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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.

Bevor wir jedoch auf eine nähere Betrachtung der Leistungen
Liebig's und Boussingault's eingehen, mag zur Charakteristik
der Schwenkung, welche die Ansichten in den Jahren vor und
nach 1840 erfuhren, noch einer anderen Literatur-Erscheinung
gedacht werden. Ein ungenannter "Freund der Wissenschaft"
hatte 1838 der Göttinger Akademie einen Preis für die Beant-
wortung der Frage zur Verfügung gestellt: "ob die sogenannten
unorganischen Elemente, welche in der Asche der Pflanzen ge-
funden werden, auch dann in den Pflanzen sich finden, wenn
sie denselben von außen nicht dargeboten werden; und ob jene
Elemente so wesentliche Bestandtheile des vegetabilischen Orga-
nismus sind, daß dieser sie zu seiner völligen Ausbildung durch-
aus bedarf." Der erste Satz dieser Frage erscheint uns jetzt
geradezu unsinnig, insofern er die Möglichkeit zuläßt, daß Ele-
mentarstoffe überhaupt entstehen, und daß speciell gewisse Ele-
mente in den Pflanzen entstehen sollen, eine Annahme, die noch
ganz in den Gedankenkreis der Naturphilosophie und Lebenskraft
gehört. Es war den Verfassern der gekrönten Preisschrift: Wieg-
man und Polstorff (1842), zwei Männern der neueren
Richtung, nicht schwer, diesen ersten Theil der Frage zu ver-
neinen, um so mehr, als die Beantwortung des zweiten Theiles
diese Verneinung bereits in sich schloß. Die zum Zweck der
letzteren von Wiegman und Polstorff angestellten Unter-
suchungen waren in durchaus verständiger Weise eingeleitet, wenn
sie auch immerhin noch von der Annahme ausgingen, daß ein
gewisses Quantum humussaurer Verbindungen in den Nahrungs-
gemenge nicht fehlen dürfe. Ihre viel zweckmäßiger, als alle
früheren, durchgeführten Vegetationsversuche, zeigten schlagend, daß
die Aufnahme der Aschenbestandtheile zur normalen Ernährung
der Pflanzen nothwendig ist und zugleich ließen es sich die Ver-
fasser angelegen sein, eine Reihe anderer Ernährungsfragen in den
Kreis ihrer Betrachtung zu ziehen, wobei sich jedoch bereits der Ein-
fluß von Liebig's unterdessen erschienenem Buch geltend machte.

Es war dieß die 1840 zuerst erschienene, später noch viel-
fach neu aufgelegte und erweiterte Schrift: "Die organische

Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.

Bevor wir jedoch auf eine nähere Betrachtung der Leiſtungen
Liebig's und Bouſſingault's eingehen, mag zur Charakteriſtik
der Schwenkung, welche die Anſichten in den Jahren vor und
nach 1840 erfuhren, noch einer anderen Literatur-Erſcheinung
gedacht werden. Ein ungenannter „Freund der Wiſſenſchaft“
hatte 1838 der Göttinger Akademie einen Preis für die Beant-
wortung der Frage zur Verfügung geſtellt: „ob die ſogenannten
unorganiſchen Elemente, welche in der Aſche der Pflanzen ge-
funden werden, auch dann in den Pflanzen ſich finden, wenn
ſie denſelben von außen nicht dargeboten werden; und ob jene
Elemente ſo weſentliche Beſtandtheile des vegetabiliſchen Orga-
nismus ſind, daß dieſer ſie zu ſeiner völligen Ausbildung durch-
aus bedarf.“ Der erſte Satz dieſer Frage erſcheint uns jetzt
geradezu unſinnig, inſofern er die Möglichkeit zuläßt, daß Ele-
mentarſtoffe überhaupt entſtehen, und daß ſpeciell gewiſſe Ele-
mente in den Pflanzen entſtehen ſollen, eine Annahme, die noch
ganz in den Gedankenkreis der Naturphiloſophie und Lebenskraft
gehört. Es war den Verfaſſern der gekrönten Preisſchrift: Wieg-
man und Polstorff (1842), zwei Männern der neueren
Richtung, nicht ſchwer, dieſen erſten Theil der Frage zu ver-
neinen, um ſo mehr, als die Beantwortung des zweiten Theiles
dieſe Verneinung bereits in ſich ſchloß. Die zum Zweck der
letzteren von Wiegman und Polstorff angeſtellten Unter-
ſuchungen waren in durchaus verſtändiger Weiſe eingeleitet, wenn
ſie auch immerhin noch von der Annahme ausgingen, daß ein
gewiſſes Quantum humusſaurer Verbindungen in den Nahrungs-
gemenge nicht fehlen dürfe. Ihre viel zweckmäßiger, als alle
früheren, durchgeführten Vegetationsverſuche, zeigten ſchlagend, daß
die Aufnahme der Aſchenbeſtandtheile zur normalen Ernährung
der Pflanzen nothwendig iſt und zugleich ließen es ſich die Ver-
faſſer angelegen ſein, eine Reihe anderer Ernährungsfragen in den
Kreis ihrer Betrachtung zu ziehen, wobei ſich jedoch bereits der Ein-
fluß von Liebig's unterdeſſen erſchienenem Buch geltend machte.

