drücklicher Vorbehaltung des Herrschafts- rechtes für die Person des Schenkherrn ge- macht werden.
So kann der Besitzer einer Biblio- thek irgend einer Akademie das Recht schen- ken, die Bücher zur Aufnahme der Wissen- schaften zu benutzen, mit dem Anhange, daß er der Eigenthümer der Bibliothek bleibe.
Auf eine ähnliche Weise schenkte uns der Herr alles Lebens das Menschenleben, mit der angehängten theuren Pflicht, es weislich zu benutzen, und mit dem noth- wendigen Vorbehalte, daß der Geber des Menschenlebens auch Herr desselben sey und bleibe. Wir haben das Recht, die Lebens- kräfte zu eignem und fremdem Wohl zu ge- brauchen: aber keines, selbe eigenmächtig zu stören.
Viertens: heißt sich Selbstmorden nicht: dem Schöpfer die Wohlthat zurück ge- ben -- sondern die Wohlthat zerstören, und die Trümmer davon dem Wohlthäter überlassen; es heißt sein Haus abbrennen,
und
Zweyter Abſchnitt.
druͤcklicher Vorbehaltung des Herrſchafts- rechtes fuͤr die Perſon des Schenkherrn ge- macht werden.
So kann der Beſitzer einer Biblio- thek irgend einer Akademie das Recht ſchen- ken, die Buͤcher zur Aufnahme der Wiſſen- ſchaften zu benutzen, mit dem Anhange, daß er der Eigenthuͤmer der Bibliothek bleibe.
Auf eine aͤhnliche Weiſe ſchenkte uns der Herr alles Lebens das Menſchenleben, mit der angehaͤngten theuren Pflicht, es weislich zu benutzen, und mit dem noth- wendigen Vorbehalte, daß der Geber des Menſchenlebens auch Herr deſſelben ſey und bleibe. Wir haben das Recht, die Lebens- kraͤfte zu eignem und fremdem Wohl zu ge- brauchen: aber keines, ſelbe eigenmaͤchtig zu ſtoͤren.
Viertens: heißt ſich Selbſtmorden nicht: dem Schoͤpfer die Wohlthat zuruͤck ge- ben — ſondern die Wohlthat zerſtoͤren, und die Truͤmmer davon dem Wohlthaͤter uͤberlaſſen; es heißt ſein Haus abbrennen,
und
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Zweyter Abſchnitt.
druͤcklicher Vorbehaltung des Herrſchafts-
rechtes fuͤr die Perſon des Schenkherrn ge-
macht werden.
So kann der Beſitzer einer Biblio-
thek irgend einer Akademie das Recht ſchen-
ken, die Buͤcher zur Aufnahme der Wiſſen-
ſchaften zu benutzen, mit dem Anhange,
daß er der Eigenthuͤmer der Bibliothek
bleibe.
Auf eine aͤhnliche Weiſe ſchenkte uns
der Herr alles Lebens das Menſchenleben,
mit der angehaͤngten theuren Pflicht, es
weislich zu benutzen, und mit dem noth-
wendigen Vorbehalte, daß der Geber des
Menſchenlebens auch Herr deſſelben ſey und
bleibe. Wir haben das Recht, die Lebens-
kraͤfte zu eignem und fremdem Wohl zu ge-
brauchen: aber keines, ſelbe eigenmaͤchtig
zu ſtoͤren.
Viertens: heißt ſich Selbſtmorden
nicht: dem Schoͤpfer die Wohlthat zuruͤck ge-
ben — ſondern die Wohlthat zerſtoͤren,
und die Truͤmmer davon dem Wohlthaͤter
uͤberlaſſen; es heißt ſein Haus abbrennen,
und
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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/102>, abgerufen am 16.02.2025.
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