Früchten und Knollen, überhaupt in ruhenden, unthätigen Theilen. Zudem waren die älteren Versuche, die man in Goeppert's Buch über die Wärmeentwicklung der Pflanzen 1830 zusammengestellt findet, auch in ihrer Ausführung so ungeschickt, daß sie unmöglich zu einem Ergebniß führen konnten. Wenn es sich um die Frage handelte, ob die Pflanzen überhaupt, ähnlich wie die Thiere, Eigenwärme erzeugen, so konnten die wenigen Fälle lebhafter Wärmeentwicklung an Blüthen um so weniger entscheiden, als man sich damals im Zusammenhang mit der Theorie der Lebenskraft gern dem Gedanken hingab, daß gerade die Blüthen als Fortpflanzungsorgane wohl allein die Fähigkeit der Wärmepro- duktion besitzen könnten.
Schon 1777 hatte Lavoisier die Quelle der thierischen Eigenwärme in der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Substanz durch den eingeathmeten Sauerstoff klar erkannt und durch Ex- perimente bewiesen. Senebier, der zuerst die Erwärmung des Blüthenkolbens von Arum mit dem Thermometer beobachtete, hatte in seiner Physiologie (III p. 315) schon 1800 wenigstens die Vermuthung geäußert, daß eine kräftige Sauerstoffathmung die Ursache des Phänomens sein könne. 1804 berichtete Bory de St. Vincent, ein Plantagenbesitzer Hubert auf Madagaskar habe unter Anderem beobachtet, daß die Luft, in welcher ein Aroideen-Kolben sich erwärmt hatte, weder thierische Athmung noch Verbrennung unterhalte. Diese Indicien wurden jedoch nicht weiter beachtet, bis Th. de Saussure 1822 direkt den Zusammenhang zwischen Sauerstoffathmung und Erwärmung der Blüthen nachwies. Trotzdem dauerte es noch lange, bis die Eigenwärme der Pflanzen als eine allgemeine und nothwendig mit der Athmung verbundene Thatsache begriffen wurde. Wäre dieß geschehen, so wäre die ganze von Goeppert in seinem er- wähnten Buch 1830 angehäufte Masse von Thatsachen überflüssig gewesen, durch welche der Verfasser beweisen wollte, daß die Pflanzen (p. 228) in keiner Epoche ihres Lebens die Fähigkeit besitzen, eine eigene Wärme zu erzeugen, eine Ansicht, die Goeppert jedoch schon 1832 widerrief, indem es ihm gelungen war, an
Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
Früchten und Knollen, überhaupt in ruhenden, unthätigen Theilen. Zudem waren die älteren Verſuche, die man in Goeppert's Buch über die Wärmeentwicklung der Pflanzen 1830 zuſammengeſtellt findet, auch in ihrer Ausführung ſo ungeſchickt, daß ſie unmöglich zu einem Ergebniß führen konnten. Wenn es ſich um die Frage handelte, ob die Pflanzen überhaupt, ähnlich wie die Thiere, Eigenwärme erzeugen, ſo konnten die wenigen Fälle lebhafter Wärmeentwicklung an Blüthen um ſo weniger entſcheiden, als man ſich damals im Zuſammenhang mit der Theorie der Lebenskraft gern dem Gedanken hingab, daß gerade die Blüthen als Fortpflanzungsorgane wohl allein die Fähigkeit der Wärmepro- duktion beſitzen könnten.
