Hans Sachs: Königin Deudalinda mit dem Meerwunder. In: ‚SG 15‘ (Spruchgedichtband 15). [s. l.], 1562, Bl. 104ff. Hrsg. und übersetzt von Anja Braun et al. Stuttgart, 2017.Vers 141Zogen wider heym von dem meer Beschluß Vers 147Auß der geschicht man klar verstaht,Vers 148Daß ein weyb nich sol weit spatzieren Vers 149Und auß fürwitz sol umbrefieren Vers 150An orten, so sind öd und wildt. Vers 151Daran ein ehrlich weibesbildt Vers 152Etwann geschendet werden mag Vers 153Ohn iren willn bey nacht und tag Vers 154Von einem unverschempten mann, Vers 155Da sie sich nicht entschütten kann Vers 156Mit irm notschreyen oder gelffen. Vers 157Ir auch auß gfahr kan niemand helffen. Vers 158Auch nicht kan helffn ir gegenwehr, Vers 159Sonder kombt umb ir weiblich ehr, Vers 160Die sie nicht widerbringen mag. Vers 161Hat darob schand ir lebent tag. Vers 162Ob es gleich sonst kein mensch mehr weiß, Vers 163Muß sie doch sorgen böß geschreys. Vers 164Derhalb sol sich ein weib einziehen, Vers 165Alle einsame örter fliehen Vers 166Und sich halten bey der gemeyn. Vers 167Da sie verwart mag sicher seyn Vers 168In zucht irer weiblichen ehr Vers 169Bey ander ehrling frawen mehr Vers 170Und werd gefreyt solch ungemachs. Vers 171Den trewen rhat geyt ihr Hans Sachs. Vers 141Zogen wider heym von dem meer Beschluß Vers 147Auß der geschicht man klar verstaht,Vers 148Daß ein weyb nich sol weit spatzieren Vers 149Und auß fürwitz sol umbrefieren Vers 150An orten, so sind öd und wildt. Vers 151Daran ein ehrlich weibesbildt Vers 152Etwann geschendet werden mag Vers 153Ohn iren willn bey nacht und tag Vers 154Von einem unverschempten mann, Vers 155Da sie sich nicht entschütten kann Vers 156Mit irm notschreyen oder gelffen. Vers 157Ir auch auß gfahr kan niemand helffen. Vers 158Auch nicht kan helffn ir gegenwehr, Vers 159Sonder kombt umb ir weiblich ehr, Vers 160Die sie nicht widerbringen mag. Vers 161Hat darob schand ir lebent tag. Vers 162Ob es gleich sonst kein mensch mehr weiß, Vers 163Muß sie doch sorgen böß geschreys. Vers 164Derhalb sol sich ein weib einziehen, Vers 165Alle einsame örter fliehen Vers 166Und sich halten bey der gemeyn. Vers 167Da sie verwart mag sicher seyn Vers 168In zucht irer weiblichen ehr Vers 169Bey ander ehrling frawen mehr Vers 170Und werd gefreyt solch ungemachs. Vers 171Den trewen rhat geyt ihr Hans Sachs. <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0005" n="60b"/> <l n="141">Zogen wider heym von dem meer<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Sie zogen zurück heimwärts von dem Meer“</note></l><lb/> <l n="142">Und sageten gott lob und ehr.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „und sagten Gott Lob und Ehre.“</note></l><lb/> <l n="143">Die gschicht geschehen ist fürwar<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Die Geschichte ist wahrlich geschehen“</note></l><lb/> <l n="144">Ungfehr, als man sechshundert jar<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „ungefähr, als man sechshundert Jahre“</note></l><lb/> <l n="145">Nach Christi geburt zehlet hat.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „nach Christi Geburt gezählt hatte.“</note></l><lb/> </lg> <lg n="2"> <head>Beschluß<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Schluss(folgerung)“</note></head> <l n="147">Auß der geschicht man klar verstaht,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Aus der Geschichte versteht man deutlich,“</note></l><lb/> <l n="148">Daß ein weyb nich sol weit spatzieren<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „dass eine Frau nicht weitab spazieren gehen soll“</note></l><lb/> <l n="149">Und auß fürwitz sol umbrefieren<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „und aus Neugierde an Orten umherschweifen“</note></l><lb/> <l n="150">An orten, so sind öd und wildt.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „die verlassen und verwildert sind“</note></l><lb/> <l n="151">Daran ein ehrlich weibesbildt<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „und an denen eine ehrliche Frauengestalt“</note></l><lb/> <l n="152">Etwann geschendet werden mag<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „zuweilen gegen ihren Willen “</note></l><lb/> <l n="153">Ohn iren willn bey nacht und tag<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „bei Tag und Nacht “</note></l><lb/> <l n="154">Von einem unverschempten mann,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „von einem schamlosen Mann geschändet werden kann,“</note></l><lb/> <l n="155">Da sie sich nicht entschütten kann<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „da sie sich nicht mit ihrem“</note></l><lb/> <l n="156">Mit irm notschreyen oder gelffen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Hilfeschreien oder Rufen befreien kann“</note></l><lb/> <l n="157">Ir auch auß gfahr kan niemand helffen.