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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
gegen jede Vermehrung des Kohlensäuregehaltes der Luft im
Schatten oder im Finstern die Vegetation beeinträchtigt, und daß
eine Steigerung des Kohlensäuregehaltes der Luft über 8%
überhaupt schädlich einwirkt. Auf der anderen Seite aber fand
er, daß die Zersetzung der Kohlensäure durch die grünen Theile
im Licht eine nothwendige Beschäftigung derselben ist, daß die
Pflanzen absterben, wenn sie daran verhindert werden. Den
ersten tieferen Einblick in die innerhalb der Pflanze selbst bei
der Kohlensäurezersetzung stattfindenden chemischen Vorgänge ge-
währte die Wahrnehmung, daß die Pflanzen, indem sie ein be-
stimmtes Kohlenstoffquantum sich aneignen, ihre Trockensubstanz
um ein beträchtlich größeres Quantum vermehren und daß dies
nur von einer gleichzeitigen Bindung der Bestandtheile des Was-
sers herrührt, eine Thatsache, die allerdings erst später, als die
Theorie der Kohlenstoffverbindungen, die organische Chemie, be-
gründet war, in ihrer wahren Bedeutung aufgefaßt werden
konnte. Was endlich die Bedeutung der Kohlensäurezersetzung
durch die grünen Organe im Licht für die gesammte Ernährung
der Pflanzen betrifft, so kam Saussure durch viel bestimmtere
Beweise als Ingen-Houß zu dem Resultat, daß nur ein
kleiner Theil der Pflanzensubstanz aus den vom Wasser aufge-
lösten Bestandtheilen der Erde abstammt, daß die Hauptmasse
des vegetabilischen Körpers aus der atmosphärischen Kohlensäure
und den Bestandtheilen des Wassers sich aufbaut; diese Ueber-
zeugung gewann Saussure zum Theil durch die Vergleichung
der geringen Quantitäten, welche das Wasser überhaupt aus
einem Vegetationsboden aufzulösen im Stande ist, zum Theil
durch Vegetationsversuche und Betrachtungen allgemeinerer Natur.

Nicht minder wichtig waren Saussure's Untersuchungen
über die Sauerstoffathmung der Pflanzen, welche als Thatsache
genommen allerdings schon Ingen-Houß entdeckt hatte. Saus-
sure aber zeigte, daß ohne diesen Athmungsprozeß kein Wachs-
thum möglich ist, auch nicht bei Keimpflanzen, obgleich diese reich
an assimilirten Stoffen sind. Er zeigte ferner, daß grüne Blätter
und sich entfaltende Blüthen, überhaupt solche Pflanzentheile,

Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
gegen jede Vermehrung des Kohlenſäuregehaltes der Luft im
Schatten oder im Finſtern die Vegetation beeinträchtigt, und daß
eine Steigerung des Kohlenſäuregehaltes der Luft über 8%
überhaupt ſchädlich einwirkt. Auf der anderen Seite aber fand
er, daß die Zerſetzung der Kohlenſäure durch die grünen Theile
im Licht eine nothwendige Beſchäftigung derſelben iſt, daß die
Pflanzen abſterben, wenn ſie daran verhindert werden. Den
erſten tieferen Einblick in die innerhalb der Pflanze ſelbſt bei
der Kohlenſäurezerſetzung ſtattfindenden chemiſchen Vorgänge ge-
währte die Wahrnehmung, daß die Pflanzen, indem ſie ein be-
ſtimmtes Kohlenſtoffquantum ſich aneignen, ihre Trockenſubſtanz
um ein beträchtlich größeres Quantum vermehren und daß dies
nur von einer gleichzeitigen Bindung der Beſtandtheile des Waſ-
ſers herrührt, eine Thatſache, die allerdings erſt ſpäter, als die
Theorie der Kohlenſtoffverbindungen, die organiſche Chemie, be-
gründet war, in ihrer wahren Bedeutung aufgefaßt werden
konnte. Was endlich die Bedeutung der Kohlenſäurezerſetzung
durch die grünen Organe im Licht für die geſammte Ernährung
der Pflanzen betrifft, ſo kam Sauſſure durch viel beſtimmtere
Beweiſe als Ingen-Houß zu dem Reſultat, daß nur ein
kleiner Theil der Pflanzenſubſtanz aus den vom Waſſer aufge-
löſten Beſtandtheilen der Erde abſtammt, daß die Hauptmaſſe
des vegetabiliſchen Körpers aus der atmoſphäriſchen Kohlenſäure
und den Beſtandtheilen des Waſſers ſich aufbaut; dieſe Ueber-
zeugung gewann Sauſſure zum Theil durch die Vergleichung
der geringen Quantitäten, welche das Waſſer überhaupt aus
einem Vegetationsboden aufzulöſen im Stande iſt, zum Theil
durch Vegetationsverſuche und Betrachtungen allgemeinerer Natur.