Schon 1777 hatte Lavoiſier die Quelle der thieriſchen Eigenwärme in der Verbrennung kohlenſtoffhaltiger Subſtanz durch den eingeathmeten Sauerſtoff klar erkannt und durch Ex- perimente bewieſen. Senebier, der zuerſt die Erwärmung des Blüthenkolbens von Arum mit dem Thermometer beobachtete, hatte in ſeiner Phyſiologie (III p. 315) ſchon 1800 wenigſtens die Vermuthung geäußert, daß eine kräftige Sauerſtoffathmung die Urſache des Phänomens ſein könne. 1804 berichtete Bory de St. Vincent, ein Plantagenbeſitzer Hubert auf Madagaskar habe unter Anderem beobachtet, daß die Luft, in welcher ein Aroideen-Kolben ſich erwärmt hatte, weder thieriſche Athmung noch Verbrennung unterhalte. Dieſe Indicien wurden jedoch nicht weiter beachtet, bis Th. de Sauſſure 1822 direkt den Zuſammenhang zwiſchen Sauerſtoffathmung und Erwärmung der Blüthen nachwies. Trotzdem dauerte es noch lange, bis die Eigenwärme der Pflanzen als eine allgemeine und nothwendig mit der Athmung verbundene Thatſache begriffen wurde. Wäre dieß geſchehen, ſo wäre die ganze von Goeppert in ſeinem er- wähnten Buch 1830 angehäufte Maſſe von Thatſachen überflüſſig geweſen, durch welche der Verfaſſer beweiſen wollte, daß die Pflanzen (p. 228) in keiner Epoche ihres Lebens die Fähigkeit beſitzen, eine eigene Wärme zu erzeugen, eine Anſicht, die Goeppert jedoch ſchon 1832 widerrief, indem es ihm gelungen war, an
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Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
Früchten und Knollen, überhaupt in ruhenden, unthätigen Theilen.
Zudem waren die älteren Verſuche, die man in Goeppert's Buch
über die Wärmeentwicklung der Pflanzen 1830 zuſammengeſtellt
findet, auch in ihrer Ausführung ſo ungeſchickt, daß ſie unmöglich
zu einem Ergebniß führen konnten. Wenn es ſich um die Frage
handelte, ob die Pflanzen überhaupt, ähnlich wie die Thiere,
Eigenwärme erzeugen, ſo konnten die wenigen Fälle lebhafter
Wärmeentwicklung an Blüthen um ſo weniger entſcheiden, als
man ſich damals im Zuſammenhang mit der Theorie der
Lebenskraft gern dem Gedanken hingab, daß gerade die Blüthen
als Fortpflanzungsorgane wohl allein die Fähigkeit der Wärmepro-
duktion beſitzen könnten.
Schon 1777 hatte Lavoiſier die Quelle der thieriſchen
Eigenwärme in der Verbrennung kohlenſtoffhaltiger Subſtanz
durch den eingeathmeten Sauerſtoff klar erkannt und durch Ex-
perimente bewieſen. Senebier, der zuerſt die Erwärmung des
Blüthenkolbens von Arum mit dem Thermometer beobachtete,
hatte in ſeiner Phyſiologie (III p. 315) ſchon 1800 wenigſtens
die Vermuthung geäußert, daß eine kräftige Sauerſtoffathmung
die Urſache des Phänomens ſein könne. 1804 berichtete Bory
de St. Vincent, ein Plantagenbeſitzer Hubert auf Madagaskar
habe unter Anderem beobachtet, daß die Luft, in welcher ein
Aroideen-Kolben ſich erwärmt hatte, weder thieriſche Athmung
noch Verbrennung unterhalte. Dieſe Indicien wurden jedoch
nicht weiter beachtet, bis Th. de Sauſſure 1822 direkt den
Zuſammenhang zwiſchen Sauerſtoffathmung und Erwärmung der
Blüthen nachwies. Trotzdem dauerte es noch lange, bis die
Eigenwärme der Pflanzen als eine allgemeine und nothwendig
mit der Athmung verbundene Thatſache begriffen wurde. Wäre
dieß geſchehen, ſo wäre die ganze von Goeppert in ſeinem er-
wähnten Buch 1830 angehäufte Maſſe von Thatſachen überflüſſig
geweſen, durch welche der Verfaſſer beweiſen wollte, daß die
Pflanzen (p. 228) in keiner Epoche ihres Lebens die Fähigkeit
beſitzen, eine eigene Wärme zu erzeugen, eine Anſicht, die Goeppert
jedoch ſchon 1832 widerrief, indem es ihm gelungen war, an
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/560>, abgerufen am 22.11.2024.
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