Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen
Atom Kohlenstoff besteht, und durch sehr geringe Umänderungen
in Stärkemehl, Zucker und Holzstoff verwandelt werden kann,
lauter Verbindungen, deren Zusammensetzung fast die gleiche ist.
Der durch diese Verarbeitungen gelieferte Nahrungssaft, welcher
im einfachsten und gewöhnlichsten Zustande Gummi zu sein scheint,
steigt während der Nacht, bei den Exogenen längs der Rinde
und dem Spint, bei den Endogenen längs dem Holzkörper, von
den Blättern zu den Wurzeln wieder hinab. Unterwegs stößt
er, vorzüglich in der Rinde und nahe bei dem Ort, wo er ge-
bildet ward, auf Drüsen oder drüsige Zellen, die sich von ihm
vollsaugen und in ihrem inneren Raume besondere Substanzen
erzeugen, von denen die meisten nicht zur Ernährung der Pflanzen
dienen können und welche dazu bestimmt sind, in die Außenwelt
entleert, oder anderen Stellen des Gewebes zugeführt zu werden.
Auf seinem Wege setzt er die Nahrungsstoffe ab, welche in dem
Holzkörper mehr oder minder mit dem aufsteigenden rohen Nahr-
ungssafte gemengt, oder mit dem Wasser, welches die Zellenhülle
seitwärts durch die Markstrahlen an sich zieht, eingesogen, von
den Zellen und insbesondere den rundlichen oder nur wenig
lang gestreckten Zellen aufgesogen und weiter ausgebildet werden.
Diese Ablagerung von Nahrungsstoffen, welche hauptsächlich aus
Gummi, Stärkemehl, Zucker, vielleicht aus Holzstoff, und bis-
weilen aus fettem Oel besteht, findet häufig in dazu voraus-
bestimmten Organen statt, aus welchen diese Stoffe später wieder
aufgesogen werden, um alsdann zur Ernährung anderer Organe
zu dienen. - Das Wasser, welches von der Wurzel zu den
blattartigen Theilen in die Höhe steigt, kommt in diesen fast
rein an, wenn es durch holzige Theile, deren Moleküle wenig
auflöslich sind, schnell durchströmt. Wenn im Gegentheil das
Wasser solche Stellen durchströmt, an denen viel rundliches, mit
Nahrungsstoffen angefülltes Zellgewebe vorkommt, so fließt es
langsamer, vermengt sich mit diesen Stoffen und löst sie auf;
wird es nun durch die Lebensthätigkeit der sich entwickelnden
Theile über diese Stellen hinaus angezogen, so gelangt es nicht
mehr als reines Wasser, sondern als Nahrungsstoffe führendes

Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen
Atom Kohlenſtoff beſteht, und durch ſehr geringe Umänderungen
in Stärkemehl, Zucker und Holzſtoff verwandelt werden kann,
lauter Verbindungen, deren Zuſammenſetzung faſt die gleiche iſt.
Der durch dieſe Verarbeitungen gelieferte Nahrungsſaft, welcher
im einfachſten und gewöhnlichſten Zuſtande Gummi zu ſein ſcheint,
ſteigt während der Nacht, bei den Exogenen längs der Rinde
und dem Spint, bei den Endogenen längs dem Holzkörper, von
den Blättern zu den Wurzeln wieder hinab. Unterwegs ſtößt
er, vorzüglich in der Rinde und nahe bei dem Ort, wo er ge-
bildet ward, auf Drüſen oder drüſige Zellen, die ſich von ihm
vollſaugen und in ihrem inneren Raume beſondere Subſtanzen
erzeugen, von denen die meiſten nicht zur Ernährung der Pflanzen
dienen können und welche dazu beſtimmt ſind, in die Außenwelt
entleert, oder anderen Stellen des Gewebes zugeführt zu werden.
Auf ſeinem Wege ſetzt er die Nahrungsſtoffe ab, welche in dem
Holzkörper mehr oder minder mit dem aufſteigenden rohen Nahr-
ungsſafte gemengt, oder mit dem Waſſer, welches die Zellenhülle
ſeitwärts durch die Markſtrahlen an ſich zieht, eingeſogen, von
den Zellen und insbeſondere den rundlichen oder nur wenig
lang geſtreckten Zellen aufgeſogen und weiter ausgebildet werden.
