- ciat finem, an accipiat: tardius fiat, an ci- tius, non de magno detrimento timet — Ne- mo multum ex ſtillicidio poteſt perdere. — Citius M 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/195
Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/195>, abgerufen am 22.11.2024.