Nicht minder wichtig waren Sauſſure's Unterſuchungen
über die Sauerſtoffathmung der Pflanzen, welche als Thatſache
genommen allerdings ſchon Ingen-Houß entdeckt hatte. Sauſ-
ſure aber zeigte, daß ohne dieſen Athmungsprozeß kein Wachs-
thum möglich iſt, auch nicht bei Keimpflanzen, obgleich dieſe reich
an aſſimilirten Stoffen ſind. Er zeigte ferner, daß grüne Blätter
und ſich entfaltende Blüthen, überhaupt ſolche Pflanzentheile,

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[540/0552] Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. gegen jede Vermehrung des Kohlenſäuregehaltes der Luft im Schatten oder im Finſtern die Vegetation beeinträchtigt, und daß eine Steigerung des Kohlenſäuregehaltes der Luft über 8% überhaupt ſchädlich einwirkt. Auf der anderen Seite aber fand er, daß die Zerſetzung der Kohlenſäure durch die grünen Theile im Licht eine nothwendige Beſchäftigung derſelben iſt, daß die Pflanzen abſterben, wenn ſie daran verhindert werden. Den erſten tieferen Einblick in die innerhalb der Pflanze ſelbſt bei der Kohlenſäurezerſetzung ſtattfindenden chemiſchen Vorgänge ge- währte die Wahrnehmung, daß die Pflanzen, indem ſie ein be- ſtimmtes Kohlenſtoffquantum ſich aneignen, ihre Trockenſubſtanz um ein beträchtlich größeres Quantum vermehren und daß dies nur von einer gleichzeitigen Bindung der Beſtandtheile des Waſ- ſers herrührt, eine Thatſache, die allerdings erſt ſpäter, als die Theorie der Kohlenſtoffverbindungen, die organiſche Chemie, be- gründet war, in ihrer wahren Bedeutung aufgefaßt werden konnte. Was endlich die Bedeutung der Kohlenſäurezerſetzung durch die grünen Organe im Licht für die geſammte Ernährung der Pflanzen betrifft, ſo kam Sauſſure durch viel beſtimmtere Beweiſe als Ingen-Houß zu dem Reſultat, daß nur ein kleiner Theil der Pflanzenſubſtanz aus den vom Waſſer aufge- löſten Beſtandtheilen der Erde abſtammt, daß die Hauptmaſſe des vegetabiliſchen Körpers aus der atmoſphäriſchen Kohlenſäure und den Beſtandtheilen des Waſſers ſich aufbaut; dieſe Ueber- zeugung gewann Sauſſure zum Theil durch die Vergleichung der geringen Quantitäten, welche das Waſſer überhaupt aus einem Vegetationsboden aufzulöſen im Stande iſt, zum Theil durch Vegetationsverſuche und Betrachtungen allgemeinerer Natur. Nicht minder wichtig waren Sauſſure's Unterſuchungen über die Sauerſtoffathmung der Pflanzen, welche als Thatſache genommen allerdings ſchon Ingen-Houß entdeckt hatte. Sauſ- ſure aber zeigte, daß ohne dieſen Athmungsprozeß kein Wachs- thum möglich iſt, auch nicht bei Keimpflanzen, obgleich dieſe reich an aſſimilirten Stoffen ſind. Er zeigte ferner, daß grüne Blätter und ſich entfaltende Blüthen, überhaupt ſolche Pflanzentheile,

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/552>, abgerufen am 22.11.2024.