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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
den der psychischen Phänomene. Von diesen Kräften seien nur
die ersten drei in der Pflanze thätig und wenn es auch noth-
wendig sei, genau zu untersuchen, welche Vegetationserscheinungen
physikalischer oder chemischer Natur sind, so bleibe doch die
Hauptaufgabe der Pflanzenphysiologie gerade die Erkenntniß der-
jenigen Erscheinungen, welche durch die Lebenskraft hervorgerufen
werden. Die letzteren seien aber vorwiegend solche, welche mit
dem Tode der Pflanze aufhören (p. 6). Natürlich mußten auf
diese Weise alle eigentlichen Ernährungserscheinungen, welche
ausschließlich an der lebenden Pflanze auftreten, mit in das Be-
reich der Lebenskraft fallen. Man muß jedoch zugestehen, daß
De Candolle von seinem Standpunct aus einen sehr mäßigen
Gebrauch von der Lebenskraft machte, sich, wo irgend möglich,
an physikalisch-chemische Erklärungen hielt und wenn es ihm
nicht gelang auf diesem Wege Vieles, was er vitalistisch erklärte,
physikalisch-chemisch zu deuten, so war daran weniger sein phi-
losophischer Standpunct, als vielmehr seine weniger auf Forsch-
ung als auf Belehrung und Ueberlieferung ausgehende Dar-
stellung Schuld. Zwar war De Candolle mit den Thatsachen
der Physik und Chemie seiner Zeit vielleicht besser als irgend
ein anderer Botaniker bekannt, und aller Anerkennung werth
ist es, daß er neben seiner großartigen Thätigkeit als Syste-
matiker und Morpholog sich soviel Verständniß physikalisch
chemischer Dinge aneignen konnte; aber immerhin fehlte es ihm,
in späteren Jahren wenigstens, an der Uebung und Gewohnheit
physikalischen Denkens, welches dem Physiologen wichtiger ist,
als zahlreiche physikalische Einzelkenntnisse. Das eben Gesagte
trifft jedoch den großen Systematiker in weit geringerem Grade
als Treviranus und Meyen, deren Werke bald darauf er-
schienen.

Nachdem De Candolle Alles zusammengetragen, was
die Literatur seit der ältesten Zeit an physiologischen Thatsachen,
namentlich auch in den letzten Jahrzehnten an chemischen Unter-
suchungen der Pflanzenstoffe zu Tage gefördert hatte, sucht er
schließlich ein Gesammtbild der Ernährungsvorgänge der Pflanzen

Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
den der pſychiſchen Phänomene. Von dieſen Kräften ſeien nur
die erſten drei in der Pflanze thätig und wenn es auch noth-
wendig ſei, genau zu unterſuchen, welche Vegetationserſcheinungen
phyſikaliſcher oder chemiſcher Natur ſind, ſo bleibe doch die
Hauptaufgabe der Pflanzenphyſiologie gerade die Erkenntniß der-
jenigen Erſcheinungen, welche durch die Lebenskraft hervorgerufen
werden. Die letzteren ſeien aber vorwiegend ſolche, welche mit
dem Tode der Pflanze aufhören (p. 6). Natürlich mußten auf
dieſe Weiſe alle eigentlichen Ernährungserſcheinungen, welche
ausſchließlich an der lebenden Pflanze auftreten, mit in das Be-
reich der Lebenskraft fallen. Man muß jedoch zugeſtehen, daß
De Candolle von ſeinem Standpunct aus einen ſehr mäßigen
Gebrauch von der Lebenskraft machte, ſich, wo irgend möglich,
an phyſikaliſch-chemiſche Erklärungen hielt und wenn es ihm
nicht gelang auf dieſem Wege Vieles, was er vitaliſtiſch erklärte,
phyſikaliſch-chemiſch zu deuten, ſo war daran weniger ſein phi-
loſophiſcher Standpunct, als vielmehr ſeine weniger auf Forſch-
ung als auf Belehrung und Ueberlieferung ausgehende Dar-
ſtellung Schuld. Zwar war De Candolle mit den Thatſachen
der Phyſik und Chemie ſeiner Zeit vielleicht beſſer als irgend
ein anderer Botaniker bekannt, und aller Anerkennung werth
iſt es, daß er neben ſeiner großartigen Thätigkeit als Syſte-
matiker und Morpholog ſich ſoviel Verſtändniß phyſikaliſch
chemiſcher Dinge aneignen konnte; aber immerhin fehlte es ihm,
in ſpäteren Jahren wenigſtens, an der Uebung und Gewohnheit
phyſikaliſchen Denkens, welches dem Phyſiologen wichtiger iſt,
als zahlreiche phyſikaliſche Einzelkenntniſſe. Das eben Geſagte
trifft jedoch den großen Syſtematiker in weit geringerem Grade
als Treviranus und Meyen, deren Werke bald darauf er-
ſchienen.

