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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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der Organe von Caesalpin bis auf Linne.
Aufstellung des Systems vorerst deßhalb unmöglich sei, weil
man die Differenzen und Uebereinstimmungen der Formen noch
nicht hinreichend kenne und seine Bemerkung, daß die Natur
sich nicht in die Fesseln einer bestimmten Methode zwingen lasse,
zeigt schon bei Ray das Aufdämmern derselben Erkenntniß,
welche später bei Linne zu einer strengen Sonderung der na-
türlichen und künstlichen Systeme führte.

Nach den sehr verständigen und einsichtigen Aeußerungen
über die Bedeutung und Methode der Systematik erregt es nicht
geringe Verwunderung, auch bei Ray wieder die Eintheilung in
Holzpflanzen und Kräuter in den Vordergrund gestellt zu sehen;
die Sache wird dadurch um Nichts besser, daß er das charak-
teristische der Bäume und Sträucher in der Bildung von Knospen,
nämlich scharf abgegrenzter Winterknospen findet, was zudem
nicht richtig ist. Doch fühlt man sich für diesen schweren Miß-
griff einigermaßen dadurch entschädigt, daß er nun sowohl die
Bäume, wie die Kräuter in solche mit zweiblättrigem und solche
mit einblättrigem oder blattlosem Embryo, also nach unserer
Sprechweise in Dikotyledonen und Monokotyledonen eintheilt.
Unzweifelhaft ist Ray's System in der vorlinneischen Zeit das-
jenige, welches den natürlichen Verwandtschaften am vollständigsten
Rechnung trägt; um den Fortschritt seit Caesalpin zu zeigen,
mag daher eine Uebersicht seiner Classen folgen: In Klammern
setze ich die Linne'schen Namen einiger in den betreffenden
Klassen untergebrachten Gattungen bei:

A. Plantae gemmis carentes (herbae)
a. Imperfectae
I. Plantae submarinae (meist Polypen, Fucus)
II. Fungi.
III. Musci (Conferven, Moose, Lycopodien).
IV. Capillares (Farne auch Lemna und Equisetum).
b. Perfectae
Dicotyledones (binis cotyledonibus)
V. Apetalae
VI. Planipetalae lactescentes
VII. Discoideae semine paposo

der Organe von Caeſalpin bis auf Linné.
Aufſtellung des Syſtems vorerſt deßhalb unmöglich ſei, weil
man die Differenzen und Uebereinſtimmungen der Formen noch
nicht hinreichend kenne und ſeine Bemerkung, daß die Natur
ſich nicht in die Feſſeln einer beſtimmten Methode zwingen laſſe,
zeigt ſchon bei Ray das Aufdämmern derſelben Erkenntniß,
welche ſpäter bei Linné zu einer ſtrengen Sonderung der na-
türlichen und künſtlichen Syſteme führte.

Nach den ſehr verſtändigen und einſichtigen Aeußerungen
über die Bedeutung und Methode der Syſtematik erregt es nicht
geringe Verwunderung, auch bei Ray wieder die Eintheilung in
Holzpflanzen und Kräuter in den Vordergrund geſtellt zu ſehen;
die Sache wird dadurch um Nichts beſſer, daß er das charak-
teriſtiſche der Bäume und Sträucher in der Bildung von Knoſpen,
nämlich ſcharf abgegrenzter Winterknoſpen findet, was zudem
nicht richtig iſt. Doch fühlt man ſich für dieſen ſchweren Miß-
griff einigermaßen dadurch entſchädigt, daß er nun ſowohl die
Bäume, wie die Kräuter in ſolche mit zweiblättrigem und ſolche
mit einblättrigem oder blattloſem Embryo, alſo nach unſerer
Sprechweiſe in Dikotyledonen und Monokotyledonen eintheilt.
Unzweifelhaft iſt Ray's Syſtem in der vorlinnéiſchen Zeit das-
jenige, welches den natürlichen Verwandtſchaften am vollſtändigſten
Rechnung trägt; um den Fortſchritt ſeit Caeſalpin zu zeigen,
mag daher eine Ueberſicht ſeiner Claſſen folgen: In Klammern
ſetze ich die Linné'ſchen Namen einiger in den betreffenden
Klaſſen untergebrachten Gattungen bei:

A. Plantae gemmis carentes (herbae)
a. Imperfectae
I. Plantae submarinae (meiſt Polypen, Fucus)
II. Fungi.
III. Musci (Conferven, Moose, Lycopodien).
IV. Capillares (Farne auch Lemna und Equisetum).
b. Perfectae
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[77/0089] der Organe von Caeſalpin bis auf Linné. Aufſtellung des Syſtems vorerſt deßhalb unmöglich ſei, weil man die Differenzen und Uebereinſtimmungen der Formen noch nicht hinreichend kenne und ſeine Bemerkung, daß die Natur ſich nicht in die Feſſeln einer beſtimmten Methode zwingen laſſe, zeigt ſchon bei Ray das Aufdämmern derſelben Erkenntniß, welche ſpäter bei Linné zu einer ſtrengen Sonderung der na- türlichen und künſtlichen Syſteme führte. Nach den ſehr verſtändigen und einſichtigen Aeußerungen über die Bedeutung und Methode der Syſtematik erregt es nicht geringe Verwunderung, auch bei Ray wieder die Eintheilung in Holzpflanzen und Kräuter in den Vordergrund geſtellt zu ſehen; die Sache wird dadurch um Nichts beſſer, daß er das charak- teriſtiſche der Bäume und Sträucher in der Bildung von Knoſpen, nämlich ſcharf abgegrenzter Winterknoſpen findet, was zudem nicht richtig iſt. Doch fühlt man ſich für dieſen ſchweren Miß- griff einigermaßen dadurch entſchädigt, daß er nun ſowohl die Bäume, wie die Kräuter in ſolche mit zweiblättrigem und ſolche mit einblättrigem oder blattloſem Embryo, alſo nach unſerer Sprechweiſe in Dikotyledonen und Monokotyledonen eintheilt. Unzweifelhaft iſt Ray's Syſtem in der vorlinnéiſchen Zeit das- jenige, welches den natürlichen Verwandtſchaften am vollſtändigſten Rechnung trägt; um den Fortſchritt ſeit Caeſalpin zu zeigen, mag daher eine Ueberſicht ſeiner Claſſen folgen: In Klammern ſetze ich die Linné'ſchen Namen einiger in den betreffenden Klaſſen untergebrachten Gattungen bei: A. Plantae gemmis carentes (herbae) a. Imperfectae I. Plantae submarinae (meiſt Polypen, Fucus) II. Fungi. III. Musci (Conferven, Moose, Lycopodien). IV. Capillares (Farne auch Lemna und Equisetum). b. Perfectae Dicotyledones (binis cotyledonibus) V. Apetalae VI. Planipetalae lactescentes VII. Discoideae semine paposo

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/89>, abgerufen am 24.11.2024.