Dieſe Ablagerung von Nahrungsſtoffen, welche hauptſächlich aus
Gummi, Stärkemehl, Zucker, vielleicht aus Holzſtoff, und bis-
weilen aus fettem Oel beſteht, findet häufig in dazu voraus-
beſtimmten Organen ſtatt, aus welchen dieſe Stoffe ſpäter wieder
aufgeſogen werden, um alsdann zur Ernährung anderer Organe
zu dienen. ‒ Das Waſſer, welches von der Wurzel zu den
blattartigen Theilen in die Höhe ſteigt, kommt in dieſen faſt
rein an, wenn es durch holzige Theile, deren Moleküle wenig
auflöslich ſind, ſchnell durchſtrömt. Wenn im Gegentheil das
Waſſer ſolche Stellen durchſtrömt, an denen viel rundliches, mit
Nahrungsſtoffen angefülltes Zellgewebe vorkommt, ſo fließt es
langſamer, vermengt ſich mit dieſen Stoffen und löſt ſie auf;
wird es nun durch die Lebensthätigkeit der ſich entwickelnden
Theile über dieſe Stellen hinaus angezogen, ſo gelangt es nicht
mehr als reines Waſſer, ſondern als Nahrungsſtoffe führendes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0572" n="560"/><fw place="top" type="header">Ge&#x017F;chichte der Ernährungstheorie der Pflanzen</fw><lb/>
Atom Kohlen&#x017F;toff be&#x017F;teht, und durch &#x017F;ehr geringe Umänderungen<lb/>
in Stärkemehl, Zucker und Holz&#x017F;toff verwandelt werden kann,<lb/>
lauter Verbindungen, deren Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung fa&#x017F;t die gleiche i&#x017F;t.<lb/>
Der durch die&#x017F;e Verarbeitungen gelieferte Nahrungs&#x017F;aft, welcher<lb/>
im einfach&#x017F;ten und gewöhnlich&#x017F;ten Zu&#x017F;tande Gummi zu &#x017F;ein &#x017F;cheint,<lb/>
&#x017F;teigt während der Nacht, bei den Exogenen längs der Rinde<lb/>
und dem Spint, bei den Endogenen längs dem Holzkörper, von<lb/>
den Blättern zu den Wurzeln wieder hinab. Unterwegs &#x017F;tößt<lb/>
er, vorzüglich in der Rinde und nahe bei dem Ort, wo er ge-<lb/>
bildet ward, auf Drü&#x017F;en oder drü&#x017F;ige Zellen, die &#x017F;ich von ihm<lb/>
voll&#x017F;augen und in ihrem inneren Raume be&#x017F;ondere Sub&#x017F;tanzen<lb/>
erzeugen, von denen die mei&#x017F;ten nicht zur Ernährung der Pflanzen<lb/>
dienen können und welche dazu be&#x017F;timmt &#x017F;ind, in die Außenwelt<lb/>
entleert, oder anderen Stellen des Gewebes zugeführt zu werden.<lb/>
Auf &#x017F;einem Wege &#x017F;etzt er die Nahrungs&#x017F;toffe ab, welche in dem<lb/>
Holzkörper mehr oder minder mit dem auf&#x017F;teigenden rohen Nahr-<lb/>
ungs&#x017F;afte gemengt, oder mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er, welches die Zellenhülle<lb/>
&#x017F;eitwärts durch die Mark&#x017F;trahlen an &#x017F;ich zieht, einge&#x017F;ogen, von<lb/>
den Zellen und insbe&#x017F;ondere den rundlichen oder nur wenig<lb/>
lang ge&#x017F;treckten Zellen aufge&#x017F;ogen und weiter ausgebildet werden.<lb/>
Die&#x017F;e Ablagerung von Nahrungs&#x017F;toffen, welche haupt&#x017F;ächlich aus<lb/>
Gummi, Stärkemehl, Zucker, vielleicht aus Holz&#x017F;toff, und bis-<lb/>
weilen aus fettem Oel be&#x017F;teht, findet häufig in dazu voraus-<lb/>
be&#x017F;timmten Organen &#x017F;tatt, aus welchen die&#x017F;e Stoffe &#x017F;päter wieder<lb/>
aufge&#x017F;ogen werden, um alsdann zur Ernährung anderer Organe<lb/>
zu dienen. &#x2012; Das Wa&#x017F;&#x017F;er, welches von der Wurzel zu den<lb/>
