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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.

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Von den Bewahrungsmitteln etc.
Macht geisselten, als alle Aussichten Geld
aufzutreiben, und seine Ehre zu retten
schwanden -- da trat die schwarze Verzweif-
lung mit ihrem fürchterlichen Plane zu ihm
hin, und der Selbstmord ward ihm, als
einziger Retter, willkommen.

So behandeln auch die übrigen drey
Leidenschaften, Stolz, Geiz, Wollust ihre
Sklaven. Sie sind die vollkommensten So-
phistinnen, die sich denken lassen. Zuerst
versprechen sie ihren Freunden nur Glückse-
ligkeit, zaubern ihnen nur Paradiese vor,
führen sie am zweyfachen Gängelbande des
Genusses und der Erwartung von Abgrun-
de zu Abgrunde, verheissen immer, was sie
nicht geben können, täuschen immer und
sättigen nie -- und reden dabey kein Sylb-

chen
ver vor sich liegen, und wollte die Pistole zu-
bereiten, als ein Funke ins Pulver fiel, wel-
ches aufflog, und ihn versengte. Ganz be-
täubt von Schrecken fiel er um, sah aber ei-
nen Mann, den er bat, nach seinem Hause
zu gehen, und zu bitten, daß man ihn in ei-
ner Kutsche abholen möchte, welches auch ge-
schah. Ein halb Jahr nachher erschoß er sich
wirklich. (Im Magazine zur Erfahrungssee-
lenkunde. 3. B. 2. St. S. 115.)

Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
Macht geiſſelten, als alle Ausſichten Geld
aufzutreiben, und ſeine Ehre zu retten
ſchwanden — da trat die ſchwarze Verzweif-
lung mit ihrem fuͤrchterlichen Plane zu ihm
hin, und der Selbſtmord ward ihm, als
einziger Retter, willkommen.

So behandeln auch die uͤbrigen drey
Leidenſchaften, Stolz, Geiz, Wolluſt ihre
Sklaven. Sie ſind die vollkommenſten So-
phiſtinnen, die ſich denken laſſen. Zuerſt
verſprechen ſie ihren Freunden nur Gluͤckſe-
ligkeit, zaubern ihnen nur Paradieſe vor,
fuͤhren ſie am zweyfachen Gaͤngelbande des
Genuſſes und der Erwartung von Abgrun-
de zu Abgrunde, verheiſſen immer, was ſie
nicht geben koͤnnen, taͤuſchen immer und
ſaͤttigen nie — und reden dabey kein Sylb-

chen
ver vor ſich liegen, und wollte die Piſtole zu-
bereiten, als ein Funke ins Pulver fiel, wel-
ches aufflog, und ihn verſengte. Ganz be-
taͤubt von Schrecken fiel er um, ſah aber ei-
nen Mann, den er bat, nach ſeinem Hauſe
zu gehen, und zu bitten, daß man ihn in ei-
ner Kutſche abholen moͤchte, welches auch ge-
ſchah. Ein halb Jahr nachher erſchoß er ſich
wirklich. (Im Magazine zur Erfahrungsſee-
lenkunde. 3. B. 2. St. S. 115.)
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[155/0167] Von den Bewahrungsmitteln ꝛc. Macht geiſſelten, als alle Ausſichten Geld aufzutreiben, und ſeine Ehre zu retten ſchwanden — da trat die ſchwarze Verzweif- lung mit ihrem fuͤrchterlichen Plane zu ihm hin, und der Selbſtmord ward ihm, als einziger Retter, willkommen. So behandeln auch die uͤbrigen drey Leidenſchaften, Stolz, Geiz, Wolluſt ihre Sklaven. Sie ſind die vollkommenſten So- phiſtinnen, die ſich denken laſſen. Zuerſt verſprechen ſie ihren Freunden nur Gluͤckſe- ligkeit, zaubern ihnen nur Paradieſe vor, fuͤhren ſie am zweyfachen Gaͤngelbande des Genuſſes und der Erwartung von Abgrun- de zu Abgrunde, verheiſſen immer, was ſie nicht geben koͤnnen, taͤuſchen immer und ſaͤttigen nie — und reden dabey kein Sylb- chen (z) (z) ver vor ſich liegen, und wollte die Piſtole zu- bereiten, als ein Funke ins Pulver fiel, wel- ches aufflog, und ihn verſengte. Ganz be- taͤubt von Schrecken fiel er um, ſah aber ei- nen Mann, den er bat, nach ſeinem Hauſe zu gehen, und zu bitten, daß man ihn in ei- ner Kutſche abholen moͤchte, welches auch ge- ſchah. Ein halb Jahr nachher erſchoß er ſich wirklich. (Im Magazine zur Erfahrungsſee- lenkunde. 3. B. 2. St. S. 115.)

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/167>, abgerufen am 22.11.2024.