11. Selbstbetrug, unerleuchtete Sehn- sucht nur recht bald zu Gott zu kom- men, etc. etc. etc.
Alle diese Ursachen lassen sich nun auf Eine zurück führen, nämlich: auf Mangel am festen, erleuchteten, thätigen Glauben an die Fürsehung. Denn würde dieses feste, erleuchtete Vertrauen noch im Augen- blicke, der schon zum Selbstmorde bestimmt ist, lebendig, so würde im nämlichen Augen- blicke der Trübsinn von dem Allerfreuenden neue Lebensfreuden, und das zerrüttete Gewissen von dem Allerbarmenden Verge- bung aller Fehltritte mit Zuversicht erwar- ten; so würde die Sehnsucht bald bey Gott zu seyn, dem Weisesten die Bestim- mung des letzten Augenblickes getrost über- lassen; so würde sich die beginnende Ver- zweiflung des Stolzen, des Wollüstigen, des Geldgierigen etc. und das Müdeseyn an
gewöhn-
Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
9. Muͤde-, ſatt-ſeyn des gewoͤhnlichen Guten, oder
10. Truͤbſinn, Melancholie, Hypochon- drie, oder
11. Selbſtbetrug, unerleuchtete Sehn- ſucht nur recht bald zu Gott zu kom- men, ꝛc. ꝛc. ꝛc.
Alle dieſe Urſachen laſſen ſich nun auf Eine zuruͤck fuͤhren, naͤmlich: auf Mangel am feſten, erleuchteten, thaͤtigen Glauben an die Fuͤrſehung. Denn wuͤrde dieſes feſte, erleuchtete Vertrauen noch im Augen- blicke, der ſchon zum Selbſtmorde beſtimmt iſt, lebendig, ſo wuͤrde im naͤmlichen Augen- blicke der Truͤbſinn von dem Allerfreuenden neue Lebensfreuden, und das zerruͤttete Gewiſſen von dem Allerbarmenden Verge- bung aller Fehltritte mit Zuverſicht erwar- ten; ſo wuͤrde die Sehnſucht bald bey Gott zu ſeyn, dem Weiſeſten die Beſtim- mung des letzten Augenblickes getroſt uͤber- laſſen; ſo wuͤrde ſich die beginnende Ver- zweiflung des Stolzen, des Wolluͤſtigen, des Geldgierigen ꝛc. und das Muͤdeſeyn an
gewoͤhn-
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Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
9. Muͤde-, ſatt-ſeyn des gewoͤhnlichen
Guten, oder
10. Truͤbſinn, Melancholie, Hypochon-
drie, oder
11. Selbſtbetrug, unerleuchtete Sehn-
ſucht nur recht bald zu Gott zu kom-
men, ꝛc. ꝛc. ꝛc.
Alle dieſe Urſachen laſſen ſich nun auf Eine
zuruͤck fuͤhren, naͤmlich: auf Mangel am
feſten, erleuchteten, thaͤtigen Glauben
an die Fuͤrſehung. Denn wuͤrde dieſes
feſte, erleuchtete Vertrauen noch im Augen-
blicke, der ſchon zum Selbſtmorde beſtimmt
iſt, lebendig, ſo wuͤrde im naͤmlichen Augen-
blicke der Truͤbſinn von dem Allerfreuenden
neue Lebensfreuden, und das zerruͤttete
Gewiſſen von dem Allerbarmenden Verge-
bung aller Fehltritte mit Zuverſicht erwar-
ten; ſo wuͤrde die Sehnſucht bald bey
Gott zu ſeyn, dem Weiſeſten die Beſtim-
mung des letzten Augenblickes getroſt uͤber-
laſſen; ſo wuͤrde ſich die beginnende Ver-
zweiflung des Stolzen, des Wolluͤſtigen,
des Geldgierigen ꝛc. und das Muͤdeſeyn an
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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/171>, abgerufen am 16.07.2024.
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