blattartigen Theilen in die Höhe &#x017F;teigt, kommt in die&#x017F;en fa&#x017F;t<lb/>
rein an, wenn es durch holzige Theile, deren Moleküle wenig<lb/>
auflöslich &#x017F;ind, &#x017F;chnell durch&#x017F;trömt. Wenn im Gegentheil das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;olche Stellen durch&#x017F;trömt, an denen viel rundliches, mit<lb/>
Nahrungs&#x017F;toffen angefülltes Zellgewebe vorkommt, &#x017F;o fließt es<lb/>
lang&#x017F;amer, vermengt &#x017F;ich mit die&#x017F;en Stoffen und lö&#x017F;t &#x017F;ie auf;<lb/>
wird es nun durch die Lebensthätigkeit der &#x017F;ich entwickelnden<lb/>
Theile über die&#x017F;e Stellen hinaus angezogen, &#x017F;o gelangt es nicht<lb/>
mehr als reines Wa&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ondern als Nahrungs&#x017F;toffe führendes<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[560/0572] Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen Atom Kohlenſtoff beſteht, und durch ſehr geringe Umänderungen in Stärkemehl, Zucker und Holzſtoff verwandelt werden kann, lauter Verbindungen, deren Zuſammenſetzung faſt die gleiche iſt. Der durch dieſe Verarbeitungen gelieferte Nahrungsſaft, welcher im einfachſten und gewöhnlichſten Zuſtande Gummi zu ſein ſcheint, ſteigt während der Nacht, bei den Exogenen längs der Rinde und dem Spint, bei den Endogenen längs dem Holzkörper, von den Blättern zu den Wurzeln wieder hinab. Unterwegs ſtößt er, vorzüglich in der Rinde und nahe bei dem Ort, wo er ge- bildet ward, auf Drüſen oder drüſige Zellen, die ſich von ihm vollſaugen und in ihrem inneren Raume beſondere Subſtanzen erzeugen, von denen die meiſten nicht zur Ernährung der Pflanzen dienen können und welche dazu beſtimmt ſind, in die Außenwelt entleert, oder anderen Stellen des Gewebes zugeführt zu werden. Auf ſeinem Wege ſetzt er die Nahrungsſtoffe ab, welche in dem Holzkörper mehr oder minder mit dem aufſteigenden rohen Nahr- ungsſafte gemengt, oder mit dem Waſſer, welches die Zellenhülle ſeitwärts durch die Markſtrahlen an ſich zieht, eingeſogen, von den Zellen und insbeſondere den rundlichen oder nur wenig lang geſtreckten Zellen aufgeſogen und weiter ausgebildet werden. Dieſe Ablagerung von Nahrungsſtoffen, welche hauptſächlich aus Gummi, Stärkemehl, Zucker, vielleicht aus Holzſtoff, und bis- weilen aus fettem Oel beſteht, findet häufig in dazu voraus- beſtimmten Organen ſtatt, aus welchen dieſe Stoffe ſpäter wieder aufgeſogen werden, um alsdann zur Ernährung anderer Organe zu dienen. ‒ Das Waſſer, welches von der Wurzel zu den blattartigen Theilen in die Höhe ſteigt, kommt in dieſen faſt rein an, wenn es durch holzige Theile, deren Moleküle wenig auflöslich ſind, ſchnell durchſtrömt. Wenn im Gegentheil das Waſſer ſolche Stellen durchſtrömt, an denen viel rundliches, mit Nahrungsſtoffen angefülltes Zellgewebe vorkommt, ſo fließt es langſamer, vermengt ſich mit dieſen Stoffen und löſt ſie auf; wird es nun durch die Lebensthätigkeit der ſich entwickelnden Theile über dieſe Stellen hinaus angezogen, ſo gelangt es nicht mehr als reines Waſſer, ſondern als Nahrungsſtoffe führendes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/572
Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/572>, abgerufen am 22.11.2024.