Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.Zweyter Abschnitt. wiesen zu haben, oder um den mildestenAusdruck zu wählen: so sehr schämte sich Cato aus Cäsars Gnade zu leben. Zweytens erinnere ich: eben dieses Drittens bemerke ich, wie unphilo- mehr (x) Denn das ist kein richtiger Begriff von der
Unsterblichkeit, der mir Muth zum Selbst- morde giebt. Nicht der Gedanke, ich wer- de ewig seyn, sondern der ganze Gedanke: ich werde ewig seyn, und mein künf- Zweyter Abſchnitt. wieſen zu haben, oder um den mildeſtenAusdruck zu waͤhlen: ſo ſehr ſchaͤmte ſich Cato aus Caͤſars Gnade zu leben. Zweytens erinnere ich: eben dieſes Drittens bemerke ich, wie unphilo- mehr (x) Denn das iſt kein richtiger Begriff von der
Unſterblichkeit, der mir Muth zum Selbſt- morde giebt. Nicht der Gedanke, ich wer- de ewig ſeyn, ſondern der ganze Gedanke: ich werde ewig ſeyn, und mein kuͤnf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0140" n="128"/><fw place="top" type="header">Zweyter Abſchnitt.</fw><lb/> wieſen zu haben, oder um den mildeſten<lb/> Ausdruck zu waͤhlen: ſo ſehr ſchaͤmte ſich<lb/> Cato aus Caͤſars Gnade zu leben.</p><lb/> <p>Zweytens erinnere ich: eben dieſes<lb/><hi rendition="#aq">Factum,</hi> daß die Philoſophie der Alten,<lb/> die ohne den Leitſtern der hoͤhern Offenba-<lb/> rung im Finſtern fortwandelte, den Selbſt-<lb/> mord fuͤr Heldenthat ruͤhmen konnte, zeigt<lb/> dem unpartheyiſchen Forſcher des menſchli-<lb/> chen Wiſſens, wie ſchwer es der iſolirten<lb/> Vernunft ſeyn muͤſſe, ſich zu uͤberzeugen-<lb/> den Beweiſen, und richtigen <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="(x)">Denn das iſt kein richtiger Begriff von der<lb/> Unſterblichkeit, der mir Muth zum Selbſt-<lb/> morde giebt. Nicht der Gedanke, ich <hi rendition="#fr">wer-<lb/> de ewig ſeyn,</hi> ſondern der ganze Gedanke:<lb/><hi rendition="#fr">ich werde ewig ſeyn, und mein kuͤnf-</hi></note> Begrif-<lb/> fen von der Unſterblichkeit der Seele durch-<lb/> zuarbeiten, und wie leicht der Selbſtmord<lb/> auch den uͤbrigens ſcharfſinnigſten Koͤpfen<lb/> im falſchen Lichte erſcheinen koͤnne, ſobald<lb/> ſie ihn nicht aus dem Standpuncte der Men-<lb/> ſchenwuͤrde, der Unſterblichkeit betrachten.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Drittens</hi> bemerke ich, wie unphilo-<lb/> ſophiſch eine gewiſſe Philoſophie, die nicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mehr</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0140]
Zweyter Abſchnitt.
wieſen zu haben, oder um den mildeſten
Ausdruck zu waͤhlen: ſo ſehr ſchaͤmte ſich
Cato aus Caͤſars Gnade zu leben.
Zweytens erinnere ich: eben dieſes
Factum, daß die Philoſophie der Alten,
die ohne den Leitſtern der hoͤhern Offenba-
rung im Finſtern fortwandelte, den Selbſt-
mord fuͤr Heldenthat ruͤhmen konnte, zeigt
dem unpartheyiſchen Forſcher des menſchli-
chen Wiſſens, wie ſchwer es der iſolirten
Vernunft ſeyn muͤſſe, ſich zu uͤberzeugen-
den Beweiſen, und richtigen (x) Begrif-
fen von der Unſterblichkeit der Seele durch-
zuarbeiten, und wie leicht der Selbſtmord
auch den uͤbrigens ſcharfſinnigſten Koͤpfen
im falſchen Lichte erſcheinen koͤnne, ſobald
ſie ihn nicht aus dem Standpuncte der Men-
ſchenwuͤrde, der Unſterblichkeit betrachten.
Drittens bemerke ich, wie unphilo-
ſophiſch eine gewiſſe Philoſophie, die nicht
mehr
(x) Denn das iſt kein richtiger Begriff von der
Unſterblichkeit, der mir Muth zum Selbſt-
morde giebt. Nicht der Gedanke, ich wer-
de ewig ſeyn, ſondern der ganze Gedanke:
ich werde ewig ſeyn, und mein kuͤnf-
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