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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Phytodynamik.
Bewegungen der Schwärmsporen in den dreißiger Jahren, wurden
zwar beachtet und im Einzelnen studirt; man dachte aber noch
nicht daran, sie und die Mechanik des normalen Wachsthums
mit denjenigen Erscheinungen, welche man gewöhnlich unter dem
Titel: Bewegungen im Pflanzenreich zu behandeln pflegte in
Zusammenhang zu bringen; De Candolle und Meyen er-
wähnten ihrer in ihren bekannten Compendien (1835 und 1839)
in diesem Zusammenhange nicht; vielmehr behandelte Meyen
die "Circulation des Zellsaftes" bei der Ernährung und das
Schwimmen der Schwärmsporen bei der Fortpflanzung der Algen.
-- Die längst bekannten Bewegungen im Pflanzenreich, welche
man gewöhnlich im Zusammenhang aufzuführen pflegte, trennten
die genannten Schriftsteller, ähnlich wie es Du Hamel gethan
hatte, in zwei Hauptgruppen, indem sie die geotropischen und
heliotropischen Krümmungen, die Bewegungen der Ranken und
Schlingpflanzen unter dem Titel: "Richtung der Pflanzen", die
periodischen und Reizbewegungen aber unter dem der: "Beweg-
ungen" behandelten, ohne daß man jedoch die Argumente dieser
Eintheilung angab; offenbar lag ihr das dunkle, der klaren Er-
kenntniß vorauseilende Gefühl zu Grunde, daß es sich bei jenen
um wachsende, bei diesen um ausgewachsene Pflanzentheile handelt.
Dutrochet machte eine derartige Unterscheidung jedoch nicht.
Er war aber unter den Hauptvertretern der Pflanzenphysiologie
in den dreißiger Jahren der einzige, der sich den phytodynami-
schen Erscheinungen gegenüber schon ganz auf den Standpunct
der mechanischen Auffassung gestellt hatte. Daß Treviranus
gänzlich in der Lebenskraft befangen war, wurde schon erwähnt;
De Candolle und Meyen suchten zwar die einzelnen Pflanzen-
bewegungen womöglich mechanisch zu erklären, verfielen aber doch
bei allgemeineren Betrachtungen gern noch in veraltete Ansichten;
so war die Reizbarkeit der Mimosen für De Candolle ein
Fall höchster "Excitabilität" und Röper übersetzte, in Ueberein-
stimmung mit seinen sonstigen Ansichten, De Candolle's
Ausdruck: autonome Bewegungen mit dem: "eigenwillige" Beweg-
ungen. Meyen nannte die hier gemeinten Bewegungen von

Geſchichte der Phytodynamik.
Bewegungen der Schwärmſporen in den dreißiger Jahren, wurden
zwar beachtet und im Einzelnen ſtudirt; man dachte aber noch
nicht daran, ſie und die Mechanik des normalen Wachsthums
mit denjenigen Erſcheinungen, welche man gewöhnlich unter dem
Titel: Bewegungen im Pflanzenreich zu behandeln pflegte in
Zuſammenhang zu bringen; De Candolle und Meyen er-
wähnten ihrer in ihren bekannten Compendien (1835 und 1839)
in dieſem Zuſammenhange nicht; vielmehr behandelte Meyen
die „Circulation des Zellſaftes“ bei der Ernährung und das
Schwimmen der Schwärmſporen bei der Fortpflanzung der Algen.
— Die längſt bekannten Bewegungen im Pflanzenreich, welche
man gewöhnlich im Zuſammenhang aufzuführen pflegte, trennten
die genannten Schriftſteller, ähnlich wie es Du Hamel gethan
hatte, in zwei Hauptgruppen, indem ſie die geotropiſchen und
heliotropiſchen Krümmungen, die Bewegungen der Ranken und
Schlingpflanzen unter dem Titel: „Richtung der Pflanzen“, die
periodiſchen und Reizbewegungen aber unter dem der: „Beweg-
ungen“ behandelten, ohne daß man jedoch die Argumente dieſer
Eintheilung angab; offenbar lag ihr das dunkle, der klaren Er-
kenntniß vorauseilende Gefühl zu Grunde, daß es ſich bei jenen
um wachſende, bei dieſen um ausgewachſene Pflanzentheile handelt.