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „(und) ihr auch niemand aus (der) Gefahr helfen kann.“</note></l><lb/> <l n="158">Auch nicht kan helffn ir gegenwehr,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Ebenso wenig hilft (ihr) ihre Gegenwehr,“</note></l><lb/> <l n="159">Sonder kombt umb ir weiblich ehr,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „vielmehr wird sie um ihre weibliche Ehre gebracht,“</note></l><lb/> <l n="160">Die sie nicht widerbringen mag.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „die sie nicht wiederzugewinnen vermag;“</note></l><lb/> <l n="161">Hat darob schand ir lebent tag.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „sie hat deshalb ihr Lebtag Schande.“</note></l><lb/> <l n="162">Ob es gleich sonst kein mensch mehr weiß,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Obwohl sich sonst kein Mensch mehr daran erinnert,“</note></l><lb/> <l n="163">Muß sie doch sorgen böß geschreys.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „muss sie sich doch vor übler Nachrede fürchten.“</note></l><lb/> <l n="164">Derhalb sol sich ein weib einziehen,<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Aus diesem Grund soll eine Frau zurückgezogen leben,“</note></l><lb/> <l n="165">Alle einsame örter fliehen<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „alle einsamen Orte meiden“</note></l><lb/> <l n="166">Und sich halten bey der gemeyn.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „und sich in Gesellschaft aufhalten,“</note></l><lb/> <l n="167">Da sie verwart mag sicher seyn<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „in der sie sicher aufgehoben ist,“</note></l><lb/> <l n="168">In zucht irer weiblichen ehr<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „wie es ihrer weiblichen Ehre gebührt,“</note></l><lb/> <l n="169">Bey ander ehrling frawen mehr<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „bei vielen anderen ehrlichen Frauen,“</note></l><lb/> <l n="170">Und werd gefreyt solch ungemachs.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „so dass sie von solchem Ungemach verschont bleibt.“</note></l><lb/> <l n="171">Den trewen rhat geyt ihr Hans Sachs.<note resp="#NK" type="editorial">Übertragung: „Diesen getreuen Rat gibt ihr Hans Sachs.“</note></l><lb/> </lg> </lg> <gap reason="insignificant" unit="lines" quantity="1"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [60b/0005]
Zogen wider heym von dem meer
Und sageten gott lob und ehr.
Die gschicht geschehen ist fürwar
Ungfehr, als man sechshundert jar
Nach Christi geburt zehlet hat.
Beschluß Auß der geschicht man klar verstaht,
Daß ein weyb nich sol weit spatzieren
Und auß fürwitz sol umbrefieren
An orten, so sind öd und wildt.
Daran ein ehrlich weibesbildt
Etwann geschendet werden mag
Ohn iren willn bey nacht und tag
Von einem unverschempten mann,
Da sie sich nicht entschütten kann
Mit irm notschreyen oder gelffen.
Ir auch auß gfahr kan niemand helffen.
Auch nicht kan helffn ir gegenwehr,
Sonder kombt umb ir weiblich ehr,
Die sie nicht widerbringen mag.
Hat darob schand ir lebent tag.
Ob es gleich sonst kein mensch mehr weiß,
Muß sie doch sorgen böß geschreys.
Derhalb sol sich ein weib einziehen,
Alle einsame örter fliehen
Und sich halten bey der gemeyn.
Da sie verwart mag sicher seyn
In zucht irer weiblichen ehr
Bey ander ehrling frawen mehr
Und werd gefreyt solch ungemachs.
Den trewen rhat geyt ihr Hans Sachs.
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Anja Braun, Nora Ketschik, Matthias Kirchhoff, Anne Kirchhoff, Stephanie Seidl: Edition und Übersetzung dreier Fassungen
des „Meerwunders“
(2018-02-22T15:10:46Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle
Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand
zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen
muss.
Nora Ketschik, Christian Thomas: Konvertierung der Ausgangsdaten (HTML)
nach DTABf und Nachbearbeitung des XML-Dokuments.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Der Sangspruchband SG 15 des Stadtarchivs Zwickau, der auf Blatt 104ff. das Gedicht „Königin Deudalinda mit dem Meerwunder“ enthält, ist seit mindestens 1853 verschollen. Der Text ist daher nur noch durch eine Edition von Keller/Goetze aus dem Jahr 1886 erschließbar. Ein kritischer Apparat ist dem Text nicht beigegeben, so dass Aussagen über eventuelle Eingriffe der Herausgeber in den ursprünglichen Wortlaut der Handschrift nicht möglich sind.
Zeilenanfänge werden immer, ggf. auch entgegen der Vorlage, groß geschrieben.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |