Sie gehen also in meine Stube, wo man auch durch eine Thür hereinkommen kann, allein auch diese, welche ich bestän- dig verschlossen gehalten, können sie nicht öffnen.
Von ohngefähr siehet sich mein Be- dienter um, und wird ein Bund Schlüssel gewahr, passet alle durch, und findet den dazugehörigen. Er ruft die beyden Con- ducteurs und sagt: ich kann nun aufschlies- sen, allein aber gehe ich nicht hinein.
Sie kommen also, um mit dabey zu seyn. Mein Bedienter schließet auf, und da er die Thüre, so nach inwendig aufge- het, kaum einen Fuß breit aufgemacht, so siehet er den L.... vollkommen angezogen, mit fliegendem Haar, ganz weiß als Kreide stehen, und saget schon die Worte: Herr L.... -- um weiter zu sprechen: was feh- let Ihnen? aber ehe er letzteres sagen kann, hebt er schon die Pistole in die Höhe, setzt solche ins rechte Auge, und Knall und Fall ist eins.
Alles aufs äußerste erschrocken, läuft bestürzt die Treppe herunter -- nachdem sie
sich
Dritter Abſchnitt.
Sie gehen alſo in meine Stube, wo man auch durch eine Thuͤr hereinkommen kann, allein auch dieſe, welche ich beſtaͤn- dig verſchloſſen gehalten, koͤnnen ſie nicht oͤffnen.
Von ohngefaͤhr ſiehet ſich mein Be- dienter um, und wird ein Bund Schluͤſſel gewahr, paſſet alle durch, und findet den dazugehoͤrigen. Er ruft die beyden Con- ducteurs und ſagt: ich kann nun aufſchlieſ- ſen, allein aber gehe ich nicht hinein.
Sie kommen alſo, um mit dabey zu ſeyn. Mein Bedienter ſchließet auf, und da er die Thuͤre, ſo nach inwendig aufge- het, kaum einen Fuß breit aufgemacht, ſo ſiehet er den L…. vollkommen angezogen, mit fliegendem Haar, ganz weiß als Kreide ſtehen, und ſaget ſchon die Worte: Herr L.... — um weiter zu ſprechen: was feh- let Ihnen? aber ehe er letzteres ſagen kann, hebt er ſchon die Piſtole in die Hoͤhe, ſetzt ſolche ins rechte Auge, und Knall und Fall iſt eins.
Alles aufs aͤußerſte erſchrocken, laͤuft beſtuͤrzt die Treppe herunter — nachdem ſie
ſich
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Dritter Abſchnitt.
Sie gehen alſo in meine Stube, wo
man auch durch eine Thuͤr hereinkommen
kann, allein auch dieſe, welche ich beſtaͤn-
dig verſchloſſen gehalten, koͤnnen ſie nicht
oͤffnen.
Von ohngefaͤhr ſiehet ſich mein Be-
dienter um, und wird ein Bund Schluͤſſel
gewahr, paſſet alle durch, und findet den
dazugehoͤrigen. Er ruft die beyden Con-
ducteurs und ſagt: ich kann nun aufſchlieſ-
ſen, allein aber gehe ich nicht hinein.
Sie kommen alſo, um mit dabey zu
ſeyn. Mein Bedienter ſchließet auf, und
da er die Thuͤre, ſo nach inwendig aufge-
het, kaum einen Fuß breit aufgemacht, ſo
ſiehet er den L…. vollkommen angezogen,
mit fliegendem Haar, ganz weiß als Kreide
ſtehen, und ſaget ſchon die Worte: Herr
L.... — um weiter zu ſprechen: was feh-
let Ihnen? aber ehe er letzteres ſagen kann,
hebt er ſchon die Piſtole in die Hoͤhe, ſetzt
ſolche ins rechte Auge, und Knall und Fall
iſt eins.
Alles aufs aͤußerſte erſchrocken, laͤuft
beſtuͤrzt die Treppe herunter — nachdem ſie
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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/158>, abgerufen am 16.07.2024.
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