Dutrochet machte eine derartige Unterſcheidung jedoch nicht.
Er war aber unter den Hauptvertretern der Pflanzenphyſiologie
in den dreißiger Jahren der einzige, der ſich den phytodynami-
ſchen Erſcheinungen gegenüber ſchon ganz auf den Standpunct
der mechaniſchen Auffaſſung geſtellt hatte. Daß Treviranus
gänzlich in der Lebenskraft befangen war, wurde ſchon erwähnt;
De Candolle und Meyen ſuchten zwar die einzelnen Pflanzen-
bewegungen womöglich mechaniſch zu erklären, verfielen aber doch
bei allgemeineren Betrachtungen gern noch in veraltete Anſichten;
ſo war die Reizbarkeit der Mimoſen für De Candolle ein
Fall höchſter „Excitabilität“ und Röper überſetzte, in Ueberein-
ſtimmung mit ſeinen ſonſtigen Anſichten, De Candolle's
Ausdruck: autonome Bewegungen mit dem: „eigenwillige“ Beweg-
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[599/0611] Geſchichte der Phytodynamik. Bewegungen der Schwärmſporen in den dreißiger Jahren, wurden zwar beachtet und im Einzelnen ſtudirt; man dachte aber noch nicht daran, ſie und die Mechanik des normalen Wachsthums mit denjenigen Erſcheinungen, welche man gewöhnlich unter dem Titel: Bewegungen im Pflanzenreich zu behandeln pflegte in Zuſammenhang zu bringen; De Candolle und Meyen er- wähnten ihrer in ihren bekannten Compendien (1835 und 1839) in dieſem Zuſammenhange nicht; vielmehr behandelte Meyen die „Circulation des Zellſaftes“ bei der Ernährung und das Schwimmen der Schwärmſporen bei der Fortpflanzung der Algen. — Die längſt bekannten Bewegungen im Pflanzenreich, welche man gewöhnlich im Zuſammenhang aufzuführen pflegte, trennten die genannten Schriftſteller, ähnlich wie es Du Hamel gethan hatte, in zwei Hauptgruppen, indem ſie die geotropiſchen und heliotropiſchen Krümmungen, die Bewegungen der Ranken und Schlingpflanzen unter dem Titel: „Richtung der Pflanzen“, die periodiſchen und Reizbewegungen aber unter dem der: „Beweg- ungen“ behandelten, ohne daß man jedoch die Argumente dieſer Eintheilung angab; offenbar lag ihr das dunkle, der klaren Er- kenntniß vorauseilende Gefühl zu Grunde, daß es ſich bei jenen um wachſende, bei dieſen um ausgewachſene Pflanzentheile handelt. Dutrochet machte eine derartige Unterſcheidung jedoch nicht. Er war aber unter den Hauptvertretern der Pflanzenphyſiologie in den dreißiger Jahren der einzige, der ſich den phytodynami- ſchen Erſcheinungen gegenüber ſchon ganz auf den Standpunct der mechaniſchen Auffaſſung geſtellt hatte. Daß Treviranus gänzlich in der Lebenskraft befangen war, wurde ſchon erwähnt; De Candolle und Meyen ſuchten zwar die einzelnen Pflanzen- bewegungen womöglich mechaniſch zu erklären, verfielen aber doch bei allgemeineren Betrachtungen gern noch in veraltete Anſichten; ſo war die Reizbarkeit der Mimoſen für De Candolle ein Fall höchſter „Excitabilität“ und Röper überſetzte, in Ueberein- ſtimmung mit ſeinen ſonſtigen Anſichten, De Candolle's Ausdruck: autonome Bewegungen mit dem: „eigenwillige“ Beweg- ungen. Meyen nannte die hier gemeinten Bewegungen von

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/611>, abgerufen am 22.11.2024.