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fach neu aufgelegte und erweiterte Schrift: „Die organiſche

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[568/0580] Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. Bevor wir jedoch auf eine nähere Betrachtung der Leiſtungen Liebig's und Bouſſingault's eingehen, mag zur Charakteriſtik der Schwenkung, welche die Anſichten in den Jahren vor und nach 1840 erfuhren, noch einer anderen Literatur-Erſcheinung gedacht werden. Ein ungenannter „Freund der Wiſſenſchaft“ hatte 1838 der Göttinger Akademie einen Preis für die Beant- wortung der Frage zur Verfügung geſtellt: „ob die ſogenannten unorganiſchen Elemente, welche in der Aſche der Pflanzen ge- funden werden, auch dann in den Pflanzen ſich finden, wenn ſie denſelben von außen nicht dargeboten werden; und ob jene Elemente ſo weſentliche Beſtandtheile des vegetabiliſchen Orga- nismus ſind, daß dieſer ſie zu ſeiner völligen Ausbildung durch- aus bedarf.“ Der erſte Satz dieſer Frage erſcheint uns jetzt geradezu unſinnig, inſofern er die Möglichkeit zuläßt, daß Ele- mentarſtoffe überhaupt entſtehen, und daß ſpeciell gewiſſe Ele- mente in den Pflanzen entſtehen ſollen, eine Annahme, die noch ganz in den Gedankenkreis der Naturphiloſophie und Lebenskraft gehört. Es war den Verfaſſern der gekrönten Preisſchrift: Wieg- man und Polstorff (1842), zwei Männern der neueren Richtung, nicht ſchwer, dieſen erſten Theil der Frage zu ver- neinen, um ſo mehr, als die Beantwortung des zweiten Theiles dieſe Verneinung bereits in ſich ſchloß. Die zum Zweck der letzteren von Wiegman und Polstorff angeſtellten Unter- ſuchungen waren in durchaus verſtändiger Weiſe eingeleitet, wenn ſie auch immerhin noch von der Annahme ausgingen, daß ein gewiſſes Quantum humusſaurer Verbindungen in den Nahrungs- gemenge nicht fehlen dürfe. Ihre viel zweckmäßiger, als alle früheren, durchgeführten Vegetationsverſuche, zeigten ſchlagend, daß die Aufnahme der Aſchenbeſtandtheile zur normalen Ernährung der Pflanzen nothwendig iſt und zugleich ließen es ſich die Ver- faſſer angelegen ſein, eine Reihe anderer Ernährungsfragen in den Kreis ihrer Betrachtung zu ziehen, wobei ſich jedoch bereits der Ein- fluß von Liebig's unterdeſſen erſchienenem Buch geltend machte. Es war dieß die 1840 zuerſt erſchienene, ſpäter noch viel- fach neu aufgelegte und erweiterte Schrift: „Die organiſche

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/580>, abgerufen am 22.11.2024.