Nachdem De Candolle Alles zuſammengetragen, was
die Literatur ſeit der älteſten Zeit an phyſiologiſchen Thatſachen,
namentlich auch in den letzten Jahrzehnten an chemiſchen Unter-
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[558/0570] Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. den der pſychiſchen Phänomene. Von dieſen Kräften ſeien nur die erſten drei in der Pflanze thätig und wenn es auch noth- wendig ſei, genau zu unterſuchen, welche Vegetationserſcheinungen phyſikaliſcher oder chemiſcher Natur ſind, ſo bleibe doch die Hauptaufgabe der Pflanzenphyſiologie gerade die Erkenntniß der- jenigen Erſcheinungen, welche durch die Lebenskraft hervorgerufen werden. Die letzteren ſeien aber vorwiegend ſolche, welche mit dem Tode der Pflanze aufhören (p. 6). Natürlich mußten auf dieſe Weiſe alle eigentlichen Ernährungserſcheinungen, welche ausſchließlich an der lebenden Pflanze auftreten, mit in das Be- reich der Lebenskraft fallen. Man muß jedoch zugeſtehen, daß De Candolle von ſeinem Standpunct aus einen ſehr mäßigen Gebrauch von der Lebenskraft machte, ſich, wo irgend möglich, an phyſikaliſch-chemiſche Erklärungen hielt und wenn es ihm nicht gelang auf dieſem Wege Vieles, was er vitaliſtiſch erklärte, phyſikaliſch-chemiſch zu deuten, ſo war daran weniger ſein phi- loſophiſcher Standpunct, als vielmehr ſeine weniger auf Forſch- ung als auf Belehrung und Ueberlieferung ausgehende Dar- ſtellung Schuld. Zwar war De Candolle mit den Thatſachen der Phyſik und Chemie ſeiner Zeit vielleicht beſſer als irgend ein anderer Botaniker bekannt, und aller Anerkennung werth iſt es, daß er neben ſeiner großartigen Thätigkeit als Syſte- matiker und Morpholog ſich ſoviel Verſtändniß phyſikaliſch chemiſcher Dinge aneignen konnte; aber immerhin fehlte es ihm, in ſpäteren Jahren wenigſtens, an der Uebung und Gewohnheit phyſikaliſchen Denkens, welches dem Phyſiologen wichtiger iſt, als zahlreiche phyſikaliſche Einzelkenntniſſe. Das eben Geſagte trifft jedoch den großen Syſtematiker in weit geringerem Grade als Treviranus und Meyen, deren Werke bald darauf er- ſchienen. Nachdem De Candolle Alles zuſammengetragen, was die Literatur ſeit der älteſten Zeit an phyſiologiſchen Thatſachen, namentlich auch in den letzten Jahrzehnten an chemiſchen Unter- ſuchungen der Pflanzenſtoffe zu Tage gefördert hatte, ſucht er ſchließlich ein Geſammtbild der Ernährungsvorgänge der Pflanzen

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/570>, abgerufen am 22.11.2024.